Geesthacht. Vier Wochen künstliches Koma: Ehemalige Patienten der Intensivstation des Johanniter-Krankenhaus sagt „Danke“. Personal ist gerührt.

Mit feuchten Augen sitzt Kathrin Mischke-Jahnz ihrer ehemaligen Patientin Petra K. gegenüber. „Sie so wiederzusehen“, sagt die pflegerische Leiterin der Intensivstation des Johanniter-Krankenhauses Geesthacht, „ist ein Gänsehautmoment.“ Die 63-jährige K. ist putzmunter und mit ihrem gleichaltrigen Mann Peter aus Tespe vorbeigekommen, um sich einfach nur erkenntlich zu zeigen. „Sie haben meiner Frau das Leben gerettet. Darum wollten wir dem Team der Intensivstation etwas zurückgeben und uns persönlich bedanken“, betont Peter K.

Im vergangenen August hing das Leben seiner Frau am seidenen Faden. Dr. Rouven-Alexander von Holten, der Ärztliche Leiter der Intensivstation, hatte bereits bei ihm anrufen müssen und mitgeteilt, dass es fraglich sei, ob Petra K. die nächsten 24 Stunden übersteht. Zu diesem Zeitpunkt lag die 63-Jährige schon mehrere Wochen im künstlichen Koma und musste beatmet werden.

Kein Corona, aber eine bakterielle Lungenentzündung

Mit hohem Fieber und Husten war sie am 28. August nach Geesthacht gekommen. Auf die erste Erleichterung, dass es sich nicht um Corona handelte, folgte schnell die Ernüchterung. Petra K., deren Immunsystem durch eine Vorerkrankung geschwächt war, hatte eine bakterielle Lungenentzündung, musste alsbald auf die Intensivstation verlegt und schließlich auch beatmet werden.

Vor allem für Peter K., der in diesem Jahr mit seiner Frau seit 35 Jahren verheiratet ist, eine schwere Zeit. Dass die Lage ernst ist, wurde ihm erst so richtig bewusst, als er nach einer Betreuungsverfügung gefragt wurde. „Ich war völlig perplex“, sagt er. Um mit der Situation zurecht zu kommen, holte er sich externe Hilfe.

Im August Corona-Lage weniger kritisch als im Januar

Und er fand ganz viel Unterstützung durch das Johanniter-Team. „Ich konnte praktisch jederzeit anrufen, um mich nach ihrem Zustand zu erkundigen. Dass sich die Pflegekräfte so viel Zeit nehmen, ist nicht selbstverständlich“, betont Peter K. Zudem wurde ihm – trotz Besuchsverbot – immer mal wieder ermöglicht, persönlich vorbeizukommen. „Wir wissen ja auch, wie schwer die Situation für die Angehörigen ist“, sagt Kathrin Mischke-Jahnz.

Erleichternd kam im vergangenen August hinzu, dass die Corona-Lage damals weit weniger kritisch war als jetzt. „Aktuell können wir, so weh es uns tut, Besuche nur in Sterbesituationen zulassen“, schränkt Dr. von Holten ein.

Tesperin wurde in die LungenClinic Großhansdorf verlegt

Können wieder unbeschwert lachen: die Eheleute Peter und Petra K. aus Tespe.
Können wieder unbeschwert lachen: die Eheleute Peter und Petra K. aus Tespe. © Privat | Privat

Soweit war es bei Petra K. auch fast. Ausgerechnet als die Ärzte bereits über leichtere Behandlungsmethoden nachdachten, lautete die Diagnose plötzlich: akutes Lungenversagen!

Doch die Therapie schlug an. Nach insgesamt vier Wochen im künstlichen Koma konnte die Tesperin „aufgeweckt“ und zur weiteren Behandlung sowie Rehabilitation in die Lungenclinic Großhansdorf verlegt werden. „Ich konnte nicht mal sitzen und musste alles neu lernen. Aufstehen, gehen“, sagt sie „Das erste Mal wieder alleine duschen zu können, war toll.“

Ehepaar aus Tespe schreibt zu Weihnachten eine persönliche Karte

Heute ist sie vollständig genesen und kann inzwischen wieder in ihrem Beruf als Selbstständige im Bereich der Feinchemie arbeiten.

An dieser Stelle enden die meisten solcher Geschichten. Nicht aber die vom Ehepaar K. Zu Weihnachten schreiben sie dem Team der Intensivstation – das sind 33 Pflegekräfte und 15 Ärzte – eine sehr persönliche Karte.

Persönlicher Kontakt ist selten - Zuspruch hat gut getan

„Das war auch für uns ein ganz emotionaler, positiver Moment. Normalerweise kennen wir zwar den Namen und den Krankheitsverlauf der Patienten, aber persönlicher Kontakt ist selten. Der Zuspruch hat uns als Team bei der ganzen Belastung des letzten Jahres sehr, sehr gut getan“, sagt Dr. Rouven-Alexander von Holten. Denn, so der Ärztliche Leiter der Intensivstation: „Seit März arbeiten wir praktisch ohne größeren Pausen und haben deutlich mehr schwerkranke Patienten durch Corona.“

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Auf die Karte folgt ein Anruf des Ehepaars, bei dem ein Satz von Petra K. fällt, den der Arzt nie vergessen wird. „Sie sagte: ,Ich kenne ihre Stimme!’ Dabei haben wir das erste Mal miteinander gesprochen und sie hat keine Erinnerung an ihren Aufenthalt.“

Dennoch wird sie das Johanniter-Krankenhaus immer in guter Erinnerung behalten: „Zum Glück war ich in einem so persönlich geführten Haus. Die Mitarbeiter der Intensivstation sind meine Helden des Jahres 2020 “, sagt Petra K.