Escheburg. Den Kindern wird Tierschutz und Verantwortung nahegebracht. Bundesweit ist es die einzige Kita, in der Frettchen zum Einsatz kommen.

Die jüngsten Besucher der ASB Kita Kleeblatt in Escheburg heißen "Mascha" und "Emil". Im April werden sie ein Jahr alt. Aber nicht deswegen werden sie von den Kinder versorgt und betüddelt: Die Geschwister sind Frettchen, zusammen mit dem älteren Artgenossen "Socke" leben sie zu dritt in einem Gehege im Garten der Einrichtung am Weidenkamp 1. Jedenfalls solange, wie Frauchen und Erzieherin Claudia Lindges Dienst hat. Dann gehen sie mit ihr wieder nach Hause. Wie die Kinder auch. Tiergestützte Pädagogik im Elementarbereich nennt es sich, wenn Tiere eingesetzt werden, damit Kinder etwas lernen können. Die Kita Kleeblatt ist die einzige Kita in Deutschland, in der Frettchen zum Einsatz kommen.

"Ich habe 2011 überlegt, mir ein Haustier zu halten", erzählt Claudia Lindges. Sie war wegen ihrer Berufstätigkeit länger aus dem Haus, da fiel die Wahl schließlich auf Frettchen. "Sie schlafen 18 Stunden und werden munter, wenn der Halter nach Hause kommt. Sie orientieren sich am Menschen", sagt sie. Noch besser ist es natürlich, wenn die Tiere mit zur Arbeit können. Das hieße in ihrem Fall: mit zu Kindern.

In der Kita Kleeblatt in Escheburg wohnen tagsüber drei Frettchen

Die gelernte sozialpädagogische Assistentin wollte einen Frettchen-Besuchsdienst für Einrichtungen wie Kitas und Grundschulen gründen, recherchierte - und fand so gut wie nichts zu ihren Tieren in der pädagogischen Fachliteratur. Nur in einem Werk stand ein Nebensatz. Der Autor riet ab, Frettchen seien zu wild. Wild? Das kannte Claudia Lindges aber ganz anders. Ihre "Jule" aus ihrer ersten Haustier-Generation war sanft wie ein Lamm.

So ließ sie sich nicht beirren und begann 2012 mit "Urion", "Isi" und eben "Jule", die alle aus einem Frettchen-Tierheim aus Dithmarschen geholt wurden, Einrichtungen zu besuchen. Zu Gast war sie etwa in der Hachede-Schule in Geesthacht und in der Grundschule Lütau. Es klappte, Frettchen und Kinder mochten sich. "Frettchen sind keine Wildtiere, sondern Haustiere", erklärt Claudia Lindges . "Sie werden seit 2000 Jahren als Jagdhelfer gehalten." Seit 2015 ist Claudia Lindges nun Erzieherin. Und auch am neuen Arbeitsplatz in Escheburg wollte sie nicht auf ihre Lieblinge verzichten. 2016 wurden mit "Hexe" und "Krümel" die nächsten Frettchen adoptiert, damit "Isi" nicht allein blieb.

Die anderen beiden waren verstorben. "Frettchen sind Rudeltiere", weiß Claudia Lindges. Und leben gerade mal acht bis zehn Jahre lang. Auf "Hexe" folgte 2018 "Socke", für "Krümel" zogen 2020 "Emil" und "Mascha" aus der Zucht eines Falkners im Mai zu Claudia Lindges. Die beiden sind ihre ersten Welpen und nun quasi mit den Kindern in Escheburg aufgewachsen.

Drei Väter bauten im Sommer 2018 den Stall für die Frettchen

Das Gehege, in dem das possierliche Trio von den Kita-Kindern versorgt wird, steht seit 2018. Aus Rücksicht auf mögliche Allergien ist es nicht erlaubt, Tiere mit Federn oder Fell im Innenraum zu beherbergen. Der feste Bau sorgte für einigen Verwaltungsaufwand. Im April 2018 war ein Termin bei der Heimaufsicht nötig, das Veterinäramt musste ebenfalls zustimmen. Vorher war der ASB als Kita-Träger und die Eltern der 64 Kita-Kinder in jeweils zwei Elementar- und Krippengruppen um Zustimmung gebeten worden. "Alle haben unterschrieben", freut sich Claudia Lindges. Beim Sommerfest 2018 waren es dann drei fachkundige Väter, die den Stall zusammenbauten. 500 Euro für das Material kamen durch Spenden zusammen. Der Rückhalt für die Frettchen ist groß bei den Eltern.

"Wir wollen einen Beitrag zum Tierschutz leisten", sagt Claudia Ledges. "Die Kinder sollen lernen, was es bedeutet, ein Tier zu haben, nämlich Verantwortung. Wenn sie kein Trinkwasser oder Futter mehr haben, muss man trotzdem bei schlechtem Wetter rübergehen. Und Tiere sind kein Spielzeug, sie brauchen Ruhephasen. Der Tierwille gehört respektiert." Wie natürlich auch der Wille der Kinder. Es gibt keinen Zwang, niemand muss bei der Frettchenbetreuung mitmachen. Neben den Pflichten kommt der Spaß natürlich nicht zu kurz. Die Kinder nehmen lebhaft teil an den Kletterkünsten, rufen Socke zu, doch bitteschön mehr aufzupassen, und helfen beim Ausflug der Tiere mit Gurt und Leine durchs Gelände mit.

Die Kerngruppe bilden zehn Kinder. Sie sind immer dabei sind. "Ein fünfjähriges Mädchen ist von Haus aus etwas schüchtern. Bei den Frettchen dann aber gar nicht mehr", hat Claudia Lindges beobachtet. Sie ist immer die erste und will am liebsten alles selber machen." Andere gehen noch einen Schritt weiter. "Manche Eltern berichten, ihre Kinder wollen nun auch Frettchen", sagt Claudia Lindges.