Lauenburg. Pia und Nik Fleckenstein haben das fast 120 Jahre alte Plattbodenschiff selbst umgebaut. So lebt und arbeitet das Künstlerpaar an Bord.

An der Elbuferpromenade in Lauenburg zieht derzeit ein altes holländisches Plattbodenschiff den Blick der Passanten auf sich. Pia und Nik Fleckenstein haben es zum schwimmenden Ausstellungsraum umgebaut, bevor sie in Hamburg abgelegt haben, um Lauenburg anzusteuern. Wer Kunst und Künstler hautnah, fernab organisierter Ausstellungen und von Event-Reihen wie dem Kultursommer am Kanal erleben möchte, ist hier an der richtigen Adresse.

Skurril und ein wenig verträumt wirkt es, lockt Besucher und Einheimische des Schifferstädtchens gleichermaßen, stehenzubleiben und mit den beiden sympathischen jungen Künstlern ins Gespräch zu kommen. Das freut die beiden, denn genau das möchten Pia (26) und Nik (31) Fleckenstein, deren künstlerischer und privater Lebensweg außergewöhnlich ist.

Schwimmendes Atelier hat in Lauenburg festgemacht

„Wir kommen beide aus dem süddeutschen Raum, ich aus Aschaffenburg, Nik aus der Nähe von Würzburg und haben beide in Würzburg studiert und nacheinander in derselben WG gelebt“, erzählt Malerin Pia. Für sie war frühzeitig klar, dass sie Malerin werden wollte. Sie schloss ihr Studium mit dem Bachelor of Arts ab mit dem Ziel, in der Selbstständigkeit zu arbeiten und auszustellen. Die Vita von Nik ist wendungsreicher.

Der Künstler, der Skulpturen und Gebäudeskizzen fast zum Leben erwecken kann, berichtet: „Ich habe Philosophie auf Master studiert, danach Abenteuerspielplätze geschaffen und geleitet, jedoch immer auch Kunst gemacht.“ Von Würzburg zog es ihn nach Hamburg. Dort traf er erneut auf Pia und aus den beiden wurde ein Paar, beruflich wie auch privat.

Historisches Schiff vor dem Abwracken bewahrt

„Ich habe in Hamburg aktiv nach einem Schiff gesucht, schließlich bin ich auf das Plattbodenschiff Walter aus dem Jahre 1906 gestoßen.“ Das sollte quasi zum Schrottwert versteigert und dann abgewrackt werden. „Ich habe es kurzerhand gekauft und wir beide haben es vier Jahre lang selbst umgebaut, während wir auf dem Schiff lebten und arbeiteten“, berichtet Nik auf dem Vordeck des Schiffs sitzend, während der schneeweiße Schäferhund Husky es sich auf einer Schiffsbank gemütlich macht.

In der Morgensonne liegt das Ausstellungsschiff „Walter“ an der Elbuferpromenade.
In der Morgensonne liegt das Ausstellungsschiff „Walter“ an der Elbuferpromenade. © bgz | Gabriele Kasdorff - Kasdorff@magenta.de

Auf dem Deck dient eine Art lichtdurchfluteter Wintergarten als Ausstellungsraum und Atelier. In der einen Ecke arbeitet Pia an neuen Bildern, auf der anderen Seite schweißt Nik Skulpturen. Energie gewinnen die beiden Künstler mit einer Solaranlage auf dem Dach des Schiffes, im Winter spendet ein alter Holzofen Wärme.

Lichtdurchflutetes Atelier und heimelige Kombüse

Die unter Deck eingebaute Küche ist klein, wirkt wie eine Kombüse mit kleinem Herd und vielen Vorratsdosen, versprüht Seefahrerromantik. Gegenüber findet sich eine Musikanlage mit Platten. Bilder von Pia schmücken den gemütlichen Wohnraum, an den Wänden und der Decke.

Das 21 Meter lange und fünf Meter breite Schiff „Salon Walter“ lag in Hamburg im Travehafen, bevor es nach Komplettsanierung im September 2023 zu seiner ersten Ausstellung nach Övelgönne in den Museumshafen schipperte. Die zweite Etappe des Künstlerpaares ist Lauenburg. „Wir mögen diese Altstadt und die Möglichkeit, hier lange Spaziergänge zu machen“, erläutert Pia. Nik ergänzt: „Wir wollten aus der Stadt weg, um der Blase Gleichgesinnter zu entfliehen, das ist gut für unseren künstlerischen Prozess.“

Lauenburg ist zweiter Liegeplatz für die „Walter“

In Lauenburg möchten sie ins Gespräch kommen mit den Menschen, sich integrieren. Für zwei Monate haben beide am Elbufer festgemacht und sind darüber sehr glücklich. „Die erste große Tour mit unserem Schiff Walter war wahnsinnig aufregend. Wir waren acht Stunden unterwegs und als wir hier in Lauenburg anlegten, total fertig“, berichtet die Malerin.

Nik und Pia Fleckenstein sind frisch verheiratet und freuen sich auf viele Kontakte in der Schifferstadt.
Nik und Pia Fleckenstein sind frisch verheiratet und freuen sich auf viele Kontakte in der Schifferstadt. © bgz | Gabriele Kasdorff - Kasdorff@magenta.de

Vor der ersten großen Fahrt haben die jungen Künstler jedoch noch eine andere wichtige Entscheidung getroffen: Am 26. April haben sie sich in Hamburg das Ja-Wort gegeben und aus dem Künstler Nik Brandl wurde Nik Fleckenstein.

Vor dem Ablegen in Hamburg noch schnell geheiratet

Eine große Skulptur, die an eine Basilika erinnert, wird auf dem Dach des Schiffes noch aufgebaut, Bilder werden im Atelier platziert und der Start der ersten Ausstellung wird am Tag der Fischmeile, Sonntag, 26. Mai, von 11 bis 17 Uhr sein. „Wir heißen jeden an Bord willkommen, es wird Getränke geben und Musik. Wir möchten niedrigschwellig und sympathisch die Freude an der Kunst vermitteln“, so Pia Fleckenstein. Gezeigt werden Acryl-Gemälde auf Holz von Körpern, die aus organischen Strukturen erwachsen und zu anatomischen Landschaften werden. Außerdem Skulpturen aus Stahl, die architektonische Skizzen in linienhafte Installationen übersetzen.

Künstlerpaar plant Workshops für Kinder und Erwachsene

Geplant sind danach Workshops für Kinder und Erwachsene, in denen das Paar einen offenen Zugang zur Kunst vermitteln möchte, keineswegs das Abzeichnen von Motiven, welcher Art auch immer. Informationen und Termine zu den Workshops sowie weitere Details über das spannende Leben von Pia und Nik Fleckenstein unter www.salonwalter.com, bei Instagram piafleckenstein. Für Nachfragen sind sie erreichbar per E-Mail an hi@piafleckenstein.com.

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Pia Fleckenstein strahlt: „Am einfachsten ist es natürlich, einfach anzuklopfen und uns auf dem Boot anzusprechen. Das freut uns besonders und wir sind immer offen für Gespräche.“