Schwarzenbek. Immer mehr Menschen nutzen in Schwarzenbek das Angebot. Aber die Bahn könnte dem Erfolg einen Strich durch die Rechnung machen.

Seit gut 15 Monaten rollen die Stadtbusse durch Schwarzenbek. Etwas holprig begann der Fahrbetrieb Ende 2022: Erst standen die gewünschten Elektrobusse nicht zur Verfügung, dann machten die Akkus Probleme. Doch nach und nach verschwand der sprichwörtliche Sand aus dem Getriebe und immer mehr Schwarzenbeker nutzten den Stadtbus. Jetzt hat die Stadt im Rathaus einen Zwischenstand präsentiert. In naher Zukunft soll nämlich entschieden werden, ob der Betrieb über die Pilotphase hinaus, die mit Fördermitteln finanziert wird, fortgesetzt wird.

Mehr als verdoppelt habe sich die Zahl der Fahrgäste auf der Linie 8521, die in 26 Minuten einen Ring vom Bahnhof aus durch die Stadt zieht. Ordnungsamtsleiterin Petra Scheerer präsentierte dem Stadtentwicklungsausschuss vergleichende Zahlen aus dem Mai 2023 und dem Januar 2024: Während im vergangenen Frühjahr im Durchschnitt 68,6 Fahrgäste pro Tag nutzten, sind es inzwischen 148,3 Fahrgäste. Etwas geringer fiel der Anstieg der Auslastung auf der Linie 8522 aus, die vom Bahnhof aus kommend zunächst das Industriegebiet anfährt. Dort waren es im Mai 65 Fahrgäste täglich, im Januar nutzen 92,6 Menschen das Angebot.

Schwarzenbek: Zwickmühle bei den Stadtbussen

Auch Petra Scheerer gestand, dass der Start alles andere als rund lief: „Wir hatten zunächst Probleme mit der Pünktlichkeit. Manche Busse sind ihre Route nicht so gefahren, wie es vorgesehen war“, sagte die Leiterin des Ordnungsamtes. Probleme habe es zudem mit den Bussen gegeben: Die Elektrobusse, die leiser und emissionsfrei laufen, standen erst im März und nicht wie angedacht zum Betriebsbeginn im Dezember zur Verfügung. Doch als diese da waren, machten die Akkus Schwierigkeiten. Sie erreichten nicht ihre volle Ladeleistung und mussten daher häufiger ans Netz angeschlossen werden. Beschwerden soll es auch von Menschen mit Behinderung gegeben haben, die sich nicht ausreichend unterstützt fühlten.

Inzwischen werde das Angebot – wie die Zahlen eindeutig belegen – aber sehr gut angenommen. Dabei falle auf, dass zu nahezu jeder Tageszeit Menschen in den Bussen sitzen. Dennoch stellt sich die Frage, wie das Angebot in Zukunft optimiert werden könnte. Diskutiert wird unter anderem, ob eine engere Taktung sinnvoll ist. Hierzu müssten aber verschiedene Parameter erfüllt sein, wie Andrew Yomi, Fachdienstleiter ÖPNV beim Kreis Herzogtum Lauenburg, erklärt.

Taktung hat mit Nachfrage zu tun – und dem Ziel der Gäste

„Am Ende des Tages hat die Taktung natürlich mit der Nachfrage zu tun. Das Angebot richtet sich nach dem Nutzungsverhalten der Fahrgäste“, sagt Yomi. Der aktuelle Fahrplan sei stark an die An- und Abfahrten des RE1 angepasst, erklärt er. Zwischen einer Ankunft aus Hamburg und einer Abfahrt nach Hamburg liegen 20 Minuten. In der Zwischenzeit ist die Ringlinie auf der kurzen Strecken unterwegs. Daraus würde eine 40-minütige Standzeit resultieren. Diese wird genutzt, um große Ringe durch das Stadtgebiet zu fahren.

„Um zu wissen, ob auch eine andere Taktung sinnvoll ist, müssen wir wissen, was das Ziel eines Fahrgastes ist“, so Yomi. Wolle ein Fahrgast zum Einkaufen fahren, sei eine höhere Taktung sinnvoll, da man so schneller am Ziel ist. Da die meisten Fahrgäste zum Bahnhof wollen, um in eine der Regionalbahnen zu steigen, helfe eine engere Taktung jedoch nicht weiter. „Wenn ich am Bahnhof stehe, aber kein Zug fährt, dann bringt mir das nichts“, erklärt Yomi.

Fahrgastzahl muss nach zwei Jahren ausreichend sein

Wie der Verkehrsexperte sagt, werden die meisten Haltestellen im Stadtgebiet im 30-Minutentakt angefahren. Ähnlich sei es in anderen Städten im Kreis wie in Geesthacht oder Lauenburg. „Niedriger sollte die Frequenz auch nicht sein“, sagt er. Andernfalls würde das Angebot nicht wirklich angenommen werden.

Nach gut 15 Monaten Fahrbetrieb gingen die Fahrgastzahlen langsam in Richtung eines konstanten Niveaus. Erfahrungswerte von anderen Verkehrsprojekten zeigen, dass es bis zu zwei Jahre dauert, bis ein Angebot angekommen wird. Anschließend sei nicht mehr mit einem Anstieg der Fahrgastzahlen zu rechnen. „Was nach zwei Jahren keinen Erfolg hat, wird auch nach drei oder vier Jahren keinen Erfolg haben“, sagt Yomi.

Sperrung der Bahnstrecke Hamburg–Berlin

Doch ob die Zahlen, die in zwei Perioden erhoben wurden, auch einen Wert für die nähere Zukunft haben, ist vollkommen unklar. Auch Maja Bienwald (CDU), Mitglied im Stadtentwicklungsausschuss, stellt fest, dass die meisten Fahrgäste des Stadtbusses am Schwarzenbeker Bahnhof ein und aussteigen. Doch an diesem wird es naher Zukunft immer wieder zum Stillstand kommen. Wegen umfangreicher Bauarbeiten wird die Bahnstrecke Hamburg–Berlin in 2024 und 2025 mehrfach für mehrere Monate gesperrt.

Für den Bereich zwischen Hamburg-Rothenburgsort und Büchen ist auf 51 Kilometern eine Gleiserneuerung geplant, dazu kommen mindestens 66 neue und elf zusätzliche Weichen sowie sechs neue Stellwerke. Bergedorf bekommt ebenso ein neu gebautes elektronisches Stellwerk wie Billwerder, Aumühle und Büchen. Außerdem kündigt die Bahn an, dass sowohl in Bergedorf als auch in Müssen, Schwarzenbek und Büchen die Bahnsteige verlängert werden.

Lohn sich der Verkehr mit gesperrter Bahnstrecke?

Für die Stadt Schwarzenbek bedeutet die lange Sperrung der Bahnstrecke eine wahre Zwickmühle. Zwar wird es wie auch bei anderen Sperrungen mit Sicherheit ein Ersatzangebot nach Hamburg geben, dieses dürfte jedoch deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen, wodurch die Attraktivität für Pendler sinkt. Folglich würden auch weniger Menschen den Stadtbus nutzen. Für die Politik gilt es zu erörtern, ob das Angebot unter diesen Umständen – trotz der aktuell guten Zahlen – so fortgeführt werden kann. Wenn die Fahrgäste feststellen, dass das Angebot nicht ihren Bedürfnissen entspricht, könnte dies für Frustration sorgen und das Projekt dauerhaft beschädigen.

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Während des zweijährigen Pilotprojekts erhält Schwarzenbek aus dem Fördertopf „Kreisübergreifende Angebotsoffensive zum Ausbau und zur Schaffung eines metropolitanen Stadt-Land-Taktes“ 550.000 Euro, mit denen der Stadtbusverkehr teilfinanziert wird. Insgesamt sind für die Stadtbuslinien jährlich 760.000 Euro veranschlagt. 2022 wurde kalkuliert, dass eine Platzauslastung von 30 Prozent den Busverkehr in der Pilotphase refinanzieren würde. Doch danach werden die 550.000 Euro vom Bund fehlen.