Lauenburg. Architektin, Projektleiterin und Stadtangestellte haben das Großprojekt in Lauenburg gestemmt. Und zwar sehr erfolgreich.
„Das Medienzentrum wird im Herbst 2023 fertig“, hatte der ehemalige Bauamtsleiter Reinhard Nieberg vorausgesagt. Man könnte von einer Punktlandung sprechen: Am Donnerstag, 21. Dezember, – einen Tag vor Beginn des kalendarischen Winters – hat Bürgermeister Thorben Brackmann von Architektin Madlene Heims die Schlüssel entgegengenommen.
Allerdings kann von fertig keine Rede sein. Überall werkeln noch Handwerker auf der Baustelle im umgebauten Gasthaus Stappenbeck. Brackmann umschrieb es diplomatisch: „Das ist eine Eröffnung light. Im März richten wir eine große Einweihungsparty aus.“ Zu Jahresbeginn bezieht erstmal die Stadtbücherei ihre neuen Räume und auch der Bestand des Stadtarchivs zieht ins neue Medienzentrum an der Berliner Straße um. Für die Architektin ist die Arbeit hier aber getan. Das Büro kbnk aus Hamburg hat das neue Medienzentrum federführend geplant.
Drei Frauen, eine Baustelle: Endspurt im neuen Medienzentrum Lauenburg
Madlene Heims ist eine von drei Frauen, die auf der Baustelle den Hut aufhatten. Vonseiten der Stadt betreute Martina Wulf-Junge aus dem Stadtentwicklungsamt das Vorhaben. Die Dritte im Bunde war Projektleiterin Birgit Torgan. Die Firma Winter Ingenieure aus Hamburg war für die gesamte Gebäudetechnik im Objekt verantwortlich.
Herausforderungen gab es so einige für die drei Frauen. Zunächst steckten Martina Wulf-Junge und Madlene Heims fast täglich die Köpfe zusammen. Denn nachdem klar war, dass der marode Mittelteil des Gebäudekomplexes nicht zu halten war, erwies sich der lehmige Baugrund als Problem. Bodenuntersuchungen hatten ergeben, dass der Untergrund für den Neubau nicht genügend tragfähig ist. „Wir haben insgesamt 55 Pfähle jeweils 13 Meter in die Erde rammen müssen, damit wir überhaupt bauen können“, sagt die Architektin.
Kosten explodierten, Material wurde knapp
Als dieses Problem gelöst war, kamen neue Schwierigkeiten auf die Frauen zu. Wie bei nahezu allen Großprojekten gingen plötzlich die Preise durch die Decke – von ursprünglich geplanten 7 auf 9,3 Millionen Euro. Außerdem wurden auf einmal wichtige Materialien knapp. „Da mussten wir flexibel sein. Wenn ein Gewerk nicht im Zeitrahmen liefern konnte, haben wir geschaut, ob wir andere Arbeiten vorziehen können“, erinnert sich Martina Wulf-Junge.
Da kam dann Birgit Torgan das eine oder andere Mal ins Schwitzen. Schließlich liefen bei ihr die Fäden für die anspruchsvolle Technik und damit auch für die Koordination zusammen. „Wir haben uns darum gekümmert, dass hier niemand frieren oder schwitzen muss, dass Strom aus der Steckdose kommt und Wasser aus der Leitung. Und darum, dass das Internet funktioniert. Letztendlich hat es alles geklappt“, so die Elektroingenieurin.
Erst seit 1994 dürfen Frauen auf dem Bau arbeiten
An den Tag, als das alte Gasthaus Stappenbeck zur Baustelle wurde, kann sich Martina Wulf-Junge noch gut erinnern. „Das war der 18. September 2021. Seitdem arbeiten wir hier miteinander. Das schweißt schon zusammen“, sagt sie. Auch Madlene Heims spricht von Wehmut, als sie Thorben Brackmann die Schlüssel übergibt.
Dass gleich drei Frauen in unterschiedlichen Positionen den Hut für so ein Bauprojekt aufhaben, ist auch heute noch die Ausnahme. Der weibliche Anteil im Baugewerbe, einschließlich der Bauplanung, beträgt aktuell gerade mal 13 Prozent. Aber immerhin: Schließlich dürfen nach dem Gesetz Frauen erst sei 1994 auf Baustellen arbeiten. Und es ist gerade mal 100 Jahre her, dass Frauen erstmals an Technischen Universitäten Architektur in Deutschland studieren durften.
Planen und Bauen mit Fingerspitzengefühl
Planen und bauen Frauen anders? „Sicher nicht. Aber vielleicht haben wir einen anderen Blick fürs Detail“, sagt Martina Wulf-Junge lachend. Als sie und die Madlene Heims vor Baubeginn den Festsaal des Stappenbeck auf sich wirken ließen, fielen ihnen unter anderem zwei Türen auf. In verschnörkelter Schrift trugen diese die Aufschrift „Damengarderobe“ und „Herrengarderobe“. Wer sich hinter diesen Türen wohl einst umgezogen hat?
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Jedenfalls waren sich die Frauen sofort einig: Diese Türen müssen erhalten bleiben. Inzwischen sind diese fachgerecht aufgearbeitet und wieder eingebaut. Sicher werden sie künftig für so manches Rätselraten sorgen. Was den Planerinnen von Anfang an wichtig war: Möglichst viel vom Charme des ehemaligen Festsaals zu erhalten. Die Deckenstruktur blieb erhalten, ebenso die charakteristischen Balken. Die neuen Fenster sind den originalen nachempfunden. Hier hat die Architektin viel Fingerspitzengefühl bewiesen, denn sie hatte eigentlich viel Freiraum. Das Gasthaus Stappenbeck mit dem Festsaal steht nicht auf der Denkmalliste des Landes.
Bücherei öffnet im Februar, Stadtcafé im März
Damit das Büchereiteam im neuen Jahr den Umzug über die Bühne bringen kann, gehen die Arbeiten im Stappenbeck auch zwischen Weihnachten und Silvester weiter. „Wir hoffen, dass wir Anfang Februar öffnen können“, sagt Büchereichefin Uta Silderhuis. Auch Stadtarchivar Lukas Schaefer plant mit diesem Termin. Bis dahin müssen rund 10.000 Dokumente der Lauenburger Stadtgeschichte ins neue Domizil gebracht und einsortiert werden.
Ende März wollen die Betreiber Birgit und Henrik Schmidt das angrenzende Stadtcafé öffnen. Dann präsentiert sich das Medienzentrum im alten Stappenbeck so, wie es sich Architektin Madlene Heims vorgestellt hat. Zu seinem Namen kam das historische Gebäude im Jahre 1891. Da wurde Heinrich Stappenbeck Besitzer des Hauses. Die Lauenburgische Landeszeitung schrieb 20 Jahre später: „Ausgerüstet mit bestem Fachwissen und seltener Zähigkeit verstand er es, ein führendes Haus aufzubauen. Weit über die Grenzen Lauenburgs hinaus spricht man mit Anerkennung vom Hotel Stappenbeck.“