Harburg . Die Harburger NABU-Gruppe entwickelt einen Naturgarten im Stadtpark. Einen Schwerpunkt bilden Nachtfalter und andere Schmetterlinge.
Im Rahmen des städtischen Naturschutzprojekts „Natürlich Hamburg“ führte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) im Sommer 2018 Medienvertretern eine artenreiche Feuchtwiese im Harburger Stadtpark vor.
Einen Steinwurf entfernt, im Schulgarten des Parks, hat die Gruppe Süd des Naturschutzbundes (NABU) Hamburg schon 2013 angefangen, mehr Wildnis zu schaffen: Sie legte einen Naturgarten an, den sie Nachtfaltergarten nannte. Botanikerin Christina Wolkenhauer leitet das Projekt.
Optimale Bedingungen für Falter
„Wir haben einen kleinen Teil des Schulgartens übernommen und sind dabei, ihn allmählich so umzuwandeln, dass er optimale Bedingungen für Falter und andere Insekten bietet“, sagt Wolkenhauer. Im Westen des Geländes wird ein schmaler Streifen, vielleicht 500 Quadratmeter, auf ökologische Wertigkeit getrimmt: Flächen mit blühenden Stauden wechseln sich ab mit Blumenwiesen, die jetzt im Hochsommer bereits weitgehend verblüht sind.
Ein kleines Feuchtbiotop dient als Insektentränke. Dort, wo ein Baum viel Schatten wirft, haben die Naturschützer einen morschen Stamm auf den Boden gelegt, der dort allmählich vermodert – ein Mehrfamilienhaus für zahlreiche Krabbeltiere.
Pflanzenarten, die nachts ihre Blüten geöffnet haben
Natürlich sollte ein Nachtfaltergarten spezielle Angebote für die große Gruppe der nachtaktiven Schmetterlinge enthalten. Wolkenhauer: „Wir haben hier viele Pflanzenarten, die nachts ihre Blüten geöffnet haben. Dazu zählen die Nachtkerze, verschiedene Nelken wie die Licht- und die Jupiternelke, Rosen und Phlox, aber auch viele Kräuter.“
Lavendel, Melisse, Minze, Oregano (Echter Dost), Salbei und Schnittlauch halten Tag und Nacht große Mengen an Nektar bereit und sind deshalb hervorragende Tankstellen für Falter und andere Insekten – und dabei auch für Menschen sehr nützlich, die das schmackhafte Blattwerk zu nutzen wissen. Im Naturgarten gibt es zwei Kräuterspiralen, die allerdings nur von Insekten abgeerntet werden.
Gartenbesitzer sollten wilde Ecken entstehen lassen
Christina Wolkenhauer geht zu einem Kartoffelrosenstrauch, eine typische Heckenrose. Auch ihre Blüten sind gute Pollen- und Nektarquellen. Ganz anders Sorten mit gefüllten Blüten: „Sie sind Züchtungen, bei denen Staubblätter in zusätzliche Blütenblätter umgewandelt wurden.“ Generell gilt: Wenn bei Rosen die Staubblätter gut zu erkennen sind, dann können Insekten mit ihnen etwas anfangen.
„Gartenbesitzer sollten unbedingt wilde Ecken entstehen lassen. Dort können am ehesten Futterpflanzen für die Schmetterlingsraupen wachsen“, sagt Wolkenhauer und spricht das Kardinalproblem der Falterwelt an: Viele Raupen der einzelnen Arten brauchen spezielle Futterpflanzen.
Und die sind in der strukturarmen Agrarlandschaft immer seltener zu finden. Deshalb können sich viele Arten kaum noch vermehren. Die Raupen des Pfauenauge fressen Brennnesselblätter. Sie bevorzugen schüttere Pflanzen, die auf nährstoffärmeren Böden nicht aus dem Vollen schöpfen können.
Mädesüß-Perlmutterfalter fressen ausschließlich Mädesüß
Wolkenhauer: „Eine Untersuchung hat gezeigt, dass besonders stickstoffhaltige Pflanzen für die Raupen schlecht verdaulich sind. Sie sterben daran.“ Die Raupen des in Hamburg hochgradig gefährdeten Heide-Grünwidderchen (ein Tagfalter) fressen nur Besenheide.
Auch der Mädesüß-Perlmutterfalter trägt sein Problem schon im Namen: Seine Raupen fressen ausschließlich Mädesüß, eine weißblühende Staudenpflanzen. Der ebenfalls sehr seltene Gold-Dickkopffalter legt seine Eier in Gräsern ab, ein kurz geschorener Rasen fällt für die Vermehrung aus. Wolkenhauer:
„Auch die Raupen des Schachbrettfalters leben in hohem Gras, ebenso viele Kleinschmetterlinge, zum Beispiel Graszünsler.“ Hobbygärtner sollten deshalb ihren Rasen nicht komplett wenige Zentimeter kurz halten, sondern Grasinseln mit mindestens zehn Zentimetern Höhe stehen lassen, rät die Naturschützerin.
Mähroboter sind schädlich für Insektenlarven
Und: „Mähroboter sind ganz schädlich für Insektenlarven.“„Im Harburger Nachtfaltergarten wachsen sehr viele für Falter interessanten Pflanzen“, sagt NABU-Kollege Frank Röbbelen, ein Hamburger Schmetterlingsexperte.
Allerdings sei auch hier die Umgebung für viele Falterarten zu wenig naturnah. Mitte Juli hat die Naturgartengruppe eine warme Sommernacht genutzt, um mal nachzuschauen, wer da durch den Garten flattert. „Wir waren von diversen Nachtfaltern umgeben“, sagt Wolkenhauer.
„Diese unruhigen Tierchen waren im Taschenlampenlicht schwer zu bestimmen. Eindeutig konnten wir ein Federgeistchen identifizieren und verschiedene Spanner.“