Harburg und Umland. Unternehmen und Land wollen Vertrag für alle Zuglinien vorzeitig auflösen. Doch was geschieht danach? Der Konzern will kämpfen.
Die Metronom-Eisenbahngesellschaft und das Land Niedersachsen peilen eine vorzeitige Beendigung des Verkehrsvertrages an. Das würde nach jetzigen Stand bedeuten: Der Metronom steigt schon zu Mitte 2026 statt Ende 2033 aus, der Betrieb der Regionalzüge mit fünf Linien in der südlichen Metropolregion Hamburg und quer durch Niedersachsen wird neu vergeben.
Die private Uelzener Gesellschaft, die die Strecken im Auftrag der Niedersächsischen Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) bedient, konnte den Verkehr zuletzt wegen Personalmangels nur eingeschränkt sicherstellen. Fahrgäste im Süden zeigten sich zunehmend genervt von Verspätungen und -ausfällen. Seit Sommer 2023 gelten ausgedünnte Fahrpläne, mit denen der Metronom zuverlässigere Verbindungen gewährleisten möchte.
Metronom: Doch nicht die letzte Fahrt im Sommer 2026?
Ob damit das Ende der über lange Strecken erfolgreichen und seit 2003 immer weiter gewachsenen Zusammenarbeit von Bahn und Metronom darstellt, steht nicht fest. Zwar kritisiert das Ministerium deutlich die „Qualität und Zuverlässigkeit des Angebots“ und stimmte Verhandlungen über ein vorzeitiges Vertragsende zu. Mit dem Ziel, das Angebot auf den betroffenen Strecken Hamburg–Bremen, Hamburg–Lüneburg–Uelzen, Uelzen–Celle–Hannover sowie Hannover–Northeim–Göttingen wieder zu verbessern.
Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) betonte aber, dass sich auch der Betreiber Metronom bei einer Neuausschreibung bewerben könne. Dazu der Satz: „Die Marke Metronom ist fest etabliert.“
Unternehmen will die Ausschreibung erneut gewinnen – bei neuen Bedingungen
Auf Abendblatt-Nachfrage bestätigte das Verkehrsunternehmen ein Interesse an einer solchen Neubewerbung. „Wir setzen jetzt alles daran, dass all unsere Fahrgäste bis zum Ende der Vertragslaufzeit sicher und zuverlässig an ihr Ziel kommen und wir uns dann in der Neuausschreibung als vielversprechendster Anbieter positionieren können“, heißt es aus der Pressestelle.
Dafür müssten sich allerdings die Vertragsbedingungen ändern und Infrastrukturprobleme gelöst werden. Voraussetzung für eine neuerliche Metronom-Bewerbung sei ein neues Konzept für das Hansenetz – also das Streckennetz, das das Unternehmen aktuell betreibt. In einer Neuausschreibung müssten sich „die geänderten Rahmenbedingungen widerspiegeln.“
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Diese drei Probleme hat der Metronom aktuell
Die Metronom-Gesellschaft nennt ihre Entscheidung „verantwortungsbewusst“ und führt im Wesentlichen drei Gründe für den Wunsch nach einer früheren Vertragsauflösung auf:
- Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hätten sich seit Vertragsaushandlung im Jahr 2016 stark verändert. Das Unternehmen verweist auf die Coronakrise und den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. So seien die Kosten für private Bahnbetreiber enorm gestiegen. Der Metronom fürchtet so unvermeidbare finanzielle Verluste in den kommenden Jahren.
- Zudem bereite der große Fachkräftemangel an Lokführern und Fahrgastpersonal dem Metronom „enorme Schwierigkeiten“. In diesem Zusammenhang seien insbesondere die Personalkosten gestiegen.
- An der derzeitigen Situation mit verkleinertem Fahrplan, Zugverspätungen und Ausfällen seien auch „die massiven Infrastrukturprobleme im Hansenetz“ schuld – zu einem „nicht unbedeutenden Anteil“. Das Schienennetz liegt in der Verantwortung des Netzbetreibers DB Netz (jetzt InfraGo).
Auf die Frage, wie groß das Unternehmen seine Chancen für einen erneuten Zuschlag einschätzt, antwortete eine Sprecherin: „Wir haben in den vergangenen Jahren ein enormes Know-how bezüglich des Hansenetz aufgebaut und viel Erfahrung beim Betrieb dieses Verkehrs.“ Die Mitarbeiter seien Metronomer mit Leib und Seele. „Das ist ein großer Vorteil für uns als Bestandsbetreiber. Deswegen gehen wir zuversichtlich in die Neuausschreibung.“
Um für Lokführer attraktiver zu werden, habe man als eines der ersten Unternehmen mit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) im Dezember 2023 einen Tarifvertrag geschlossen.
Metronom-Kündigung: So reagieren Fridays for Future und die Politik
Auf die Nachrichten einer vorzeitigen Vertragsbeendigung zwischen Metronom und Land reagierten mehrere Akteure aus Politik und Gesellschaft. Positiv äußerten sich die Klimaschutz-Organisation Fridays for Future in einer gemeinsamen Stellungnahme mit dem ökologischen Verkehrsclub Deutschland VCD. Auf den Strecken zwischen Hamburg und Bremen sowie Hamburg und Hannover-Hamburg müsse es aber viele Verbesserungen geben und mehr Personal vorhanden sein.
Die Lüneburger SPD begrüßt ebenfalls die Aufhebung des Vertrages. „Die Missstände und die Unzuverlässigkeit sind offensichtlich, daher begrüßen wir die anstehenden Verhandlungen über die Auflösung des Vertrags sehr”, so der Co-Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Luca Thieme. „Das Chaos beim Metronom stellt für viele tagtäglich eine große Herausforderung dar“, findet Co-Vorsitzende Merle Sandkühler. Die Lüneburger verweisen auf eine SPD-Resolution, die diesen Schritt beim LNVG eingefordert hatte.
„Herausforderung“: CDU-Politiker fordern Mittel für regionale Infrastruktur
Die CDU-Landtagsabgeordnete Anna Bauseneick aus Lüneburg nennt die Situation eine Herausforderung für die Region. „Die Suche nach einem neuen Partner, der unsere Region verlässlich bedienen kann, muss zu einer Priorität werden!“, sagt sie. DIíe regionale Infrastruktur und die Bedürfnisse der Bevölkerung vor Ort müssten dabei im Fokus stehen.
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Marcel Scharrelmann ergänzt. „Das verantwortungsbewusste und ehrliche Handeln der Metronom ist vor allem gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu begrüßen.“ Und er fordert von der rot-grünen Landesregierung und Verkehrsminister Lies „zukunftsfähig zu handeln und den zahlreichen Versprechungen und Ankündigungen im Bereich des Schienenverkehrs endlich Taten folgen zu lassen.“ Auch die Ampel-Regierung müsste mehr Bundesmittel für regionale Schienen-Projekte bereitsstellen.