Scharmbeck. Sie sind jung, viel beschäftigt – und nehmen sich dennoch Zeit für Freiwilligenarbeit. Was junge Menschen wie Katinka Oertzen antreibt.
Die viel beschworene Work-Life-Balance der jungen Generation scheint für sie keine allzu große Bedeutung zu haben. Jedenfalls beansprucht der Part „Work“ einen großen Teil ihres Lebens. Katinka Oertzen studiert Stadtplanung an der HafenCity Universität Hamburg (HCU), arbeitet nebenher in einem Studentenjob und engagiert sich ehrenamtlich für den Mädchenfußball. „Es ist schon eine Herausforderung. Aber ich mache das so gern, dass ich mir die Zeit dafür nehme“, sagt die 23-Jährige aus dem Winsener Ortsteil Scharmbeck.
2018 hatte Oertzen im Jugendförderverein (JFV) Ashausen-Scharmbeck-Pattensen das Training der E-Juniorinnen übernommen. Aus den seinerzeit acht Mädchen ist innerhalb von fünf Jahren ein Kader von 26 Spielerinnen geworden, der jüngst die Qualifikation für die Bezirksliga-Aufstiegsrunde der B-Juniorinnen schaffte. Im gleichberechtigten Duo mit Rebecca Westermann trainiert Oertzen das junge Team. Die meisten ihrer Spielerinnen sind 2008 oder 2009 geboren.
„Fußballheldin“ Katinka Oertzen engagiert sich gern für Mädchenfußball
Außerhalb des reinen Spielbetriebs hielt sie die Mannschaft mit Zoom-Training während des Corona-Lockdowns bei Laune, organsierte Ausfahrten zu internationalen Turnieren, unter anderem nach Dänemark, und sorgte dafür, dass ihre „Mädels“ zusammen mit den Fußballfrauen des VfL Wolfsburg auflaufen durften. Auch zwei Crowdfunding-Aktionen zur Finanzierung von Ausrüstungsgegenständen gehen auf Oertzens Initiative zurück.
Kein Bock auf Ehrenamt? Diese junge Frau sieht das anders! „Die Motivation ist, meinen Spaß am Fußball weiterzugeben und die Spielerinnen langfristig bei der Stange zu halten. Es ist zwar viel Arbeit, macht aber auch viel Spaß“, sagt sie im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt. Natürlich, möchte man meinen, gehört sie auch dem JFV-Vorstand an. „Bei der Vorstandsarbeit merke ich, dass man etwas bewegen kann, dass man gebraucht wird und dass man nicht allein dasteht.“
Motivation: Spaß am Fußball weitergeben und Spielerinnen langfristig binden
Oertzens nächstes Ziel ist, ihre Schützlinge beim Übergang in den Frauenbereich zu begleiten und dafür zu sorgen, dass möglichst viele dem Fußball erhalten bleiben. Sie selbst spielt im ersten Frauenteam der SG Scharmbeck-Pattensen-Ashausen (Bezirksliga), ihre Trainerkollegin Rebecca Westermann in der Zweiten (1. Kreisklasse).
„In jeder Mannschaft schon eine Bezugsperson zu haben, kann den jungen Spielerinnen helfen“, sagt Oertzen, die nach Abschluss dieser Mission womöglich wieder eine ganz junge Mannschaft übernehmen wird. „Ich gehe davon aus, dass ich dem Verein noch ein paar Jahre erhalten bleibe“, erzählt die fußballbegeisterte Studentin.
Größte Belohnung: Einwöchige Spanien-Reise in die Nähe von Barcelona
Den Verein wird es freuen. Er ist schon jetzt so dankbar, dass er Katinka Oertzen für eine Ehrung im Rahmen der DFB-Aktion „Junges Ehrenamt“ vorschlug. Und so zeichnete der Kreisfußballverband Harburg die 23-Jährige als „Junge Fußballheldin im Landkreis Harburg“ aus. Der Kreisvorstand überreichte Urkunde, eine DFB-Damenuhr und ein Trikot der Nationalmannschaft – das alles im Rahmen eines stilvollen Abendessens im Hotel Sellhorn in Hanstedt.
Die größte Belohnung wartet aber noch: im Oktober geht es für Katinka Oertzen mit allen Preisträgern des DFB-Förderpreises für junge Ehrenamtliche für eine Woche nach Spanien. In Santa Susanna in Katalonien steht unter anderem die Nachwuchsarbeit des FC Barcelona im Fokus der mehr als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland.
Großer Dank gilt auch Lebenspartnern der geehrten Ehrenamtlichen
In Hanstedt wurden weitere Ehrenamtspreisträger ausgezeichnet. Auch deren Partnerinnen und Partner waren eingeladen. „Vielen Dank, dass Ihr Eure Partner immer wieder für den Sport freigebt“, sagte Mario Reising. Gleichzeitig forderte der Ehrenamtsbeauftragte alle 40 Vereine im Landkreis Harburg auf, mehr Ehrenamtliche für diese Auszeichnung vorzuschlagen. „Für Euch ist es eine schöne Wertschätzung, einmal im Rampenlicht zu stehen. Für alle anderen, die nicht vorgeschlagen werden, ein Schlag.“
- Brackel oder Barcelona? Hauptsache engagiert!
- Ein Besuch im Camp Nou für die Ehrenamtlichen
- Karsten Egler in den DFB-Club 100 aufgenommen
Jesse Heeckt aus Fleestedt: „Umgang mit Kindern macht mir am meisten Spaß“
Als männlicher „Fußballheld – Aktion junges Ehrenamt“ wurde Jesse Heeckt vom TuS Fleestedt geehrt. Der 21-Jährige trainiert den 2012er-Jahrgang seines Vereins und ist Schiedsrichter. Darüber hinaus auch stellvertretender Jugendobmann, stellvertretender Schiedsrichterobmann und Mitglied im erweiterten Vorstand in Fleestedt.
Über seinen Vater hatte Jesse Heeckt bereits als Kind das Vereinsleben kennengelernt. „Früh hatte ich den Gedanken, Trainer zu werden. Der Umgang mit Kindern macht mir am meisten Spaß“, sagt er.
Zusammen mit Ehefrau: Dankeschön-Wochenende beim NFV in Barsinghausen
Kreisehrenamtspreisträger im Bereich der älteren Generation ist Andreas Lorf-Wollesen. Der 53-Jährige vom TSV Stelle engagiert sich seit Jahrzehnten im Jugendbereich, für Schiedsrichter und aktuell als Co-Trainer der ersten Herrenmannschaft (1. Kreisklasse). „So eine Ehrung ist nett, aber nicht die Motivation für mein Engagement“, sagte Lorf-Wollesen. „Viel wichtiger finde ich es, dass junge Fußballhelden die Erfahrung machen dürfen, im Rampenlicht zu stehen.“
Für seine Ehefrau und ihn geht es am ersten April-Wochenende zum Dankeschön-Wochenende beim Niedersächsischen Fußballverband (NFV) nach Barsinghausen. Zum Programm gehört dann auch der Besuch eines Fußballspiels der 1. oder 2. Bundesliga.
Schul-AG: Bernd Lohmann wirbt an Grundschulen um neue Spielerinnen
Die vierte Ehrung in Hanstedt ging an Bernd Lohmann von Eintracht Elbmarsch. Die Passion des 67-Jährigen, der „Bello“ gerufen wird, gilt dem Mädchen- und Frauenfußball. Er war Trainer, Abteilungsleiter, Vorstandsmitglied, betreut die FSJler, ist Helfer beim großen Jugendturnier in Marschacht und wirbt an Grundschulen in Winsen und der Elbmarsch um weiblichen Fußballnachwuchs.
Auch Lohmann wurde mit Urkunde, DFB-Uhr und Nationalmannschaftstrikot ausgezeichnet. „Ich freue mich sehr. Von der Wertschätzung her ist das ganz weit vorn“, so Lohmann.