Landkreis Harburg. Trecker an allen wichtigen Straßen in Tostedt. Landwirte statt Polizei entscheiden, wer passieren darf. Auch Autobahn-Zufahrten geblockt.

Protestierende Landwirte haben am Montagmorgen die Zufahrten nach Tostedt weitgehend blockiert. Traktoren und Privatfahrzeuge wurden so platziert, dass auf den Hauptstraßen kaum jemand in den Ort oder aus dem Ort hinausfahren konnte. Selektiv wurden Fahrzeuge hindurchgelassen, so zum Beispiel Pflegedienste oder Rettungswagen. Der Klinikbetrieb im Kreis ist teilweise beeinträchtigt. Eltern, die ihre Kinder zur Schule oder Kita bringen wollten, mussten sich indes gedulden oder Schleichwege suchen.

Landwirte versperrten die Ortseinfahrten von Tostedt mit ihren Fahrzeugen. Sie entschieden eigenmächtig, wer passieren durfte und wer nicht.
Landwirte versperrten die Ortseinfahrten von Tostedt mit ihren Fahrzeugen. Sie entschieden eigenmächtig, wer passieren durfte und wer nicht. © HA | Tobias Johanning

Die Polizei zeigte sich demgegenüber weitgehend ohne Handhabe. Weil die Bauern immer mal wieder die Durchfahrten öffneten und es eine Demonstration sei, läge offenbar keine Straftat vor, hieß es am Morgen. Betroffen waren beide Ortseingänge in Richtung Wistedt und Buchholz, sowie die Straßen nach Welle, Dohren und Heidenau. Gegen Mittag ließen einige Blockierer wieder mehr Autos hindurch. Trotz der Störungen reagierten die meisten Autofahrer gelassen und suchten nach Alternativrouten, einige wichen jedoch auch auf Gehwege und Felder aus.

Ein Autofahrer verlor bei der Blockade auf der Bundesstraße 75 die Beherrschung, fuhr an dem Stau vorbei und über eine Verkehrsinsel. Dabei touchierte er nach Polizeiangaben einen Protestler am Bein, ein anderer wurde vom Außenspiegel des Pkw getroffen. Beide wurden leicht verletzt, mussten aber nicht ärztlich behandelt werden. Der Autofahrer flüchtete. Dank des Kennzeichens konnten die Beamten ihn ausfindig machen. Ihn erwarten jetzt Strafverfahren wegen gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und gefährlicher Körperverletzung.

Auffahrten zu Autobahnen im Landkreis Harburg mit Mähdreschern blockiert. A1 und A7 leer

Am Montag waren zwischen 300 und 500 Traktoren im Landkreis Harburg laut Polizeiangaben während der Bauernproteste bei den verschiedensten Protestzügen unterwegs. Am Vormittag haben Landwirte zudem die Autobahnauffahrten zur A1 in Hittfeld mit ihren landwirtschaftlichen Fahrzeugen blockiert. Gegen 9 Uhr standen ein Mähdrescher und mehrere Traktoren auf den Zufahrten nach Hamburg und Bremen. Die Polizei war vor Ort. Die Ausfahrten blieben frei. Auf der Autobahn 1 herrschte deutlich weniger Verkehr als sonst. Auch die Auffahrten an der A1 in Fleestedt und an der A7 in Evendorf sind zeitweise blockiert worden. Auf den Autobahnen selbst gibt es im gesamten Gebiet der Polizeidirektion Lüneburg kaum Einschränkungen.

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Impressionen der Bauernproteste: Hunderte Trecker ziehen durch Hamburg

Am Montagmorgen zogen Mehrere Hundert Traktoren durch Hamburgs Straßen sternförmig Richtung Innenstadt – wegen des Starts der Bauernproteste mussten andere Verkehrsteilnehmer und Busfahrgäste zu Wochenbeginn erst einmal warten.
Am Montagmorgen zogen Mehrere Hundert Traktoren durch Hamburgs Straßen sternförmig Richtung Innenstadt – wegen des Starts der Bauernproteste mussten andere Verkehrsteilnehmer und Busfahrgäste zu Wochenbeginn erst einmal warten. © HA | Roland Magunia
Äußerst laut wurde es an der Luruper Hauptstraße – die der Konvoi früher passierte als geplant. Rund 200 Fahrzeuge machten Lärm, auch viele Handwerker schlossen sich dem Protest spontan an.
Äußerst laut wurde es an der Luruper Hauptstraße – die der Konvoi früher passierte als geplant. Rund 200 Fahrzeuge machten Lärm, auch viele Handwerker schlossen sich dem Protest spontan an. © HA | Katy Krause
Auch in St. Georg beteiligten sich Handwerker an den Protesten.
Auch in St. Georg beteiligten sich Handwerker an den Protesten. © HA | Luisa Herbring
Mancherorts wurden sogar mehr Gärtner, Bauunternehmen oder Installateure im Konvoi gesichtet als Landwirtschaftsmaschinen.
Mancherorts wurden sogar mehr Gärtner, Bauunternehmen oder Installateure im Konvoi gesichtet als Landwirtschaftsmaschinen. © HA | Matthias Iken
Protest vor großer Kulisse – auch am Michel zog der Bauern-Konvoi vorbei.
Protest vor großer Kulisse – auch am Michel zog der Bauern-Konvoi vorbei. © HA | Roland Magunia
Dort sicherte die Polizei den übrigen Verkehr.
Dort sicherte die Polizei den übrigen Verkehr. © HA | Roland Magunia
Auch die Organisatorin des Bauern-Protests, Uta von Schmidt-Kühl, fand sich am Michel ein.
Auch die Organisatorin des Bauern-Protests, Uta von Schmidt-Kühl, fand sich am Michel ein. © Michael Rauhe/Funke Foto Services | Michael Rauhe/Funke Foto Services
Die aktuelle Bundesregierung wurde von den Teilnehmern der Demonstration hart angegangen.
Die aktuelle Bundesregierung wurde von den Teilnehmern der Demonstration hart angegangen. © HA | Roland Magunia
„Nicht vergessen, wir machen das Essen“: Auch diese Botschaft verbreiteten die Landwirte in Hamburg.
„Nicht vergessen, wir machen das Essen“: Auch diese Botschaft verbreiteten die Landwirte in Hamburg. © HA | Luisa Herbring
Auch diese gehörte dazu.
Auch diese gehörte dazu. © HA | Michael Arning
Den Kiez durchfuhr die Trecker-Kolonne über die Reeperbahn.
Den Kiez durchfuhr die Trecker-Kolonne über die Reeperbahn. © HA | Roland Magunia
An der Kreuzung Max-Brauer-Allee/Holstenstraße kamen sich mitunter Trecker und übrige Verkehrsteilnehmer in die Quere.
An der Kreuzung Max-Brauer-Allee/Holstenstraße kamen sich mitunter Trecker und übrige Verkehrsteilnehmer in die Quere. © HA | Christian Rückert
Auch die Wandsbeker Chaussee gehörte zur Route der Bauern.
Auch die Wandsbeker Chaussee gehörte zur Route der Bauern. © HA | Lena Diekmann
Aus Langenhorn kommend rollten die Trecker am frühen Montagmorgen auch über die Stresemannstraße.
Aus Langenhorn kommend rollten die Trecker am frühen Montagmorgen auch über die Stresemannstraße. © HA | Anna Schlichting
Von dort fuhren sie hupend weiter über den Neuen Pferdemarkt in Richtung Innenstadt.
Von dort fuhren sie hupend weiter über den Neuen Pferdemarkt in Richtung Innenstadt. © HA | Anna Schlichting
An der Anschlussstelle Harburg blieben die Traktoren stehen und blockierten so die Auffahrt zur Autobahn A1.
An der Anschlussstelle Harburg blieben die Traktoren stehen und blockierten so die Auffahrt zur Autobahn A1. © HA | André Zand-Vakili
Viele Landwirte transportierten eindeutige Botschaften in Richtung Bundesregierung.
Viele Landwirte transportierten eindeutige Botschaften in Richtung Bundesregierung. © HA | Anna Schlichting
„Es geht nicht nur um Diesel“: Trecker bei ihrer Demo auf der Holstenstraße in Hamburg.
„Es geht nicht nur um Diesel“: Trecker bei ihrer Demo auf der Holstenstraße in Hamburg. © HA | Matthias Iken
Auch in der Tarpenbekstraße in Eppendorf wurde der Trecker-Konvoi von der Polizei eskortiert. Dort machten sich rund 100 Fahrzeuge auf den Weg in die Hamburger Innenstadt.
Auch in der Tarpenbekstraße in Eppendorf wurde der Trecker-Konvoi von der Polizei eskortiert. Dort machten sich rund 100 Fahrzeuge auf den Weg in die Hamburger Innenstadt. © HA
Auch Lkw beteiligten sich hupend am Protest – in Bergedorf sperrte die Polizei deshalb vorübergehend den Verkehrsknotenpunkt am Mohnhof.
Auch Lkw beteiligten sich hupend am Protest – in Bergedorf sperrte die Polizei deshalb vorübergehend den Verkehrsknotenpunkt am Mohnhof. © HA | Julian Willuhn
In Bergedorf musste außerdem die B5 gesperrt wegen – allerdings wegen Glätte. Die Traktoren mussten daher eine alternative Route wählen.
In Bergedorf musste außerdem die B5 gesperrt wegen – allerdings wegen Glätte. Die Traktoren mussten daher eine alternative Route wählen. © HA | Michael Arning
In der Vierlandenstraße hatten Verkehrsteilnehmer, die Richtung Bergedorfer City unterwegs waren, Glück gehabt – sie hatten trotz der Bauernproteste freie Fahrt.
In der Vierlandenstraße hatten Verkehrsteilnehmer, die Richtung Bergedorfer City unterwegs waren, Glück gehabt – sie hatten trotz der Bauernproteste freie Fahrt. © HA | Julian Willuhn
In Harburg teilten sich die Trecker in zwei Konvois auf – einer fuhr im Schneckentempo über die Bremer Straße, ein anderer über die Winsener Straße.
In Harburg teilten sich die Trecker in zwei Konvois auf – einer fuhr im Schneckentempo über die Bremer Straße, ein anderer über die Winsener Straße. © HA | André Zand-Vakili
Im Süden Hamburg hatten sich die Bauern zuvor auf einem Parkplatz an der Maldfeldstraße in Marmstorf versammelt.
Im Süden Hamburg hatten sich die Bauern zuvor auf einem Parkplatz an der Maldfeldstraße in Marmstorf versammelt. © HA | André Zand-Vakili
Auch aus dem Umland setzten sich die Landwirte in Richtung Hamburg in Bewegung – wie hier in Pinneberg.
Auch aus dem Umland setzten sich die Landwirte in Richtung Hamburg in Bewegung – wie hier in Pinneberg. © HA | Michael Rahn
In Norderstedt fanden sich die Landwirte am Kulturwerk zusammen, um gemeinsam nach Hamburg zu fahren.
In Norderstedt fanden sich die Landwirte am Kulturwerk zusammen, um gemeinsam nach Hamburg zu fahren. © HA | Christopher Mey
Unter ihnen auch die Norderstedter Landwirtin Kathrin Rehders.
Unter ihnen auch die Norderstedter Landwirtin Kathrin Rehders. © HA | Christopher Mey
Auch in Norderstedt gab es eindeutige Botschaften der protestierenden Bauern.
Auch in Norderstedt gab es eindeutige Botschaften der protestierenden Bauern. © HA | Christopher Mey
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Im gesamten Landkreis Harburg gab und gibt es zahlreiche weite Protestkonvois, die mit wenigen Stundenkilometern über die Land- und Kreisstraßen fuhren. Am Morgen trafen sich zum Beispiel zwei Protestzüge auf der Winsener Straße zwischen Maschen und Stelle. Insgesamt waren etwa 100 Traktorfahrer auf dem Streckenabschnitt unterwegs. Viele Demonstranten aus Seevetal machten sich auf den Weg nach Hamburg. Genauso wie viele Traktorfahrer aus dem Landkreis Stade, die über die B73 nach Hamburg fuhren.

Fünf zusätzliche Fahrzeuge des Rettungsdienstes im Landkreis Harburg im Dienst

Um alle Notfälle schnell zu erreichen hatten sich die Retter vorbereitet. So waren am Montag fünf zusätzliche Fahrzeuge des Rettungsdienstes im Dienst. Sie wurden vom Roten Kreuz und den Johannitern gestellt. Auch die Rettungsleitstelle war personell aufgestockt worden. Nicht notwendige wurden bereits Krankentransporte im Vorfeld verlegt. Behinderungen bei den Einsatzfahrten gab es nicht, erklärte ein Sprecher des Landkreises Harburg am Mittag. In Tostedt besetzten freiwillige Feuerwehrleute auch die Feuerwache, um nicht durch mögliche Staus auf der Anfahrt zum Gerätehaus behindert zu werden.

Die Autobahnen im Süden Hamburgs waren lergefegt. Viele Autofahrer waren zu Hause geblieben, andere kamen nicht auf die A1 oder die A7.
Die Autobahnen im Süden Hamburgs waren lergefegt. Viele Autofahrer waren zu Hause geblieben, andere kamen nicht auf die A1 oder die A7. © HA | Tobias Johanning

Der Schulbusverkehr war am Morgen von den Blockaden betroffen, es gab im Großen und Ganzen jedoch vor allem kleine Verspätungen, teilte der Landkreis Harburg mit. Der reguläre Busverkehr ist vor allem an der Landesgrenze nach Hamburg verspätet. Gegen 10.30 Uhr waren Busse in Seevetal zum Teil eine Stunde hinter dem Fahrplan.

Lastwagenfahrer bremsen der Verkehr auf der A7 bei Soltau aus

Auch in den Nachbarkreisen gab es große Protestaktionen: Im Heidekreis auf der Autobahn 7 bei Soltau fuhren zwar keine Traktoren wie im Dezember, dafür bremsten mindestens zwei Lastwagenfahrer mutwillig den Verkehr aus. Die Polizei stoppte die Lastwagenfahrer und leitete mehrere Ordnungswidrigkeitenverfahren ein. Im Landkreis Stade waren am Mittag noch etwa 100 Traktorfahrer in Kleingruppen unterwegs.

Am Vormittag gab es wie erwartet erhebliche Behinderungen auf der Bundesstraße 73. Bei Himmelpforten blockierten Landwirte mit ihren Maschinen die Straße. Auch Autobahnzufahrten waren zwischenzeitlich genauso wie die Zufahrt zur Elbfähre Wischhafen blockiert. In Lüneburg nahmen mehr als 400 Treckerfahrer und weitere Fahrzeuge an verschiedensten Konvois und Blockaden teil. Besonders betroffen waren die Bundesstraße 4 und 209. Dort steht der Verkehr seit den Morgenstunden.