Deutsch Evern. Nicola und Leonie Teichmann besuchen mit ihren Shettys alte Menschen. Viele Heimbewohner sind nach dem Besuch völlig verändert.
Erst wenn das letzte Glöckchen hängt und die Weihnachtsmütze sitzt, kann es losgehen: Dann heißt es für Lisa und Lena, herunter von der Koppel und hinein in den Anhänger. Denn wenn Frauchen Nicola Teichmann ihre Ponys im Advent zum Ausflug ausführt, darf der passende Schmuck nicht fehlen. Gemeinsam mit ihrer Tochter Leonie besucht sie regelmäßig Seniorenheime mit ihren zwei Shettys.
Nicola Teichmann hat jahrzehntelang mit Pferden gearbeitet, nahm das Töchterchen mit in den Stall, noch bevor es laufen konnte. Ihr erstes Pony bekam Leonie, als sie vier Jahre alt war. Lisa und Lena, die Shetland-Schwestern, gehören seit acht Jahren zur Familie. Und werden von ihren beiden Frauchen ganz schön auf Trab gehalten: Leonie fährt mit den beiden im Sulky Eis holen und einkaufen, geht mit ihnen schwimmen und bringt ihnen kleine Tricks bei wie das Nein-Sagen – auf Fingerzeig schütten Lisa und Lena ihren Kopf, bis die Mähne fliegt.
Nach bestandener Gelassenheitsprüfung ging es zum ersten Mal mit den Shettys ins Seniorenheim
Als Nicola Teichmann bemerkte, wie gut den Menschen ihr Hund tut, wenn Nala mit zur Arbeit im Alten- und Pflegeheim kommt, da dachte sie: warum nicht einmal die Ponys mitnehmen. Nach bestandener Gelassenheitsprüfung ging es zum ersten Mal mit den Shettys ins Seniorenheim, und seit sich das herumgesprochen hat, bekommt sie auch Anfragen anderer Einrichtungen.
Mehr als zwei Termine im Monat schafft das Pony-Mensch-Quartett allerdings nicht, denn: Mutter und Tochter absolvieren die Besuche in ihrer Freizeit, sie müssen dafür Dienste tauschen, Überstunden ansammeln und abbauen oder Urlaub nehmen. Und es ist eine Menge Organisation gefragt: Nicola Teichmann lebt in Bad Bevensen, Tochter Leonie in Lüneburg, die Ponys in Kirchgellersen. „Es ist ein gutes Zeitmanagement gefragt“, sagt Nicola Teichmann. Auch die zu besuchenden Einrichtungen sollten nicht weiter weg als maximal 25 Kilometer liegen. Dankbar ist sie, wenn diese ihren Besuch mit einem Tankgutschein honorieren – denn die Spritkosten selbst zu tragen, „das kann ich nicht“.
Warum sie das alles auf sich nehmen, im Ehrenamt? „Weil ich Menschen gern eine Freude bereite“, sagt die Hauswirtschafterin. Dass sie genau dies mit Lisa und Lena tut, merkt sie an den Reaktionen der Menschen. „Viele lächeln, sind natürlich überrascht und freuen sich.“ Leonie sagt: „Die Leuten gehen auf, werden lebendiger. Das ist schön zu sehen.“
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Viele der alten Menschen kennen Pferde aus ihrer Kindheit, erinnern sich daran und fangen an zu erzählen. So ging es auch Uwe Brodermann, als die vier jetzt dem Ilmenau Palais in Deutsch Evern einen Besuch abstatteten. Der 82-Jährige stammt aus Bienenbüttel. „Ich habe überhaupt keine Angst, ich kenne Pferde vom Dorf, mein Leben lang. Das hier macht wirklich Spaß.“
Und die Ponys? „Die finden die Ausflüge super“, sagt Nicola Teichmann und lacht. „Die bekommen so viele Möhren wie sonst nie.“
Mit ihrem Engagement ist Nicola Teichmann Teil des mehr als 100-köpfigen Ehrenamts-Teams im Kreisverband Lüneburg des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB): Gemeinsam mit den Herrchen und Frauchen von rund 16 Hunden zählt sie zur Abteilung Besuchshundedienst. „Auf unsere vielen Ehrenamtlichen sind wir furchtbar stolz“, sagt ASB-Ehrenamtskoordinator Joschka Schiller. „Der Katastrophenschutz ist rein ehrenamtlich aufgestellt, der Besuchshundedienst ebenfalls. Und die Ponys sind natürlich etwas absolut Besonderes.“