Wietzendorf/Soltau. Serie: Timo Strohschnieder ist den kompletten Heidschnuckenweg gewandert. Diesmal – von Soltau nach Wietzendorf.

Der bekannte und beliebte Heidschnuckenweg schien zuletzt wie leer gefegt. Zu spät gestartet? Nebensaison? Oder einfach nicht so beliebt wie gedacht?

Seit dem letzten Wandertag von Bispingen nach Soltau sind einige Wochen vergangen – heute beginnt die Etappe also direkt am Bahnhof in Soltau, der von Hamburg aus einfach mit der Regionalbahn zu erreichen ist. Mit frisch ausgeruhten Füßen, frisch ausgeruhten Schultern und frisch ausgeruhtem Geist ist der erste H-Symbol für den Heidschnuckenweg schnell gefunden. Nachdem der obligatorische Stempel für den Wanderpass abgeholt wurde, führt der Weg nach einer kurzen Weile aus der Stadt heraus und auf schönen Waldpfaden entlang Richtung Süd-Osten – bis zur Großen Aue, die südlich von Soltau in die Böhme fließt und einen idyllischen ersten Rastplatz anbietet.

Bisher ist der Autor auf dem Heidschnuckenweg kaum einem Menschen begegnet

Danach gibt es den mittlerweile bekannten Mix aus Forst- und Feldwegen, der bis in die Weiher Berge führt. Ein dortiger Steinhaufen fordert die Wandernden zur Mithilfe auf: „Werter Wanderer, ist es dir wert, wenn du erklommen den Tiegener Berg, hier abzulegen einen Stein, für all dein Sorgen, Kummer, Pein?“ – Wer kann da schon Nein sagen? Ein passender Stein ist schnell gefunden und schon geht’s weiter mit dem angenehmen Hintergedanken, Teil einer größeren Community von Wanderenthusiasten zu sein.

Die Wandercommunity sammelt fleißig Steine. Dazu wird auf dem Zettel aufgefordert.
Die Wandercommunity sammelt fleißig Steine. Dazu wird auf dem Zettel aufgefordert. © HA | Timo Strohschnieder

Denn dieses Gefühl könnte auf dem Heidschnuckenweg teilweise ein wenig abhandenkommen: Obwohl die Infrastruktur in Form von Beschilderung und Übernachtungsmöglichkeiten durchaus gegeben ist (bisher verlaufen: 0 Mal), bin ich bisher keinen anderen Wanderinnen und Wanderern begegnet. Für die erste Hälfte des Weges erschien mir das noch verkraftbar, schließlich war es Mai – da blüht es halt noch nicht so sehr und nachts ist es auch mal unter 10 Grad – Off-Season eben.

Maren und Jan (beide in ihren 20ern) kreuzen mit großem Wanderrucksack den Weg

Könnte es an meinem Tagesrhythmus liegen? Schließlich starte ich meine Wanderungen meistens recht spät gegen 11 Uhr. Auch heute bin ich erst spät gestartet. Um 8 Uhr aus dem Bett, ab zum Zug und geschwind nach Soltau. Startpunkt gegen halb 12 Uhr. Ob ich heute jemanden finde?

Die beruhigende Antwort, kurzgefasst: Ja. Während einer Pause mit Aussicht auf ein Getreidefeld an einer Forstweg-Kreuzung kommen Maren und Jan (beide in ihren 20ern) mit großem Wanderrucksack und rhythmisch stampfenden Nordic-Walking Stöcken an mir vorbeimarschiert. Maren kommt gebürtig aus dem Harz, Jan ist Schneverdinger und somit waschechtes Heidekind – den Heidschnuckenweg läuft er trotzdem zum ersten Mal: „Es ist unser erster Fernwanderweg. Und da wir hier in der Gegend wohnen, bietet es sich natürlich an auch hier zu wandern. Im Norden ist der Heidschnuckenweg derjenige mit den wenigsten Straßenabschnitten.“

Ein wenig Einfallsreichtum bei der Planung ist durchaus von Vorteil

Maren ergänzt: „Ich komme aus dem Harz, also bin ich quasi mit dem Wandern aufgewachsen.“

Eine kleine Brücke über die Große Aue.
Eine kleine Brücke über die Große Aue. © HA | Timo Strohschnieder

Während ich primär mit dem Zelt unterwegs bin, planen die beiden ihre Streckenabschnitte von Unterkunft zu Unterkunft: „Die offizielle Website für den Heidschnuckenweg ist nicht vollständig, manche Unterkünfte sind beispielsweise nicht gelistet,“ berichtet Maren. Ein wenig Einfallsreichtum bei der Planung ist also durchaus von Vorteil. „Beim kommenden Abschnitt bei Fassberg ist es mit Übernachtungen echt schwierig“ – und das obwohl die beiden schon im letzten Jahr ihre Unterkünfte gebucht haben

In Soltau sei es wiederum einfacher gewesen, da konnten sie bei der Familie unterkommen. „Für Unterkünfte haben wir durchschnittlich 115 Euro bezahlt“, erzählen die beiden.

Wie wandert es sich zu zweit, wie klappts es mit der veganen Ernährung?

Wie wandert es sich zu zweit und wie klappts es mit der veganen Ernährung? Da Maren und Jan sich beide vegan ernähren, war die Verpflegung auf dem Weg im Vorhinein ein größeres Thema. Jetzt, nachdem sie eine Woche unterwegs waren, können sie Entwarnung geben: „Wenn man Bescheid gibt, dass man vegan isst, funktioniert es wirklich gut,“ urteilt Maren zu den bisherigen Unterkünften. Von selbst gemachten Aufstrichen aller Art bis zur klassischen Ausweich-Option à la Toast mit Marmelade war schon alles dabei.

„Städter wollen halt auch was veganes Essen können,“ ergänzt Jan. Dies liege seiner Meinung nach auch an dem Wanderhype, der durch die Pandemie hervorgerufen wurde. Unsere These: Die Leute schauen zum Urlaub machen nun auch in der heimatlichen Umgebung – und da ergibt es schon Sinn, dass durch die Vegan-Hochburg Hamburg in unmittelbarer Nähe auch immer mehr veganes Essen auf dem Heidschnuckenweg gewünscht ist.

Autor Timo Strohschnieder ist alle Etappen des Heidschnuckenwegs gewandert. Mit klassischem Holzwanderstab.
Autor Timo Strohschnieder ist alle Etappen des Heidschnuckenwegs gewandert. Mit klassischem Holzwanderstab. © HA | Timo Strohschnieder

Vor allem die Wander-Erfahrungen zu zweit interessieren mich, da ich bisher hauptsächlich alleine unterwegs war. „Zu zweit laufen ist echt praktisch, wir passen uns beim Tempo einander an und pushen uns gegenseitig,“ erklärt Maren.

Nach der gemeinsamen Lunch-Pause ist es dann für mich Zeit zum Aufbrechen

Die Walking Sticks helfen auch: „Jan war erst skeptisch, aber ich konnte ihn dann überzeugen, weil man damit echt eine bessere Geschwindigkeit halten kann.“ Was das angeht, kann ich nur zustimmen. Zwar bin ich meinem Oldschool-Holzwanderstab treu ergeben, aber das Tempo der beiden lässt sich wirklich sehen. Nach der gemeinsamen Lunch-Pause ist es dann für mich Zeit zum Aufbrechen. Vor allem die Strecke kurz vor Wietzendorf führt noch mal an einem schönen Moor-Abschnitt vorbei, bevor dann beim riesigen Südsee-Campingplatz – der ebenfalls mit eigenem Restaurant und diversen Übernachtungsmöglichkeiten aufwartet - das Etappenziel erreicht ist. Die Belohnung mit Seeblick: Ein (alkoholfreies) Weizenbier.