Salzhausen. Etwa 600 Besucher bei Trauergottesdienst: Pastor spricht über Zerbrechlichkeit des Lebens, Bürgermeister lobt Zusammenhalt im Dorf.
Nach dem tödlichen Radlader-Unglück in einem Zeltlager für Kita-Kinder in Toppenstedt im Landkreis Harburg hat am Sonnabend (1. Juli) der Trauergottesdienst in der evangelischen St.-Johannis-Kirche in Salzhausen begonnen. Viele sind gekommen.
Die Kirche, die etwa 400 Personen Platz bietet, ist voll. Trotz Nieselregens sitzen weitere Hunderte Besucher draußen. Weil im Vorwege schon deutlich mehr Menschen erwartet worden waren, wurde der Gottesdienst über Lautsprecher nach draußen übertragen.
Radlader-Unglück in Toppenstedt: Trauergottesdienst in Salzhausen für alle
„Wir möchten für die Einsatzkräfte, die Betroffenen und alle, die um die Opfer trauern, einen Ort schaffen, an dem das Erlebte Raum finden kann“, hatte Pastorin Wiebke Alex aus Salzhausen die Veranstaltung im Vorwege erklärt. „Wir kommen zusammen mit den Gefühlen und Fragen, die das Unglück ausgelöst hat, sind damit nicht allein und bringen vor Gott, was uns bewegt.“
Alex hielt gemeinsam mit zwei Kolleginnen und Kollegen die Predigt. Auch der Bürgermeister der Samtgemeinde Salzhausen, Wolfgang Krause (parteilos), hielt eine kurze Rede. Er lobte dabei vor allem den Zusammenhalt in der Dorfgemeinschaft und die Hilfsbereitschaft. „Es schien, als ob die Uhr in Toppenstedt stehen geblieben ist, die Welt sich aufgehört hat zu drehen. Von einer Sekunde auf die andere war nichts mehr so, wie es vorher war", sagte Krause. Aber die Ersthelfer seien sofort zur Stelle gewesen.
Viele der Einsatzkräfte waren unter den Besuchern und trugen ihre Uniform. Sie hielten sich, stärkten sich, umarmten sich. Es flossen viele Tränen.
„Ich weiß, im Himmel wird es keine Tränen mehr geben", zitierte Pastor Martin Alex in seiner Predigt aus dem Lied „Tears in heaven" von Eric Clapton. „Ihr habt geweint über das, was ihr selbst erlebt habt. Über das, was ihr sehen musstet, und darüber, was andere durchmachen", sagte er. Über ein fröhliches Wochenende sei Unglück hereingebrochen. Die Unbeschwertheit eines Zeltlagers – einfach weg.
Radlader-Unglück in Toppenstedt: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Fahrer
Bei dem Unglück am vergangenen Wochenende waren ein 39-jähriger Mann und ein fünfjähriger Junge ums Leben gekommen, als ein 44-Jähriger die Teilnehmer des von Vätern organisierten Camps zu einer Spaßfahrt mit dem Radlader eingeladen hatte. Ein Vater und elf Kinder stiegen dabei in eine Gitterbox und ließen sich mit der Frontgabel des Radladers in die Höhe heben.
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Auf einem Feldweg löste sich die Box jedoch und stürzte drei Meter in die Tiefe. Zehn weitere Kinder wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt worden. Sie gehörten zu den rund 60 Teilnehmern des privat organisierten Vater-Kind-Zeltlagers.
Die Kinder schweben nicht mehr in Lebensgefahr. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg ermittelt gegen den Fahrer wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung.
Die Trauerfeiern für die beiden Verstorbenen sollen zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. Der Gottesdienst in Salzhausen richtete sich an die Helfer, Angehörigen und Betroffenen, die einen Ort zum Trauern suchten. Neben den Ansprachen gab es musikalische Beiträge mit Orgel, Klavier, Querflöte und Gesang. Auch eine Schweigeminute wurde eingelegt.
Unglück in Toppenstedt: Seelsorge für Angehörige
Nach dem Unglück waren laut Frackmann rund 200 Rettungskräfte unter anderem aus Polizei und Feuerwehr im Einsatz. Ihnen habe der Unfall zum Teil schwer zu schaffen gemacht. Auch zehn Notfall-Seelsorger waren vor Ort. Bei dem tragischen Unfall wurden einige Kinder schwer verletzt, sie befinden sich aber nicht mehr in Lebensgefahr. Unter den Verletzten sollen auch Kinder des Fahrers sein.
Die evangelische Kirche will die Angehörigen der Opfer weiter seelsorgerlich begleiten. Pastorinnen und Pastoren kümmerten sich auch um die betroffene Kindertagesstätte sowie um die Familie des Mannes, der den Unfall verursacht habe. Das sagte der Sprecher des Kirchenkreises Winsen, Malte Frackmann, dem Evangelischen Pressedienst epd. „Unsere Seelsorger waren die ganze Woche über im Kindergarten präsent“, so Frackmann.
Die Hilfsbereitschaft der Dorfgemeinschaften sei herausragend, sagte Samtgemeindebürgermeister Krause: „Darauf können wir als Schicksalsgemeinschaft in dieser so schweren Zeit sehr stolz sein.“