Appelbeck. Appelbeck am See: Eigentümer befürchtet Eskalation wie 2022 – Polizei kündigt verstärkte Präsenz an Brennpunkten an.

Carsten Vollmers, Inhaber des Gasthofes Restaurant und Café Appelbeck am See, macht sich große Sorgen: Ihm graut es vor dem nächsten Vatertag am 18. Mai.

Der Eigentümer der Immobilie und des weitläufigen Grundstücks mit Teichen und Wanderwegen in dem bei Ausflüglern beliebten Ort erinnert sich leider nur zu gut an den Vatertag im vergangenen Jahr: „Hier waren über 1000 junge Leute, so etwas haben wir vorher nicht ansatzweise erlebt“, sagt Vollmers. „Schlägereien, Zerstörung, Vandalismus – es war fürchterlich.“

Die feiernde Meute habe ein Schlachtfeld hinterlassen, berichtet Vollmers und andere Augenzeugen bestätigen dies: Flaschen wurden in den See geworfen, wo Wasservögel leben, Gartenstühle auf der Terrasse des Gasthofes wurden mutwillig zerstört, die Wände in der Damentoilette mit Kot beschmiert, Ruheplätze waren nach der Vatertags-Invasion voller Müll, Wanderwege aufgewühlt. „Das ging schon mittags los. Da kamen die ersten mit Bengalos anmarschiert. Es sah bedrohlich aus“, so Vollmers.

Gäste im Appelbecker Lokal wurden im hinteren Teil des Gasthofes in Sicherheit gebracht

Die Gäste im Lokal wurden in den hinteren Teil des Lokals geleitet, wo die anrückenden Menschenmassen weniger zu hören und zu sehen waren. Einige bekamen es dennoch mit der Angst zu tun, sorgten sich um ihre Sicherheit und um ihre vor dem Gasthof geparkten Autos. „Wir haben sie dann in kleinen Gruppen zu den Fahrzeugen geführt“, so Vollmers. Da fanden im Garten bereits die ersten Schlägereien statt. „Das Geschäft ist komplett eingebrochen“, sagt der Gastronom.

Gastronom Carsten Vollmers macht sich wegen des anstehenden Vatertags Sorgen um sein Hab und Gut - auch um die neuen Schwanen-Tretboote.
Gastronom Carsten Vollmers macht sich wegen des anstehenden Vatertags Sorgen um sein Hab und Gut - auch um die neuen Schwanen-Tretboote. © HA | Sabine Lepél

Schlägereien zwischen rund 30 Personen – bei denen ein 19-Jähriger mit einem Baseballschläger verletzt wurde – sind polizeilich belegt. Strafverfahren wurden eingeleitet. Vollmers hat zudem noch eine Auseinandersetzung beobachtet, bei der ein Messer eingesetzt wurde. Noch während die Polizei vor Ort war, gab es zwischen Anwesenden körperliche Auseinandersetzungen, zu denen ebenfalls Anzeigen geschrieben wurden, wie die Polizei bestätigt. Gegen die Aggressoren wurden Platzverweise ausgesprochen. Zwei 17 und 21 Jahre alte Brüder missachteten diese und wurden in Gewahrsam genommen.

Gastronom wünscht sich zu Himmelfahrt ganz schlechtes Wetter

Dabei findet der Vatertag ja an Himmelfahrt statt, einem christlichen Feiertag, der wichtig ist für die Gastronomie. Auch Vollmers hofft für den 18. Mai auf Beistand von oben: „Nach den schlimmen Erfahrungen wünsche ich mir ganz schlechtes Wetter. Vielleicht bleibt uns dann eine Wiederholung der Ereignisse erspart“, sagt er. Den Gasthof ganz schließen möchte er nicht: „Dann passiert vielleicht noch mehr am Haus selbst“, befürchtet der Mann, dessen Vorfahren seit mehreren Generationen am Ort Gastronomie betrieben haben und der in dem Idyll aufgewachsen ist.

Hier gibt es in Hamburg die meisten Sterneköche

Vollmers hat Verständnis dafür, dass junge Leute sich treffen und feiern wollen. Seit Jahren kommen bei schönem Wetter Gruppen von Jugendlichen auf sein Privatgelände, das die Teiche und die Wanderwege umfasst, um gemeinsam zu rauchen und zu trinken.

Mit teils unangenehmen Folgen: Regelmäßig bleibt Müll liegen, das Wildgehege wurde mehrfach aufgeschnitten, Bänke demoliert. Auch große Vatertags-Ansammlungen hat Vollmers in Appelbeck schon vor 2022 erlebt. „Aber so eskaliert wie im vergangenen Jahr ist es noch nie“, sagt er. Dabei hätten sich die Partyleute auch selbst in Gefahr gebracht: „Es wurde so viel getrunken, dass der Rettungsdienst kommen musste, und manche sprangen volltrunken in den See“, berichtet er.

Vollmers fühlt sich hilflos ausgeliefert, Polizei war 2022 hoffnungslos unterlegen

Auch das Wildgehege wurde von Vandalen bereits aufgeschnitten.
Auch das Wildgehege wurde von Vandalen bereits aufgeschnitten. © HA | Sabine Lepél

Vollmers befürchtet, dass es in diesem Jahr ähnlich werden könnte und fühlt sich dem Geschehen hilflos ausgeliefert. Die Polizei war zwar im vergangenen Jahr vor Ort, habe auch deeskalieren wollen. „Aber die Beamten waren den Massen deutlich unterlegen“, sagt der Gastronom, der diesmal bereits im Vorfeld das Gespräch mit Polizei und Ordnungsamt der Samtgemeinde Hollenstedt, zu der Appelbeck gehört, gesucht hat.

Die Polizei bestätigt dies gegenüber dem Abendblatt und lobt die Initiative des Gastronomen. Sie rät ihm – wie anderen betroffenen Eigentümern – eventuell mit einem Sicherheitsdienst zu arbeiten und für eine entsprechende Beschilderung, Zäune oder eine Absperrung mit Flatterband zu sorgen, um deutlich zu machen, wo die Grenzen für die unerwünschten Gäste sind.

Update: Absperrungen und Hinweisschild in Appelbeck angebracht

Auf diese Hinweise hat der Inhaber umgehend reagiert: Das Gelände ist mit einem rot-weißen Flatterband abgesteckt. Auf Schildern mit der Überschrift "Privatgrundstück" ist zu lesen, dass die Flächen ausschließlich für die Restaurantgäste reserviert seien. Und: "Campen, Grillen, Picknick, Boote u.ä. sind verboten."

Polizeisprecher Jan Krüger erläutert: „Man sollte frühzeitig klar machen, wo Bereiche sind, die nicht zu betreten sind. Wenn diese Absperrungen nicht beachtet werden, liegt Hausfriedensbruch vor und die Polizei sollte gerufen werden." Sachbeschädigungen, Körperverletzungen, Hausfriedensbruch – das seien nicht akzeptable Eskalationen, bei denen die Polizei am Vatertag aber leider immer wieder eingreifen müsse.

Polizei verspricht, an Brennpunkten wie in Appelbeck Präsenz zu zeigen

Aufgrund der Erfahrungen werde die Polizei deshalb am 18. Mai deutlich mehr Beamte und Beamtinnen im Einsatz haben, so Krüger – in Appelbeck wie auch an anderen vermuteten Brennpunkten im Landkreis, die der Polizeisprecher aus taktischen Gründen im Vorfeld nicht näher benennen will.

„Wir werden an einschlägigen Punkten mehr Präsenz zeigen, teilweise in Zusammenarbeit mit den Ordnungsämtern der Kommunen“, lässt er wissen. Eines sei aber auch klar: „Wir können nicht überall gleichzeitig sein und sicherstellen, dass nirgendwo eine Vatertagsgruppe auffällt.“

Die Polizei empfiehlt, zunächst das Gespräch mit Besuchern zu suchen, denn die meisten Vatertags-Ausflügler seien nicht auf Eskalation und Konfrontation aus.

Kontrollverlust wie vor einem Jahr nicht ein zweites Mal hinnehmbar

Carsten Vollmers können diese Aussagen nicht vollständig beruhigen. „Es muss doch möglich sein, für einen Tag eine Lösung zu finden, die alle zufrieden stellt“, sagt er. Er wolle um Appelbeck keinen Zaun errichten und den Ausflugsort mit Schildern zupflastern, die darauf hinweisen, dass es sich um Privatbesitz handelt. „Das passt nicht zu uns, zumal wir hier in einem Landschaftsschutzgebiet liegen“, sagt Vollmers.

„Der einzige Weg ist, dass die Polizei einschreitet, wenn es hier wieder eskaliert“, meint Hollenstedts Samtgemeindebürgermeister Heiner Albers. Er hat Vollmers seine Unterstützung zugesagt: „Ich werde vor Ort sein und die Polizei anrufen, wenn eine Gefahrenlage in Sicht ist. Mein Menschenverstand sagt mir, dass die Polizei etwas tun muss, um Appelbeck am See davor zu beschützen, was hier im letzten Jahr passiert ist.“ Ein Kontrollverlust wie vor einem Jahr sei nicht ein zweites Mal hinnehmbar. „Das ist geschäftsschädigend und schadet nicht nur dem Ruf dieses über die Region hinaus bekannten Ausflugsziels“, so Albers.

Um Appelbeck einen Zaun ziehen?

Vollmers verbindet mit seinem Schritt an die Öffentlichkeit einen Appell an die jungen Leute, die sich bereits für eine Vatertagstour nach Appelbeck verabredet haben beziehungsweise an deren Erziehungsberechtigten. „Bitte habt Respekt vor der Natur, der Landschaft und vor meinem Eigentum“, sagt der Gastronom.

„Das Traurigste für mich wäre es, wenn ich um Appelbeck einen Zaun ziehen und allen anderen als meinen Gästen den Zugang verwehren müsste.“ Er könne und wolle solche Übergriffe aber nicht mehr dulden und werde in diesem Jahr deshalb auch alle ihm zur Verfügung stehenden juristischen Schritte gegen Besucher einleiten, die sich nicht an die Regeln halten.