Moisburg. Von Veggie-Aufschnitt bis Schnaps, von Lotto bis Post – Pläne für neues Ladenkonzept in der Region werden konkret. Ende Juni geht es los

Jetzt steht fest, wann der Tante-Enso-Laden in Moisburg eröffnet wird: Der innovative Dorfladen wird voraussichtlich am Donnerstag, 29. Juni, an den Start gehen, wenn alles planmäßig verläuft. Dies gab Myenso-Gründer Thorsten Bausch bei einem Workshop im Moisburger Amtshaus bekannt. Das Treffen war ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Realisierung einer Nahversorgung, die Online-Handel mit dem stationären Tante Emma-Gefühl verbindet.

Der Internetmarktplatzes Myenso betreibt unter dem Namen „Tante Enso“ ein genossenschaftliches Konzept zur Nahversorgung auf dem Land, das eine Revolution hinsichtlich der Lebensmittelgrundversorgung auf den Dörfern einleiten könnte. In Moisburg wird es jetzt konkret: Derzeit werden die Räumlichkeiten in dem Gebäude, in dem Moisburg als erstes Dorf in der Region einen digitalisierten Dorfladen realisieren will, von Handwerkern umgebaut. Bisher waren dort ein Automaten-Standort der Kreissparkasse Harburg-Buxtehude und andere wechselnde Mieter untergebracht.

Konzept als Ausweg aus dem Versorgungsdilemma in vielen kleinen Ortschaften?

Der Tante-Enso-Laden soll nicht weniger werden als der Ausweg aus dem Versorgungsdilemma in der kleinen Ortschaft, in der es lediglich zwei Bäcker gibt. Das Ansiedeln eines Discounters scheiterte mehrfach, denn das Betreiben eines herkömmlichen Supermarkts lohnt sich in dem Dorf mit seinen nicht einmal 2000 Einwohnern offenbar nicht. Deshalb hat sich der Ort erfolgreich um die Realisierung eines Dorfladens nach dem Konzept von Tante Enso beworben. Das Unternehmen ist Teil des Onlinesupermarkts Myenso. Der Onlinehändler wurde von dem Marktforscher Norbert Hegmann und dem Unternehmensberater Thorsten Bausch 2016 gegründet.

In diesem Gebäude in der Ortsmitte soll der digitale Dorfladen neben der Mühlenbäckerei Schmacke entstehen.
In diesem Gebäude in der Ortsmitte soll der digitale Dorfladen neben der Mühlenbäckerei Schmacke entstehen. © HA | Sabine Lepél

Seit 2019 Jahren verkaufen sie nicht nur Lebensmittel „im Netz“, sondern bauen auch Kleinsupermärkte – und zwar vermehrt auf dem Land. Tante Enso – der Name ist eine Kombination aus den Worten „Tante-Emma-Laden“ und „Myenso“ – realisiert diese genossenschaftlich getragenen Mini-Supermärkte. Bundesweit soll das Konzept auf 800 bis 1000 Standorte ausgedehnt werden.

35 Märkte in der konkreten Planung

Im Moment befinden sich in Deutschland rund 35 Märkte in der konkreten Planung. Neben Moisburg hatten laut Bausch aus dem Hamburger Süden auch die Gemeinden Sauensiek und Heidenau Interesse an einem Tante-Enso-Laden gezeigt. Sauensiek fällt allerdings aufgrund der Nähe zu Moisburg durchs Raster, nach dem ein Dorf, welches einen Tante Enso-Laden haben möchte, fünf oder mehr Kilometer vom nächsten Markt entfernt liegen muss. Auch in Heidenau wird eine Umsetzung nach Auskunft von Bausch vorerst nicht realisiert: Im Ort soll zunächst ein für die Nahversorgung geeignetes Gebäude erstellt werden.

Eine weitere Bedingung für eine Tante-Enso-Gründung: Die Zahl der Einwohner muss zwischen 1000 und 3000 liegen. Außerdem müssen mindestens 300 Dorfbewohner jeweils einen Anteil über 100 Euro in einer Einkaufsgenossenschaft zeichnen, also Teilhaber ihres Tante-Enso-Ladens werden. „Auf diese Weise wollen wir uns einen festen Kundenkreis sichern und die Menschen vor Ort ins Boot holen“, so Bausch.

3000 Artikel umfassendes Grundsortiment

Er war zu einem sogenannten Co-Creation-Workshop nach Moisburg gekommen, denn der Ort hat in den vergangenen Monaten alle Voraussetzungen für die Gründung eines Tante-Enso-Ladens erfüllt, und die künftigen Kunden können sich digital oder bei solchen Vor-Ort-Veranstaltungen an der Umsetzung beteiligen.

Dabei geht es ganz konkret um gewünschte Ergänzungen zu dem rund 3000 Artikel umfassenden Grundsortiment von Tante Enso. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen stimmten im Moisburger Amtshaus darüber ab, welche regionalen Anbieter etwa für Fleisch, Wurst, Gemüse oder Käse im neuen Dorfladen vertreten sein sollen und ob ihnen zum Beispiel vegetarische, vegane oder Bioprodukte besonders wichtig sind.

Markt ist rund um die Uhr geöffnet, gezahlt wird mit einer Karte

Auch die Öffnungszeiten, zu denen Personal im Laden anwesend sein soll, wurden debattiert. Die Moisburger wünschten sich tägliche Öffnungszeiten von 10 bis 12 und von 16 bis 18 Uhr, freitags eine Stunde länger, sonnabends von acht bis 12 Uhr, der Ruhetag wurde auf Mittwoch festgelegt. Darüber hinaus können Kunden bei Tante Enso rund um die Uhr einkaufen. Der Markt ist „24/7“ zugänglich.

Zu den bestimmten Zeiten soll der Laden aber auch mit Personal besetzt sein. Bei der Gewinnung der notwendigen Arbeitskräfte sieht Bausch kein Problem: „Wir haben schon einige Anfragen“, bestätigte er dem Abendblatt. Zum Anfang werde eine Filialleitung sowie drei weitere Teilzeitkräfte benötigt.

Getragen wird der Dorfladen von einer GmbH, die vor Ort gemeldet ist und zur einen Hälfte der Einkaufsgenossenschaft und zur anderen Hälfte dem Onlineshop Myenso gehört. Außerhalb der Öffnungszeiten wird der Zutritt über eine Tante-Enso-Karte geregelt, die vorab über die Homepage beantragt werden muss und mit der die Tür geöffnet und an der Selbstbedienungskasse gezahlt werden kann. Jede Transaktion wird per Mail dokumentiert.

Für die Karten entstehen keine Kosten, es gibt keinen Mindestumsatz. Auch Start-ups und Manufakturen aus der Lebensmittelbranche sollen Platz in den Regalen und Kühltruhen finden. Wenn im Sortiment etwas fehlt, können Wünsche zur Ergänzung geäußert oder bis zu 20.000 Artikel im Onlinesupermarkt Myenso bestellt werden. Diese werden dann in die Tante-Enso-Filiale geliefert, ebenso wie Bestellungen von Zuhause aus. Manche Tante-Enso-Läden bieten sogar einen Lieferservice an.

Neuer Laden soll zum Treffpunkt im Moisburger Ortszentrum werden

Die Moisburger äußerten noch einen besonderen Wunsch: Sie hätten gern eine Postfiliale in ihrem neuen Dorfladen. „Wir werden uns darum bemühen, können aber nichts versprechen“, sagte Geschäftsführer Bausch. Man werde die Wunschliste aus Moisburg nun auswerten und Kontakt zu den präferierten Co-Lieferanten aus der Region aufnehmen. Am Ende des Workshops herrschte überwiegend Zufriedenheit über die Beteiligungsmöglichkeit an dem Gestaltungsprozess vor und eine Hoffnung: Möge Moisburgs „Tante Enso“ laufen und sich zu einem neuen Treffpunkt im Ortszentrum entwickeln.