Landkreis Harburg. Landkreis hängt laut Landesregierung beim Ausbau hinterher – und will nun zunächst die Berechnungen aus Hannover überprüfen.

Der Landkreis Harburg hat jetzt Gewissheit darüber, wie groß der Anteil seiner Fläche ist, der künftig für Windkraftanlagen vorgesehen ist. Umweltminister Christian Meyer (Grüne) legte vergangene Woche Berechnungen zum Ausbau der Windkraft in Niedersachsen vor. Ziel der Landesregierung ist es, insgesamt 2,2 Prozent der Landesfläche als sogenannte Vorrangflächen für Windräder auszuweisen.

Im Landkreis Harburg sind es danach 2,77 Prozent der Fläche, auf denen Windkraftanlagen gebaut werden sollen. Die Analysen des Umweltministeriums zeigen, dass grundsätzlich auf 8,32 Prozent der Fläche im Landkreis Windräder möglich wären. In die genauen Vorgaben flossen etwa Bevölkerungsdichte, Art und Umfang der Besiedelung, Abstände, Waldflächen und auch Vogelschutzgebiete ein.

Windkraft: Kreisverwaltung überrascht von der Zielvorgabe

Die Kreisverwaltung zeigte sich überrascht über die vom Land ausgewiesene Zielvorgabe für Windenergieflächen – vor allem im Vergleich mit anderen Regionen, will die Unterlagen des Landes, sobald sie vorliegen, genau prüfen. „Wir werden die Berechnungsgrundlagen analysieren und entsprechend Stellung nehmen“, heißt es aus der Verwaltung.

„Auf den ersten Blick hat es den Anschein, dass das Potenzial im Landkreis Harburg überschätzt wird.“ So würden Autobahnen, von denen es im Landkreis Harburg überdurchschnittlich viele gebe, und die 40-Meter-Anbauverbotszone zwar als Ausschlussgebiete behandelt, die sich daran anschließende Baubeschränkungszone (weitere 60 Meter) werde in der Potenzialstudie aber weder als Ausschluss noch als Raumwiderstand berücksichtigt. Auch bei den Vogelschutz- und den sogenannten Flora-Fauna-Habitat-Gebieten gebe es noch Fragen.

Niedersachsen will spätestens im Jahr 2040 klimaneutral werden

Grünen-Landtagsabgeordnete Nadja Weippert aus Tostedt fordert, dass die vom Land beschlossenen Vorgaben nun in die gestartete Änderung des Regionalen Raumordnungsprogramms 2025 (RROP) des Landkreises einfließen müssen. „Dass jetzt Klarheit herrscht, weil jeder Landkreis genau weiß, wie groß sein eigener Beitrag zum Gelingen der Energiewende sein wird, ist ein wichtiges Signal des Aufbruchs“, so Weippert.

Die Entscheidung darüber, wie groß die Vorrangflächen in jedem einzelnen Landkreis sein müssen, sei die Grundlage für das übergeordnete Ziel, die Klimaneutralität Niedersachsens spätestens im Jahr 2040 zu erreichen. „Wir wissen jetzt, was zu tun ist. Wir kennen unseren Landkreis und müssen jetzt schnell damit beginnen, die Flächenvorgaben in den Neubau von Windrädern umzusetzen.“

Der Landkreis Harburg müsste kräftig Flächen ausweisen

Das RROP 2025 sieht im Landkreis Harburg insgesamt 26 Flächen für raumbedeutsame Windenergieanlagen vor. Die installierte Leistung der genehmigten Anlagen beträgt rund 205 Megawatt. „Das bedeutet, dass derzeit im Landkreis Harburg rund 550 Hektar als Vorranggebiet Windenergie ausgewiesen sind. Das liegt unter der landesweiten Zielmarke“, bestätigt Kreissprecher Andres Wulfes auf Abendblatt-Anfrage. Der Landkreis Harburg müsste kräftig Flächen ausweisen, um das Landesziel zu erreichen. „Nach dem Landeswert sind im Landkreis insgesamt 3456 Hektar für Windenergie bereitzustellen – also zusätzliche 2906 Hektar“, so Wulfes.

Bedeutet: Der Landkreis muss nachlegen und weitere Flächen als bisher für Windkraft ausweisen. Aktuell liegt die Zahl der errichteten Windenergieanlagen im Landkreis Harburg bei 69. 16 weitere sind genehmigt. Drei befinden sich derzeit im Genehmigungsverfahren. Für sechs Bereiche wurde ein Repowering von Anlagen beziehungsweise ein Neugenehmigungsverfahren angekündigt.

Windkraft: 69 Anlagen im Landkreis Harburg

Dass der Landkreis damit weit unter der von der niedersächsischen Landesregierung gesetzten Zielmarke für Windenergieanlagen liegt, begründet die Kreisverwaltung wie folgt: Der Landkreis sei landesweit überdurchschnittlich bei der Bevölkerungsdichte – bei tendenziell wachsender Bevölkerung – und der Verkehrswegeausstattung.

Zudem gebe es viele Großschutzgebiete wie die Lüneburger Heide oder die Landschaftsschutzgebiete sowie aufgrund der Nähe zu Hamburg zahlreiche Gewerbegebiete, die eine Flächenausweisung für Windenergienutzung einschränkten.