Hermannsburg. Autorin Carolin George hat sich auf den Weg gemacht und gibt Tipps für schöne Ausflüge. Heute geht's nach Hermannsburg.

Sie ist der Inbegriff des Frühlings und wächst an Orten, wo manch einer ihrer Artgenossen sich noch zurückhält: die Birke. „Sie steht für Lebensfreude und Leichtigkeit“, sagt Dietlind Rodehorst, lächelt ein wenig verschmitzt und fährt dann fort: „Deshalb ist meine Übung an einer Birke, fünf Minuten zu lachen. Das kann eine echte Aufgabe sein.“ Jetzt lacht die Yoga-Trainerin selbst, wenn auch keine fünf Minuten. Schließlich weiß sie genau, wie lang fünf Minuten werden können.

Dietlind Rodehorst ist 53 Jahre alt, lebt in der Südheide und arbeitet im Bereich Buchhaltung und Zahlungsverkehr. Aufgewachsen auf einem Bauernhof in Baven bei Hermannsburg, hat sie es schon als Kind geliebt, wenn ihr Vater mit ihr in den Wald ging. „Wenn die Birken erzählen könnten…“, sagt sie. „Das würde ich furchtbar gerne hören.“

Natur- und Landschaftsführerin nimmt Kontakt zu Bäumen auf

Da die Fröhlichkeit und Frische ausstrahlenden Bäume genauso wenig sprechen können wie ihre häufigen Nachbarn, die Kiefern, nimmt die zertifizierte Natur- und Landschaftsführerin auf andere Weise Kontakt zu ihnen auf: Seit 2019 bietet sie Kurse im Baum-Yoga im Tiefental rund um den Eicksberg im Naturpark Südheide an. Auf die Idee kam die gelernte Bankkauffrau, als sie den Lehrgang zur Landschaftsführerin besuchte – als Ausgleich für die Arbeit im Büro und weil sie die Natur ihrer Heimat Gästen zeigen wollte. Für die Abschlussarbeit sollte jeder aus der Gruppe eine Idee für eine Führung durch die Heide entwickeln. „Ich habe mein Yoga mit den Bäumen hier am Eicksberg verknüpft.“

Seit 2019 bietet Dietlind Rodehorst Baum-Yoga-Kurse an.
Seit 2019 bietet Dietlind Rodehorst Baum-Yoga-Kurse an. © Carolin George

Sich selbst verknüpft sie mit der Landschaft ebenso: Ganz in leuchtendem Lila gekleidet führt sie durch die Heide, weist auf dem Weg vom Parkplatz zum Yoga-Ort immer wieder auf Besonderheiten von Flora und Fauna hin – ob sie einen seltenen Bläuling-Schmetterling entdeckt oder einen hier wohl noch selteneren Strauch Glockenheide, eine Babybuche oder eine Minikiefer inmitten der Besenheide.

Fast noch häufiger als die Birke ist der zweite typische Pionierbaum in der Heide verbreitet, also ein Baum, der sich vor allen anderen an einem Ort niederlässt. Und das ist die Kiefer. „Gucken Sie mal, da hinten, diese beiden wunderbaren Exemplare“, sagt Dietlind Rodehorst und zeigt auf zwei frei stehende Kiefern in der Senke des Tiefentals, ein von der Eiszeit in die Misselhorner Heide gegrabenes Trockental.

Dieser Ort ist übrigens sogar ein bisschen berühmt. Pastor Ludwig Harms, Gründer der Hermannsburger Mission, wanderte an dieser Stelle 1860 mit einer Schar Pilger und bezog die Landschaft in seine Predigt ein. Vielleicht führt deswegen einer von zwei Wegverläufen des Jacobusweges Lüneburger Heide hier entlang.

Was die Yoga-Lehre mit Bäumen verbindet

Was der Pfarrer damals wohl gedacht haben mag über die Bäume rings um ihn herum, weiß Dietlind Rodehorst natürlich nicht. Stattdessen erzählt sie etwas über die Bedeutung, die die Yoga-Lehre mit diesen uralten Lebewesen verbindet. „Die Kiefer steht für Neuanfang und Mut, für Zuversicht nach Erschöpfung, Vitalität und Lebenswillen“, sagt sie. „Es geht darum zu klären, zu erden und den eigenen Weg zu gehen.“

Viele Themenrad-Touren führen durch die Misselhorner Heide und das Tiefental.
Viele Themenrad-Touren führen durch die Misselhorner Heide und das Tiefental. © Carolin George

Bei den Kelten galt die Kiefer als Feuerbaum. Die Ägypter haben ihr Harz für die Mumifizierung genutzt, die Indianer verwenden es für ihre Schwitzhütten. Und der Zeitgenosse setzt es zum Desinfizieren und als öligen Badezusatz ein. „Mich fasziniert an der Kiefer, dass sie überall wächst“, sagt die Yoga-Trainerin. „An der Küste mit salziger Luft, in der Kälte Sibiriens, in den Bergen und in der kargen Heide. Sogar die Eiszeit hat sie überstanden.“

Grund genug, sich ein wenig Kraft abzuschöpfen von diesem Baum, der, wenn er genügend Raum um sich herum hat, niemals wächst wie eine Geschwisterkiefer, sondern immer unterschiedlich.

Energie aus der Natur schöpfen

Energie aus der Natur zu schöpfen, geht beim Yoga besonders gut, findet Dietlind Rodehorst. „Wer so einen Kurs mitmacht, entspannt sich in der Regel total. Wir lassen uns inspirieren von den Bäumen und nehmen etwas von ihnen mit. Wir nutzen ihre Nähe, um uns mit bestimmten Themen zu beschäftigen. Die Themen sind immer auch Lebensthemen.“

Die Sommertage auf diese besondere Weise zum Auftanken und Regenerieren zu nutzen, das tun beim Baum-Yoga sowohl Urlauber als auch Einheimische, die auch sonst ihre Kurse besuchen. „Man spürt hier draußen einfach viel mehr als drinnen“, sagt die 53-Jährige. Bei der Auswahl der Übungen orientiert sich Dietlind Rodehorst an dem Buch „Baum-Yoga“ von Satya Singh und Fred Hageneder.

Gehört zu einer Stunde Baum-Yoga natürlich auch dazu: die Baumhaltung
Gehört zu einer Stunde Baum-Yoga natürlich auch dazu: die Baumhaltung © Carolin George

Die beiden Autoren, Yoga-Lehrer und Kenner der Kultur- und Religionsgeschichte der Bäume, wollen darin die beiden Welten aus Yoga und Baumlehre zusammenbringen. Denn die Wirkung mancher Übungsreihen und die Wirkung von Bäumen auf das menschliche System seien teilweise bestechend ähnlich, schreiben die Autoren. „Praktiziere Yoga unter einer Eiche, und die Stärke und Entschlossenheit, die dieser Baum ausstrahlt, werden deiner Standhaftigkeit Gelassenheit hinzufügen“, heißt es zum Beispiel in dem Buch. „Oder unter einer Buche, das wird deine Disziplin und Klarheit erhöhen.“

Selbstverständlich darf eine Übung wohl bei keiner Yoga-Einheit inmitten von Calluna und Kiefern fehlen: Vrksasana, die Baumhaltung.

Tipps und Termine:

  • Der Baum-Yoga-Kursus von Dietlind Rodehorst beginnt am 14. Juli und ist dann bis 18. August jeden Donnerstag im Angebot. Treffpunkt ist um 18 Uhr der Parkplatz Eicksberg nahe Hermannsburg, Ende ist um 20 Uhr. Die Teilnahme kostet zehn Euro. Anmeldung per E-Mail an d.rodehorst@gmx.de. Termine, Infos und zahlreiche weitere Angebote rund um Yoga in der Lüneburger finden sich unter www.lueneburger-heide.de.
  • Am Wanderparkplatz Eicksberg gibt es eine kleine Schutzhütte, eine mobile Toilette sowie Picknicktische. Der Parkplatz ist von der Kreisstraße zwischen Oldendorf und Eschede ausgeschildert. Am Parkplatz beginnen verschiedene ausgeschilderte Wanderrundwege zwischen
    1,2 und 13 Kilometern, unter anderem der Naturerlebnispfad Misselhorner Heide mit zahlreichen Infotafeln über Geschichte und Natur der Gegend sowie thematische Fahrradrouten zwischen 22 und 50 Kilometern. Sie führen teilweise ins Gebiet der nahen Misselhorner Heide. Von Hermannsburg bis zum Parkplatz sind es etwa fünf Kilometer, vom Bahnhof Eschede zehn Kilometer.
  • Gastronomie: Vier Kilometer entfernt liegt der Gutshof im Oertzetal mit Restaurant und Biergarten. Wer mehr über den Prediger Ludwig Harms erfahren möchte, kann das Ludwig-Harms-Haus in Hermannsburg besuchen. Im Bauernhaus aus dem 19. Jahrhundert mit Garten und Terrasse gibt es auch ein Café mit Konditorei.
  • Im Barfußpark Egestorf gibt es einen Yoga-Wald mit neun Stationen, vom Ankommen über die Lebensenergie bis zum Sonnengruß können Besucher die Übungen selbst ausprobieren. Holzfiguren zeigen, wie die Haltung sein soll, zusätzlich gibt Infotafeln. Geführte Touren durch den Yoga-Wald gibt es am Sonnabend, 20. August, sowie 10. September 15 bis 17.30 Uhr mit Silke Möbus. Schnupper-Yoga ist montags von 14.30 bis 15.30 Uhr zwischen dem 18. Juli und dem 22. August möglich. 1,5 Stunden Lach-Yoga bietet Maria Sachs an am Freitag, 5. August, sowie 9. September. Infos zu Kosten sowie Anmeldungen zu den Kursen: www.barfusspark-egestorf.de