Buxtehude. Serie: Unterwegs in der Region – Autorin Carolin George hat sich auf den Weg gemacht und gibt Tipps für schöne Ausflüge
Wer einen Ausflug nach Buxtehude unternimmt, wird zwar so vielen Hasen und Igeln wie nirgendwo sonst begegnen. Die erste Begrüßung aber übernehmen andere: In Buxtehude krakeelen die Möwen so wunderbar kräftig wie an der Küste. „Ist doch kein Wunder“, sagt eine Dame in roter Jacke. „Die Nordsee ist schließlich nur 95 Kilometer entfernt.“ Und einen Tipp hat sie gleich auch noch parat: „Immer schön tief einatmen, unsere Luft ist jodhaltig!“ Los geht’s auf unsere Tour durch Buxtehude.
Eike Stapel-Tews, 74, pensionierte Lehrerin aus Moorende ein paar Kilometer die Este hinunter, trägt die rote Jacke der Buxtehuder Stadtführer. Auf dem Rücken, natürlich, sind Hase und Igel gedruckt: Denn an dem Märchen, 1846 im Hannoverschen Blatt erstmals auf Platt veröffentlicht und später von den Grimms in ihre Sammlung aufgenommen, kommt hier niemand vorbei. Schon auf dem Weg vom Bahnhof in die Altstadt begegnen wir den berühmtesten Tieren der Stadt: Der Altstadtverein ist mit seiner Aktion, überlebensgroße Hase- und Igel-Figuren zu verkaufen, äußert erfolgreich.
Überlebensgroße Buxtehuder Hasen und Igel – in Wunschfarben
Die Originale sind weiß, jeder Käufer kann die Sympathieträger so anmalen (lassen), wie es ihm gefällt – und für die Werbung am besten passt. Wo wir gerade bei Sympathieträgern sind: Ein solcher ist die ganze Altstadt. Wer die zehn Minuten Bahnhofstraße bis zur Brücke über die Este geschafft hat, darf die nächsten Stunden durch ein Städtchen bummeln, das schnuckeliger und freundlicher kaum daherkommen könnte: mit schmucken Fachwerkfassaden, hübschen Gassen sowie den bei Bummlern heiß geliebten kleinen, inhabergeführten Geschäften.
Und mit einem kleinen Stück Holland: 959 erstmals urkundlich erwähnt, ist Buxtehude die erste deutsche Stadt, in der ganz bewusst (und künstlich) ein Hafen angelegt wurde. „Dafür holte der Stadtgründer Giselbert von Brunkhorst die Holländer zu Hilfe, die schon seit dem 11. Jahrhundert im Alten Land siedelten“, erzählt Eike Stapel-Tews. Die leiteten das Wasser der Este um die Stadt herum und nannten diese Befestigungsgräben „Viver“. Drei Sandinseln nämlich hatte es damals inmitten der moorigen Landschaft des Urstromtals der Elbe gegeben: Auf denen ließ der Erzbischof die Kirche, das Rathaus und ein Bürgerhaus bauen.
Alle übrigen Häuser wurden auf Eichenpfähle gesetzt, die nach der sogenannten Amsterdamer Methode ins Moor gerammt wurden. Die Este stauten sie im Bereich des heutigen Stadtparks, sodass das Wasser sogar eine Mühle antreiben konnte. Dort, am Stadtparksee, gibt es heute ein Café mit Sitzplätzen direkt auf dem Wasser, die Mühle an der Ritterstraße 16 ist heute Hotel sowie Wohn- und Geschäftshaus.
Kugeln auf dem Dach? Heißt: Das Haus ist abbezahlt
Zurück zu den Holländern: Die bauten in Buxtehude einen Hafen, um Handel treiben zu können. Vom Buxtehuder Fleth zur Elbe in Cranz sind es nur knapp zwölf Kilometer, bis zur Mühle in Buxtehude herrscht täglich Ebbe und Flut – der Tidenhub beträgt 2,80 Meter! Und dort, im alten Hafenbecken, liegt noch heute das letzte Frachtschiff der Buxtehuder Flotte: Margareta von 1897. Die Margareta ist ein Ewer, also ein für tideabhängige Gewässer typisches Frachtschiff mit flachem Boden. Westfleth und Ostfleth heißen die Straßen rechts und links des Gewässers, das wirkt wie eine holländische Gracht – und wie Holland es so an sich hat, liegt die Entspannung hier so greifbar in der Luft, dass es schwer ist, in Hetze zu bleiben oder gar zu verfallen.
Wenn Sie am Fleth auf die Dächer der Häuser blicken, sich über die Kugeln auf dem First wundern und gerade keine Stadtführerin bei sich haben, die Sie danach fragen können: Dann wissen Sie nach den nächsten Zeilen trotzdem, was diese zu bedeuten haben. Sie sind, besser gesagt waren, das Zeichen dafür, dass das jeweilige Haus abbezahlt ist. „Und wer danach noch Geld übrig hatte und dies auch zeigen wollte, beschäftige Handwerker“, erzählt Eike Stapel-Tews. „Die verzierten die Fassaden.“ Besonders prächtige Exemplare werden Sie an der Brücke über das Fleth sehen, dort, wo die Breite Straße auf das Gewässer zukommt.
Das alte Hafenbecken ist regelmäßig Schauplatz eines riesengroßen Spektakels: die „einstürzenden Sommerbrücken“. Studierende des Bauingenieurwesens der Hochschule 21 bauen Brücken, die zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt zusammenkrachen sollen – und zwar genau dann, wenn die Erbauer exakt auf der Mitte der Brücke stehen. „Das ist wirklich ein großer Spaß“, sagt die pensionierte Lehrerin und lacht. Und welche Häuser sollten Ausflügler beim Bummel durch Buxtehude nicht verpassen?
Da wäre das Historische Rathaus, Breite Straße 2. Nach dem großen Stadtbrand 1911 wurde es neu gebaut. Interessant ist nicht nur der prächtige Ratssaal, sondern auch ein ganz besonderes Angebot der Stadt: die Artothek. Dort kann man Kunst für Zuhause ausleihen, ob Gemälde oder Skulpturen, und das zu dem Wahnsinnspreis von sechs Euro für drei Monate. Um die Ecke wartet die gotische Gewölbebasilika St. Petri auf Besucher, „von ihrem Turm aus können Sie bis zum Hamburger Hafen und darüber hinaus blicken“, schwärmt die Stadtführerin.
Bauzeit der Kirche: etwa 100 Jahre. Noch einmal um die Ecke, in der Langen Straße 25, liegt das Bürgerhaus von 1548, eines der drei auf Sand gebauten Häuser und heute Gastronomie. Wenn Ihnen die Form des Portals bekannt vorkommt, dann haben Sie mit Sicherheit schon einmal einen Spaziergang durch eine andere kleine Hansestadt in der Umgebung gemacht: Das Portal ist nach Lüneburger Art gemauert, also in gotischer Form mit einem Taustein, auch „Lüneburger Kordel“ genannt.
Und dann gibt es noch fünf Häuser in Buxtehude, die mit Holz im Fachwerk gebaut wurden, das krumm ist. Diese faszinierende Rarität finden Sie unter anderem am Westfleth Ecke Breite Straße, in der Abtstraße sowie auf der Traufenseite im Hinterhof Lange Straße 37. Und noch ein Tipp von Eike Stapel-Tews, der nicht im Stadtführer für Touristen steht: Das ist das Gässchen Hoyers Gang zwischen St. Petri und dem Ostviver. Nur ein paar Meter kurz, aber so sympathisch-schnuckelig wie die ganze Stadt.
Buxtehude ist sowohl mit der S-Bahn als auch mit der Regionalbahn zu erreichen. Am Wochenende verkehrt der Elbe-Radwanderbus, der von hier aus unter anderem nach Kehdingen und Finkenwerder fährt. Vom Bahnhof sind es rund zehn Minuten zu Fuß in die Altstadt.
Am Wochenende 8. und 9. Juli heißt es „Hanse Ahoi“: Mit dem Fest rund um Hafen und Hafenparkplatz feiert Buxtehude ihren Status als Hansestadt. www.hanse-ahoi.de
Auf dem St.-Petri-Platz an der Kirche gibt es jeden Donnerstag ab 16 Uhr Straßenkunst – meist Musik, manchmal Comedy oder Kleinkunst wie eine Seifenblasen-Show oder auch Jonglage. Die Veranstaltungen sind kostenfrei, um Spenden in den Hut wird gebeten. www.kleinkunst-igel.de
Klassische Stadtführungen starten jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend um 14 Uhr, sonn- und feiertags um 11 Uhr. Treffpunkt ist das Historische Rathaus, Breite Straße 2. Außerdem gibt es Themenführungen. Am Montag, 27. Juni, 14 Uhr gibt es zum Beispiel eine Runde ganz speziell zum Thema Hexenprozesse. Leichtere Kost versprechen die Märchenhaften Stadtspaziergänge oder die Touren mit dem Hasen, dem Igel, dem Hansekaufmann, dem Nachtwächter, der Altländerin Marie oder dem berühmtesten Bürger der Stadt, Magister Halepaghe, dargeboten von Eike Stapel-Tews. www.buxtehude.de/stadtfuehrungen
In der Innenstadt gibt es freies W-LAN. An der Ecke Lange Straße/ Am Geesttor stehen Boxen zur Verfügung, in denen Gepäck oder Fahrräder abgeschlossen werden können.
Wer Buxtehude kennt und/ oder etwas weiter laufen will, besorgt sich in der Tourist-Information im Rathaus die Broschüre mit dem Titel „Auf den Spuren von Weidenröschen und Wachtelkönig“ – darin beschrieben sind acht Wanderwege rund um Buxtehude. Lieblingsweg von Eike Stapel-Tews: entlang der Este. www.wandern-in-buxtehude.de
Für Kunstinteressierte gibt es die kleine Broschüre „Kulturpfad“ mit Beschreibungen von zwölf Kunstwerken im öffentlichen Raum in Buxtehude.