Rönne/Winsen. A39 sollte als Umleitung für Elbbrücken-Sperrung dienen. Doch die Arbeiten überschneiden sich. Betreiber zieht Konsequenzen.
Das bislang nur von einigen Unkenrufern befürchtete Worst-Case-Verkehrsszenario für den östlichen Landkreis Harburg tritt tatsächlich ein. Während der Vollsperrung der Elbbrücke zwischen Rönne und Geesthacht steht die geplante Umleitung über die A 39 nur stark eingeschränkt zur Verfügung.
Die bereits laufenden Sanierungsmaßnahmen auf der A 39 zwischen Winsen-Ost und Winsen-West sind so stark im Verzug, dass die Autobahn GmbH des Bundes nun den Auftragnehmer entlassen hat und den Auftrag neu ausschreibt. Die Autobahn GmbH erhofft sich davon, die Sanierung nun bis zum Ende der niedersächsischen Sommerferien abschließen zu können.
Autobahn-Sanierung verzögert: Umleitung nur eingeschränkt
Damit ist die A 39 während der gesamten geplanten Vollsperrung der Elbbrücke Elbmarsch-Geesthacht in beide Richtungen nur einspurig befahrbar. Geplant war ursprünglich, dass die Autobahn während der Brückensperrung im vollem Umfang zur Verfügung steht, um den Brücken-Umleitungsverkehr entweder in Richtung Lauenburg oder in Richtung Hamburg bewältigen zu können. Nun drohen Staus auf der A 39 und Sekundärstaus auf den Ausweichstrecken.
Die Autobahn GmbH bedauert die Entwicklung: „Die Bauarbeiten starteten pünktlich und mit der schriftlichen Vereinbarung, die Arbeiten auf der A 39 bis zur Brücken-Vollsperrung am 4. Juli fertigzustellen“, sagt Autobahn.-Sprecher Christian Merl. „Später hat der Auftragnehmer unsere Außenstelle Lüneburg in Kenntnis gesetzt, dass die Arbeiten mindestens acht Wochen länger dauern werden. Wir haben daraufhin einen optimierten Bauablauf mit dem Auftragnehmer besprochen, der eine rechtzeitige Fertigstellung sichergestellt hätte. Der Auftragnehmer hat diesen Lösungsvorschlag abgelehnt.“
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Als wäre das nicht genug, ergeben sich auch bei der Brückensanierung neue Schwierigkeiten. Die Schäden an dem Bauwerk beim Geesthachter Stauwehr sind schlimmer als befürchtet. Als Stellen des Bauwerkes freigelegt wurden, die ansonsten nicht einsehbar sind, zeigten sich im stählernen Brückenkörper größere Risse, als angenommen. Vor allem Im Bereich der Fuß- und Radwege wo man – wenn überhaupt – nur geringe Schäden vorausgesagt hatte. Zumindest einen dieser Wege bis zur Sperrung zu sanieren, wird damit unmöglich.
Elbmarsch-Bürger haben ihre Arbeitsplätze in Geesthacht
Die Menschen zwischen Drage und Tespe in der Harburger Gemeinde Elbmarsch sind in besonderer Weise auf die Brücke angewiesen: Das direkt auf der anderen Elbseite gelegene Geesthacht ist nur unmerklich kleiner als die etwas weiter weg gelegene Kreisstadt Winsen. Viele Elbmarsch-Bürger haben ihre Arbeitsplätze in Geesthacht oder Bergedorf. Sie kaufen in Geesthacht ein oder haben dort ihre Ärzte. Dass zumindest Radfahrer und Fußgänger hier während der Brücken-Vollsperrung immer noch die Elbe queren können, ist für die Elbmarsch-Bürger deshalb sehr wichtig.
Darum sollte der stromab gelegene westliche Geh- und Radweg auch vor der Vollsperrung nicht nur saniert, sondern auch verbreitert werden. In den 1960er-Jahren wurde er auf eine schmale Breite von 1,60 Metern dimensioniert. Mischverkehr von Fußgängern und Radfahrern ist mit so einer Breite heute kaum noch genehmigungsfähig, Begegnungsverkehr schon gar nicht. Der Plan war, die westliche Nebenfläche auf zweieinhalb Meter zu verbreitern. Das soll immer noch geschehen, nun aber erst nach der Vollsperrung. Während der Sperrung müssen die Fußgänger und Radfahrer die 1,6 Kilometer von Deich zu Deich auf dem 1,60 Meter schmalen Streifen bewältigen.
Auch die Roller-Idee ist gescheitert
An die ventilierte Idee, an den Brückenenden Leih-Elektroroller bereitzustellen, ist damit überhaupt nicht mehr zu denken. Allerdings ist dieser Plan ohnehin verworfen, seit der Rollerverleiher, der dem Landkreis ungefragt ein Angebot unterbreitet hatte, seine Preisvorstellung konkretisierte. Während der Sperrung werden auf beiden Seiten der Brücke Park-and-Bike-Anlagen entstehen, so dass Pendler mit dem Auto bis dorthin fahren und dann auf ihr Brückenrad umsteigen, das sie dort stehen haben, wie Bahnpendler ein Bahnhofsrad am Arbeitsort. Außerdem soll die KVG den Busverkehr von Rönne nach Winsen höher takten.
Die Elbbrücke wurde 1966 zusammen mit dem Geesthachter Wehr gebaut, das die Gezeitenwirkung der Elbe hier unterbricht. Sowohl Wehr als auch Brücke waren eine Reaktion auf die Sturmflut von 1962.