Winsen. Im Schlosspark soll für neun Millionen Euro Neubau entstehen. Hierfür müssen allerdings Bäume fallen – das sorgt für Empörung
Obwohl für einen Bibliotheksneubau Bäume im Winsener Schlosspark gefällt werden müssen und es unter anderem hierzu Kritik von Seiten der Winsener Grünen gibt, hält die Stadt an ihrem Vorhaben fest. In einer Sitzung am 23. Mai soll der Stadtrat eine „Grundsatzentscheidung“ treffen, damit dann Fördermittel beantragt werden können.
Die Grünen hatten im jüngsten Planungsausschuss allerdings eine Umweltverträglichkeitsprüfung für den geplanten Neubau gefordert, da der aktuelle Bebauungsplan „Hinter den Höfen“ den Erhalt der Bäume im Schlosspark vorsieht.
Bebauungsplan wird zugunsten der Bibliothek verändert
Eine derartige Prüfung finde in einem sogenannten beschleunigten Verfahren aber gar nicht statt, berichtet Katja Bendig als Pressesprecherin des Landkreises Harburg. Die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises konnte also weder zustimmen, noch ablehnen. „Die Stadt hat die Planungshoheit und kann unter bestimmten Bedingungen beschließen, dass ein beschleunigtes Verfahren angewandt wird“, erklärt Bendig. „Das Bibliotheksgebäude kann trotz der Fällungen gebaut werden“, berichtet Stadtsprecher Theodor Peters. Der Bebauungsplan werde zugunsten der Bibliothek verändert.
Die Kosten für den Bau belaufen sich auf rund neun Millionen Euro, davon sollen rund 8,4 Millionen Euro als Fördermittel im Zusammenhang mit der Innenstadtsanierung eingeworben werden. Bis Anfang 2023 soll ein finaler Entwurf stehen, sodass ein Vergabeverfahren folgen kann. Der Baustart ist für März 2024 vorgesehen, im Dezember 2025 soll die Bibliothek voraussichtlich fertig sein.
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Insgesamt sechs Bäume müssen dafür weg. Der Wertvollste unter ihnen ist eine 70 Jahre alte Buche. Neupflanzungen im Schlosspark sollen den Verlust ausgleichen. „Ob diese Bäume jemals wieder Schatten spenden, ob sie überhaupt so groß werden, ist unter den aktuellen klimatischen Vorzeichen nicht gesagt“, kritisiert Margot Schäfer, Grünen-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat.
Derweil häufen sich die Stimmen von Kritikern in der Stadt
Derweil häufen sich die Stimmen von Kritikern in der Stadt, auch in den sozialen Netzwerken wie Facebook wird hitzig über das Projekt diskutiert. Befürworter bewerten den Bau als zukunftsweisend, Kritiker bemängeln den Standort aufgrund fehlender Parkmöglichkeiten und die hohen Kosten. Auch dass erneut Bäume gefällt werden, erhitzt die Gemüter. Anfang 2021 hatten bereits etliche Baum zugunsten der Neugestaltung von Winsens Innenstadt gefällt werden müssen, schon damals sorgte das für viel Kritik.
Schäfer spricht von einer Zeitenwende in zweierlei Hinsicht, seitdem das Planungskonzept zur Bibliothek im Mai 2021 beschlossen wurde: „Zum einen gibt es diese massiven Klimaveränderungen, einen IPCC-Bericht, der uns eindeutig sagt, dass wir jetzt handeln müssen, zum anderen den Ukraine-Krieg und somit begrenzte Rohstoffe.“ Man müsse Prioritäten setzen, aktuelle Ereignisse in die Planung miteinbeziehen, fügt Schäfer hinzu. Sie gibt zu bedenken, dass die Kosten wegen des Krieges in die Höhe schnellen könnten. „Auch wenn wir den Planungen für eine neue Bibliothek grundsätzlich positiv gegenüberstehen, sollte die Stadt Projekte einer derartigen Bedeutung in der aktuellen Krisensituation erst einmal auf den Prüfstand stellen“, sagt die Fraktionsvorsitzende.
Die Grünen hatten ursprünglich das Grundstück neben der Alten Stadtschule als geeigneten Ort für eine Bibliothek vorgeschlagen – hier seien viele Schulen im Umkreis und außerdem der ZOB, so die Argumente. Bäume hätten hier nicht gefällt werden müssen. Mehrheitlich stimmten Winsens Politiker dann aber für den Standort neben dem Marstall. Warum aber sollte man gerade dort eine Bibliothek bauen, wo Winsen ohnehin schon attraktiv ist? Hätten nicht andere Orte im Stadtgebiet eine Aufwertung nötiger? Im Betriebskonzept heißt es dazu erklärend: „Besucherinnen und Besucher der Bücherei sollen in die Innenstadt ,gelockt’ werden, hier für Frequenz sorgen und die ,Herzkammer der Stadt’ mit Leben füllen.“
Pläne sind mit Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt
Zu ihrem Entwurf kam die Stadt in Abstimmung mit dem Landeskonservator Klaus Püttmann vom Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege. Als historische Grundlage diente eine Zeichnung aus dem Jahr 1650, die ein Gebäude neben dem Marstall vorsieht. Hierzu wurden moderne Elemente kombiniert: viel Glas und begrünte Dächer. Ein großzügiger und vor allem offener Innenraum ist geplant. Auf bauliche Raumtrennungen will man möglichst ganz verzichten, um die Aufteilung im Innenbereich nicht festzulegen und flexibel gestalten zu können.
Eine nötige Entscheidung zum Neubau wollte die Stadtverwaltung schon Ende März in einem Umlaufverfahren herbeiführen. Auch das sorgte für Kritik. Die Grünen stellten sich quer. Resultat ist der neue Termin am 23. Mai und die Möglichkeit eines Beschlusses aller Ratsmitglieder nach politischer Debatte.
Das sind die Pläne für die neue Stadtbibliothek:
- Der Bibliothekskomplex soll aus zwei Gebäuden bestehen, einem zwei- bis dreigeschossigen Haupthaus und einem zweigeschossigen Nebenbau. Als verbindendes Element fungiert ein Glasbau. Zwischen beiden Gebäuden entsteht ein Innenhof. Welche Materialien verwendet werden, ist noch nicht final entschieden. Als Materialien für die Fassade favorisiert die Verwaltung Faserzement oder keramischen Fassadenplatten. Große Glaselemente sollen für Helligkeit sorgen. Zudem sind schräge, begrünte Dachflächen geplant.
- Im Erdgeschoss sollen die Medienausleihe, -präsentation und die Bibliothek der Dinge sowie ein Kinder- und ein Personalbereich mit sechs Arbeitsplätzen und einem Büro für die Bibliotheksleitung untergebracht werden.
- Im ersten Obergeschoss ist ein Lese-Café geplant. Von hier aus haben Besucher außerdem Zugang zur Dachterrasse. Zudem sollen dort die Sachmedien und Arbeitsräume für Gruppen zu finden sein. Zum Schlosspark hin ist die Fläche für die Belletristik geplant.
- Im zweiten Obergeschoss stehen die Jugendbücher sowie audiovisuelle Medien. Außerdem soll hier eine Gaming Zone eingerichtet werden.