Buxtehude. Studenten der Hochschule 21 in Buxtehude gewinnen bundesweiten Wettbewerb. Das ist das Besondere an ihren Ideen für mehr Klimaschutz.

Plattenbauten, 70er-Jahre Schachtel-Architektur und schlichte Fassaden: Die viergeschossigen Wohnhäuser rechts und links der Altländer Straße in Buxtehude sehen nicht gerade nach besonders energiesparenden, modernen Gebäuden aus.

Genau aus diesem Grund hat sich eine Gruppe von Studierenden der Buxtehuder Hochschule 21 dieses Quartier als Beispiel für ihren Beitrag zu einem bundesweiten Ideen-Wettbewerb ausgesucht, den die Initiative „Effizienzhaus Plus“ ausgelobt hatte. Wohl eine ausgezeichnete Idee, denn sie gewannen den Wettbewerb.

Effizienzhaus Plus gewinnt vor aktuellen Entwicklungen an Bedeutung

Die Initiatoren des Wettbewerbs, darunter das Bundesbauministerium, setzen sich für mehr Klimaschutz beim Bauen ein. Effizienzhaus Plus meint dabei in der Regel komplexe Neubauten, die mit mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen. Ein Ziel, dass durch den Ukraine-Krieg und mögliche Engpässe bei Gas und Öl neben dem Klimaschutz an Aktualität gewonnen haben dürfte.

„Wir wollten zeigen, dass so etwas auch mit Sanierung im Bestand funktioniert“, sagt Architektur-Student Johannes Isheim. Nicht nur das: Isheim und seine Kommilitonen aus den Bereichen Architektur und Bauingenieurwesen nahmen sich für ihren Beitrag zum klimagerechten Bauen eben nicht wie sonst oft üblich ein einzelnes Haus. Sondern gleich ein ganzes Quartier soll diesen Plus-Standard im Zusammenspiel aller Gebäude erreichen. Mit dem Beispiel dieser realen Gebäude wollten sie theoretisch zeigen, was heute schon möglich sein könnte – ohne, dass die Häuser tatsächlich umgebaut werden.

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Mit diesem Ansatz überzeugen sie die Jury und räumten in der Kategorie „Studentische Projekte“ den ersten Platz samt einem Preisgeld von 8000 Euro ab. Was für die Buxtehuder Hochschule ein schöner Erfolg sein dürfte, weil sie mit zwei anderen Gruppen in dieser Kategorie auch noch einen zweiten und einen Anerkennungspreis gewinnen konnte. Betreut wurden alle drei Gruppen von Professor Martin Kusic, der die Fächer Bauphysik, Gebäudetechnik und Entwerfen lehrt. „Die Kombination so vieler verschiedener Technologien hat hier wohl überzeugt“, sagt er.

Professor Martin Kusic mit den Studenten Maria Garbus, Julia Reinholz, Björn Bergmann und Johannes Isheim in ihrem Beispiels-Quartier in Buxtehude.
Professor Martin Kusic mit den Studenten Maria Garbus, Julia Reinholz, Björn Bergmann und Johannes Isheim in ihrem Beispiels-Quartier in Buxtehude. © Unbekannt | Axel Tiedemann

Tatsächlich dürften die Vorschläge der Gewinnergruppe viele Anregungen bieten, wie Energie gespart und sogar erzeugt werden kann mit Gebäuden. „Das Haus wird selbst zum Kraftwerk“, erklärt Student Isheim. Mit einem Neubau wäre ein solches Ziel gut zu erreichen. Aber 75 Prozent aller heutigen Wohnungen sind zu einer Zeit gebaut worden, als man sich um Klimaziele noch wenig Gedanken gemacht hat. Auch in Buxtehude zeigt sich angesichts einer kürzlich ermittelten Klimabilanz, dass die hauptsächlichen Verursacher von C02-Emissionen private Erdgas-Heizungen sind. Hier setzten die Buxtehuder Studenten mit ihren Ideen an. „Grau zu Grün“, so betitelten sie ihr Projekt: Die flachen und nun begrünten Dächer nutzen sie beispielsweise, um nahezu flächendeckend Mikro-Windanlagen und Photovoltaik darauf zu installieren.

Gebäudehüllen mit Holzskelett und neue Stroh-Lehm-Dämmung

Die Gebäudehüllen werden ihren Vorschlägen zufolge um ein Holzskelett ergänzt, das auch die zusätzlichen Lasten auf dem Dach trägt und eine neue Stroh-Lehm-Dämmung umfasst. Eine Maßnahme, die aus Sicht von Architektur- Professor Kusic besonders zukunftsweisend ist, weil Holz mit Blick auf den Klimaschutz der „Schlüssel“ zum modernen Bauen sei. Bei der Produktion von Beton werde hingegen besonders viel Co2 freigesetzt. „Sanierung ist daher immer nachhaltiger als Abriss und Neubau“, sagt auch Student Isheim.

Das Projekt „Grau zu Grün“ setzt neben Wind- und Sonnenkraft zudem auf eine weitere, alternative Energieerzeugung. So schlägt die Gruppe beispielsweise für ihr Modell-Quartier ein „Hubspeicherkraftwerk“ vor. Vier größere, 29 Meter hohe Windkraftanlagen sowie Photovoltaik-Module auf dem Dach treiben dort Elektromotoren an, die mit Wasser gefüllte Behälter langsam etwa 25 Meter hochziehen. Ähnlich wie bei einem Wasserpumpwerk wird beim Herablassen wieder elektrische Energie erzeugt, auch wenn keine Sonne mehr scheint oder kein Wind weht. Die so gespeicherte Energie würde reichen, um beispielsweise den gesamten Straßenlampenstrom durch die Nacht zu sichern, heißt es in einer Projektbeschreibung.

Eine andere Form der Speicherung von Wind- und Sonnen-Energie haben sich die Studenten auch für ein neues Parkhaus in ihrem Modell-Quartier überlegt. Dort könnte im größeren Maßstab mit Hilfe von Photovoltaik auf dem Dach Wasserstoff produziert werden, den dann die Bewohner für ihre Pkw nutzen können. Man könnte, so haben die Studenten errechnet, damit immerhin 60 Fahrzeuge pro Tag betanken. Auch das ein Beitrag zur Selbstversorgung.