Winsen/Luhe. Agentur für Arbeit rechnet für 2022 mit Beschäftigungsniveau von 2019. Kurzarbeit als Instrument der Stunde.

Welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf den Arbeitsmarkt im Landkreis Harburg hatte und hat, zeigt eine Zahl besonders deutlich: die Anzahl derjenigen Männer und Frauen, die bei der Agentur für das Arbeit das Thema Kurzarbeit zuständig sind.

Waren das 2019 noch 15 für insgesamt vier Agenturbezirke im nördlichen Niedersachsen, sind es jetzt mehr als 200. „Kurzarbeit ist das Instrument der Stunde“, sagte Geschäftsführerin Kerstin Kuechler-Kakoschke bei der Vorstellung des Arbeitsmarktberichts 2021 am Montagnachmittag in Winsen.

Arbeitsausfall lag meist zwischen 25 und 50 Prozent

Ganz aktuell würden wieder weniger Anmeldungen eingehen, nachdem die Kurve Ende 2021 noch einmal gestiegen war. Generell zeigten sich die Einschränkungen durch Lockdown-Maßnahmen sehr direkt, so Kuechler-Kakoschke: „Je mehr Lockdown, desto mehr Auswirkungen auf die Arbeitslosenzahlen und das Kurzarbeitergeld.“ Beispiel: Hatten im Februar vorigen Jahres, mitten im sogenannten Lockdown, 6800 keine Anstellung, waren es zum Ende des Jahres nur noch 5500.

Kurzarbeit anzuzeigen, wertet die Arbeitsmarktexpertin als positives Signal: „Es zeigt, dass die Unternehmen darauf setzen, dass es weitergeht und ihre Fachkräfte halten wollen.“ Zudem würden längst nicht alle Anträge auf Kurzarbeitergeld am Ende auch in Anspruch genommen. Insgesamt waren 2021 weniger Beschäftigte im Landkreis Harburg von Kurzarbeit betroffen als im Bundes- und Landesdurchschnitt: Die Quote lag bei 2,5 im Landkreis Harburg, die meisten davon aus dem Bereich verarbeitendes Gewerbe sowie dem Gastgewerbe.

Der Arbeitsausfall lag meist zwischen 25 und 50 Prozent. Zum Vergleich: In Hamburg lag der Anteil der Kurzarbeiter an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bei 4,2 Prozent.

Nach einer Arbeitslosenquote von 3,7 Prozent im Jahr 2019, stagnierte der Wert in den Krisenjahren 2020 und 2021 bei 4,4 Prozent. Waren 2019 exakt 5155 Menschen arbeitslos, stieg die Zahl 2020 auf 6166 und 2021 dann noch einmal minimal auf 6186.

Landkreis Harburg damit weit besser als Hamburg

Insgesamt steht der Landkreis Harburg damit weit besser da als der quasi größte Arbeitgeber des Landkreises: die Großstadt nebenan. Fast 47.000 Menschen pendeln aus dem Landkreis Harburg nach Hamburg zur Arbeit, und wenn die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze an der Elbe sinkt, dann steigt in Winsen die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen.

Die gute Nachricht: „Es geht aufwärts“, sagte Kerstin Kuechler-Kakoschke. Die Nachfrage nach Arbeitskräften zog zuletzt deutlich an, die freien Stellen werden wieder mehr. Aktuell sind im Landkreis Harburg mehr als 2000 Jobs zu haben. Mehr als 1000 davon in der Zeitarbeit, laut der Agenturchefin ein Indikator dafür, dass sich die Auftragslage der Unternehmen bessert. Weitere 750 freie Stellen meldet der Handel. Dass die Pandemie den Fachkräftemangel eindämmt, weil womöglich Arbeitsplätze wegfallen und entsprechend weniger gut ausgebildete Leute gesucht werden: Das ist ein Irrglaube. Das machte auch die Agenturchefin am Montag deutlich. „Der Fachkräftebedarf wird auch 2022 ein schwieriges Thema bleiben.“

Freie Stellen bleiben lange frei

Wie schwierig, zeigt schon jetzt die Anzahl der Tage, die freie Stellen frei bleiben – die Vakanzzeit. Im Bereich Pflege und Medizin dauert es 220 Tage, bis ein neuer Vertrag geschlossen wird. Im Metallbau 209 Tage, in Mechatronik und Elektrik 202 Tage. Auf alle Branchen verteilt liegt der Durchschnitt im Landkreis Harburg bei 152 Tagen – das ist mehr als im Bund (123 Tage) sowie im Land (122 Tage).

Als Strategie dagegen sieht die Geschäftsführerin zwei Wege: ausbilden und im Ausland rekrutieren. Gute Nachrichten hatte die Agenturchefin für die Bereiche Qualifizierung, Eingliederungszuschüsse, Berufsorientierung und ausbildungsbegleitende Hilfen. Für Maßnahmen aus diesen Bereichen stehen in diesem Jahr mehr als 24 Millionen Euro zur Verfügung.

Und die wohl wichtigste Nachricht zum Schluss: Vor der Pandemie hatte sich der Landkreis bereits auf die magische 3,0-Prozent-Marke bei der Arbeitslosenquote zubewegt. Das bedeutet Vollbeschäftigung. Nun ist diese Perspektive zwar in eine gewisse Ferne gerückt, aber nicht unrealistisch geworden. Die Agentur für Arbeit rechnet für den Landkreis Harburg für 2022 mit der Rückkehr auf das Vorkrisen-Niveau. Und danach, wenn auch der Arbeitsmarkt in Hamburg sich wieder erholt haben wird, könne die Richtung von 2019 wieder aufgenommen werden.