Seevetal . Stiftungen in der Region – Was sie bewegen, wer dahinter steckt: Die Spethmann-Stiftung, die schlicht zum Ziel hat, Menschen glücklich zu machen
13. Februar 2020: Im Hallenbad Buchholz herrscht Trubel. Denn die Schule An Boerns Soll, Förderzentrum für geistige Entwicklung, veranstaltet ihr 13. Schwimmfest für Menschen mit geistiger Behinderung. 325 Kinder und Jugendliche aus 18 verschiedenen Einrichtungen und 15 niedersächsischen Städten sind gemeldet. Sogar aus Kassel und Osnabrück sind junge Sportler und ihre Betreuer angereist. Um eine Veranstaltung dieser Dimension zu organisieren, braucht es Unterstützung. Mitveranstalter ist der Verein Special Olympics Niedersachsen, Förderer die Spethmann Stiftung mit Sitz in Seevetal.
Unter anderem finanziert die Stiftung die Medaillen für dieses Fest. Und davon werden viele verteilt, auch an Nichtschwimmer. Denn neben den Schwimmwettkämpfen gibt es auch Wettbewerbe für Wasserläufer. Die Siegerehrung steht unter dem Motto von Special Olympics: „Ich will gewinnen! Doch wenn ich nicht gewinnen kann, so will ich mutig mein Bestes geben.“ Sabine Domke, Öffentlichkeitsbeauftragte der Spethmann Stiftung, war an den Siegerehrungen beteiligt. „Den Stolz in den Augen der Kinder zu sehen, das Strahlen über das große Glück darüber, geehrt zu werden, ist wirklich berührend. Da geht einem das Herz auf.“
Andere glücklich machen – das war Laurens Spethmanns Anliegen
Andere glücklich machen – das war Laurens Spethmanns Anliegen, als er vor zwei Jahrzehnten gemeinsam mit seiner Frau Marianne die Stiftung gründete. Der Jesteburger Unternehmer war selbst stets von Fortuna begünstigt. 1953 wurde er Geschäftsführer der Ostfriesischen Teegesellschaft, baute sie aus, gründete die Teemarken Onno Behrends, Meßmer, Milford und Yasashi. Aufgrund seines Engagements war ihm im Jahr 2000 das Verdienstkreuz 1. Klasse des Niedersächsischen Verdienstordens verliehen worden, fünf Jahre später das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Laurens Spethmanns Leitspruch „Der Mensch steht im Mittelpunkt“ prägt die tägliche Stiftungsarbeit, die nach dem Tod des Gründers im vergangenen Sommer von Michael Spethmann im Sinne seiner Eltern fortgeführt wird.
Die Stiftung verfolgt ausschließlich gemeinnützige Zwecke. Sie fördert Kinder- und Jugendhilfe, insbesondere die Erziehung und soziale Integration junger Menschen. Sie engagiert sich für die Altenhilfe und das öffentliche Gesundheitswesen. Seit ihrem Bestehen fördert die Spethmann Stiftung über 400 Projekte, vorrangig im Landkreis Harburg.
„Die Unterstützung von Menschen mit Beeinträchtigung lagen Laurens Spethmann besonders am Herzen“, weiß Sabine Domke. Die regelmäßige Förderung der Buchholzer Schule An Boerns Soll, für die die Spethmann Stiftung neben dem Schwimmfest viele verschiedene Schulprojekte finanziert, ist nur ein Beispiel. Auch die integrative Lebens- und Arbeitsgemeinschaft (LeA) Neu Wulmstorf ist seit vielen Jahren fester Bestandteil der Stiftungsarbeit. Die von Eltern behinderter Kinder gegründete Initiative hatte sich das Ziel gesetzt, ein Wohnheim zu bauen, in dem ihr Nachwuchs im Erwachsenenalter leben und arbeiten kann. Mittlerweile leben 27 junge Männer und Frauen mit Beeinträchtigung in den Laurens-Spethmann-Häusern in Neu Wulmstorf.
Selbstverständlich profitieren aber auch gesunde Kinder
Für den Harsefelder Verein WoGee, der sich der Weiterentwicklung und Förderung von Wohn-, Arbeits- und Freizeitangeboten für Menschen mit geistiger Behinderung verschrieben hat, stattete die Stiftung einen Motopädie-Raum – einen Bewegungsraum mit therapeutischem Nutzen - mit Sprossenwänden, Turnmatten, Spiegeln und einer Therapie-Schaukel aus. Selbstverständlich profitieren aber auch gesunde Kinder und Jugendliche von der Stiftung.
Die Erich-Kästner-Realschule in Tostedt bekam ein Gartenhaus für ihren Biologie-Schulgarten, der Hollenstedter Bauernhofkindergarten Wilkenshoff ein Kletter- und Spielpodest für die Krippengruppe, die Grundschule Steinbeck ein Baumhaus. Die Leseratten der Mühlen-Schule Holm Seppensen durften sich über neue Bücher für die Klassenbibliotheken freuen und ein von der Stiftung finanziertes Abonnement des Hamburger Abendblattes ermöglicht es den Schülern der Oberschule Jesteburg, sich jeden Tag mit aktuellen Zeitungsmeldungen zu beschäftigen.
Wie die letzten beiden Beispiele zeigen, fördert die Stiftung gern auch kleine Projekte mit nur geringem finanziellem Aufwand. „Uns liegt am Herzen, nicht eine einzelne Einrichtung glücklich zu machen, sondern möglichst viele zu unterstützen“, erklärt Sabine Domke. Dabei ist die Zahl der Förderanträge bedingt durch die Pandemie deutlich zurück gegangen. Großveranstaltungen wie das Schwimmfest – unmöglich. Aber auch Planung und Durchführung von Schulprojekten – einst wichtiger Pfeiler der Stiftungsarbeit – hat in den vergangenen beiden Jahren viel seltener stattgefunden. Und von Seniorenheimen, die mit dem Alltag in Zeiten von Corona kämpfen und sich möglichst abschotten, kommen kaum noch Anfragen. Schon im vergangenen Jahr wurden nur knapp sechs Prozent der Stiftungserträge für die Altenhilfe ausgegeben.
„Würden sehr gern mehr für Senioren investieren!“
„Dabei würden wir sehr gern mehr für Senioren investieren, auch um unsere Fördermittel gleichberechtigter vergeben zu können. Doch in diesem Bereich suchen die Mittel momentan den Zweck“, sagt Sabine Domke. Sie beobachtet derzeit eine Zunahme von Anfragen für seelsorgerische Unterstützung von Kindern und Jugendlichen. „Wir geben in diesen Fällen Zuschüsse an die Schulvereine.“ Gleichzeitig fördert die Stiftung Online-Beratung. So wird künftig die Ausbildung von „Juuuport-Scouts“ unterstützt. Das sind junge Erwachsene, die Jugendliche über das Mobiltelefon beraten, zu Themen wie Cybermobbing, Medien, Daten-Missbrauch und -Spionage, das Recht am eigenen Bild oder sexuelle Gewalt im Internet.
Welche Anträge bewilligt werden, beschließt das Kuratorium gemeinsam bei zwei jährlichen Sitzungen, in denen die Anfragen gebündelt vorstellt werden. Kurzfristigere Anliegen werden online abstimmt. Die Anträge können direkt ans Stiftungsbüro gestellt werden. Erste Ansprechpartnerin ist hier Susann Hartwig. „Natürlich sind die Antragsteller begeistert, wenn ihr Projekt gefördert wird. Wir erhalten dankbare Rückmeldungen per Mail, Post oder Telefon. Michael Spethmann oder eines der Kuratoriumsmitglieder machen sich zuweilen vor Ort ein Bild und nehmen an Veranstaltungen der Förderprojekte teil“, berichtet sie. „Das macht vielleicht den Unterschied der Spethmann Stiftung zu großen Stiftungen aus. Wir sind klein, bemühen uns persönlich um die Anliegen und halten auch darüber hinaus gern Kontakt, denn eventuell gibt es förderungsfähige Folgeprojekte.“