Neu Wulmstorf. „Grundschule am Moor“ ist das bisher größte und teuerste öffentliche Bauvorhaben der Gemeinde. Warum es plötzlich so schnell vorangeht.
Noch vor einigen Wochen sahen Baustellenbesucher hier an der Neu Wulmstorfer Ernst-Moritz-Arndt-Straße nur eine riesige Sandfläche und erste Ansätze eines Fundaments: Doch inzwischen ist der Rohbau der neuen „Grundschule am Moor“ erstaunlich schnell vorangeschritten.
Derzeit montieren Bauarbeiter bereits die Wandelemente der oberen, dritten Etage des Multifunktionsgebäudes, das mit kalkulierten Baukosten von 26 Millionen Euro das bisher teuerste und größte öffentliche Bauvorhaben der Gemeinde ist. Und es ist eines, das eben durch seine besondere Bauweise sehr rasch heranwächst. Grund dafür ist eine von dem Bauunternehmen Goldbeck entwickelte Systembauweise.
Wandelemente werden mit fertigen Fenstern angeliefert
Die etwa 7,5 Meter langen Wandelemente werden mit fertigen Fenstern und Sonnenschutz-Jalousien aus dem Goldbeck-Werk in Hamm per Lkw angeliefert und dann mit Hilfe eines großen Telekrans an der Baustelle moniert. Sie bestehen aus einer relativ dünnen, und damit leichten Betonschicht samt Stahlrahmen, die die eigentliche Last aufnehmen und an Fixpunkten verschraubt werden. Das erlaubt eine schnelle und gleichzeitig passgenaue Montage. Drei statt üblicherweise etwa zwölf Monate werden so für den Rohbau benötigt, heißt es bei Goldbeck. Auch ganze Treppenanlagen wurden bereits fix und fertig eingebaut.
Später wird die Außenwand gedämmt und bekommt eine Klinker-Fassade, die dann ganz normal „Stein auf Stein“ gemauert wird, wie Goldbeck-Bauleiter Malte Wiegmann vor Ort erklärt. Das Unternehmen mit Stammsitz in Bielefeld ist Generalunternehmer und wird die Schule schlüsselfertig zu einem Fixkostenpreis übergeben. Was derzeit angesichts steigender Baupreise einige Vorteile für die Gemeinde haben dürfte. „Der Preis ist fest, das Risiko liegt bei der Firma“, sagt dann auch Miriam Rathmann, die für Neu Wulmstorf die Projektleitung für den Schulbau übernommen hat. Derzeit trifft sich eine Arbeitsgruppe der Verwaltung und der Schule wöchentlich zu Baubesprechungen, alle zwei Wochen gibt es eine Runde mit dem Generalunternehmen, um Detailfragen zu klären. Bisher kamen dabei offensichtlich keine größeren Probleme zur Sprache, die zu Verzögerungen führen könnten. „Wir sind komplett im Zeitplan“, sagt Projektleiterin Rathmann. Geplant sei nun, dass im April nach Ostern schon Richtfest gefeiert werden kann.
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Zur Feier sollen dann auch die Sportvereine eingeladen werden. Damit wolle die Gemeinde zum Ausdruck bringen, dass dieser Neubau eben mehr als nur ein Schulbau sei, sondern eben ein multifunktionales Gebäude, das von allen Neu Wulmstorfern genutzt werden soll. Geplant ist neben einer 5-zügigen Ganztagsgrundschule tatsächlich noch mehr: So bekommt der Ort mit dem Bau auch ein neues Veranstaltungszentrum für bis zu 450 Personen; Schiebewände sollen dabei eine flexible Nutzung ermöglichen. Gedacht ist dabei vor allem an Schulevents, kleinere Konzerte oder Veranstaltungen der Vereine. Gebaut wird auch eine neue Sporthalle mit Gymnastikraum.
Die neue Küche versorgt weitere Grundschulen und Kitas
Die neue Schule soll eine große „Frischküche“ erhalten, wo bis zu 1000 Essen täglich gekocht und dann an andere Grundschulen oder Kitas der Gemeinde geliefert werden können. In der neuen Grundschule wird zudem ein neues pädagogisches Konzept der „Mini-Schulen“ umgesetzt. Das bedeutet, jeweils einzelne Klassen 1 bis 4 werden zu kleinen eigenen Einheiten zusammengefasst, so dass kleine Schüler von größeren lernen können, während größere auch Patenschaften übernehmen.
Zum Raumprogramm gehören daher nicht nur die üblichen Klassenräume, sondern auch Gemeinschaftsflächen für die verschiedenen Mini-Schul-Einheiten. Die Fertigstellung des gesamten Komplexes ist für das Frühjahr 2023 geplant.
Hintergrund des Neubaus ist rasanter Bevölkerungswachstum
Hintergrund des Neubaus ist das rasante Bevölkerungswachstum von Neu Wulmstorf. Die alte Grundschule am Moor (direkt gegenüber von der jetzigen Baustelle) hat längst zu wenig Platz für steigende Schülerzahlen. Der Rat beschloss daher einen Neubau und den Abriss der alten in den 1960er Jahren gebauten und kaum noch genutzten Hauptschule. Eine Sanierung für eine Grundschulnutzung wäre laut Gutachter auf lange Sicht teuer als ein Neubau. Allerdings belasten die Baukosten den Neu Wulmstorfer Haushalt enorm, auch wenn die Gemeinde zu den gut 26 Millionen Euro eine Bundesförderung von 3,7 Millionen Euro erhält.
Doch es gibt beim Standortwechsel der Grundschule noch Hoffnung auf Einnahmen. Durch die dreigeschossige Bauweise wird nur ein Drittel des früheren Hauptschul-Grundstücks benötigt. Die restliche Fläche in zentraler Lage will die Gemeinde nun in den kommenden Jahren für den Wohnungsbau verkaufen.