Harburg. Nächster Sturm verursacht wieder viele Rettungseinsätze. Pegelstände fast auf Rekordniveau. Einrichtung der Strandhalle Over zerstört

„Xandra“, „Ylenia“, „Zeynep“ und nun noch „Antonia“: Die Region hat in den vergangenen Tagen stürmische Zeiten durchlebt. In so kurzer Zeit fegten die schweren Stürme über Bezirk und Landkreis Harburg hinweg, warfen Bäume um, deckten Dächer ab, sorgten für zahlreiche Unfälle und Rettungseinsätze.

Auch in der Nacht zu Montag gab es durch das Sturmtief „Antonia“ erneut viele Schäden und Rettungseinsätze, während gleichzeitig die Folgen durch die anderen Stürme noch gar nicht behoben worden sind.

Heimfelder Straße in Harburg komplett gesperrt

Heikel gestaltete sich beispielsweise ein Fall in Harburg. Hier war, wie berichtet, durch den Orkan „Zeynep“ eine Baum auf ein Mehrfamilienhaus gekippt. Auch drei Tage danach lag die 20 bis 25 Meter Hohe Fichte noch in der wackeligen Position, drohte zwischen der Apotheke im Niedersachsenhaus und einem Wohnhaus auf die Straße zu stürzen. Die Heimfelder Straße musste zwischen Homannstraße und Milchgrund voll gesperrt werden. Die Bushaltestellen Lohmannsweg und Thörlstraße konnten nicht bedient werden. Polizisten sicherten die Gefahrenstelle, weil immer wieder Fußgänger versuchten, die Absperrung zu überwinden.

Die Polizei sicherte die Sperrung an der Heimfelder Straße. Hier drohte eine Fichte neben der Apotheke im Niedersachsenhaus auf die Straße zu fallen.
Die Polizei sicherte die Sperrung an der Heimfelder Straße. Hier drohte eine Fichte neben der Apotheke im Niedersachsenhaus auf die Straße zu fallen. © Andre Lenthe Fotografie

„Wir haben Kontakt mit einer Firma, die komplizierte Baumfällungen durchführt“, sagte Gerhard Mützelburg, Geschäftsführer der Apotheke im Niedersachsenhaus, am Montagmorgen. Da der Hauseigentümer zurzeit in Kanada unterwegs ist, hatte er im Auftrag die Beseitigung der Fichte übernommen. Um 13.30 Uhr begann dann die Gartenbaufirma Galabau Koppermann mit dem aufwendigen Fällen der Fichte. Dabei wurde sie zunächst am Stamm durch Stahlträger stabilisiert. Danach begannen Arbeiter mit einem Hubsteiger samt 20 Meter Korbausleger die Äste abzuschneiden. In einem zweiten Schritt wurde dann der Stamm in Baumscheiben zerteilt und Stück für Stück abgetragen. Mehrere Stunden nahmen die Arbeiten in Anspruch. Am Abend sollte die Straße dann wieder freigegeben werden.

Den lang anhaltenden Regenschauern in der Nacht zu Montag war ein Wassergraben in der Ochtmannsbruch Siedlung in Hollenstedt nicht mehr gewachsen. Gegen 1.30 Uhr drohte das Wasser in mehrere Häuser zu laufen. Auch die Kanalisation war am Rande ihrer Aufnahmefähigkeit. Alarmierte Feuerwehrleute setzten eine Hochleistungspumpe ein, um den Wasserstand zu senken. Der Wassergraben ist der Gemeinde bereits bekannt. Beim letzten Starkregen Anfang Februar waren die ehrenamtlichen Retter von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk fast 24 Stunden mit Pumpen im Einsatz. Das Problem liegt laut Anwohnern in den Abwassergräben, die teilweise mit zu kleinen Rohren ausgebaut wurden. Außerdem sei das Verbindungsstück zum Abfließen in die Este seit Jahren mit Baumwurzeln und Dreck verengt.

Sturmflut erreicht am Zollenspieker vierthöchsten Wert

Zudem herrscht in der Este Hochwasser. Der Pegel Emmen (zwischen Moisburg und Hollenstedt) hat Montagmorgen die erste Hochwasser-Meldestufe überschritten und steigt weiter. Die Kombination aus starken Niederschlägen und hohen Wasserständen der Elbe sorgt dafür, dass sich die Nebenflüsse allmählich aufstauen. Auch oberhalb Hamburgs. Die Flussniederungen von Ilmenau, Luhe und Seeve sind längst überschwemmt. „Das Niedrigwasser der Elbe läuft seit Tagen einen bis eineinhalb Meter höher auf“, sagt Stefan Löhn von der Lüneburger Niederlassung des Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz. „Dadurch werden die Zeitfenster, in denen die Sperrtore geöffnet sind, kürzer. Zudem ist der Wasserstandsunterschied geringer, so dass das Wasser der Nebenflüsse nicht gut abläuft.“

Die Sturmflut am Sonnabendmorgen hatte am Pegel Zollenspieker den vierthöchsten Wasserstand verursacht. Der Rekord liegt noch immer bei 11,35 Meter, gemessen am 3. Januar 1976. Zwei weitere Sturmfluten erreichten elf Meter – am Sonnabend waren es 10,98 Meter. Entsprechend heftig wurde das Deichvorland zwischen Harburg und dem Wehr Geesthacht überschwemmt.

Strandhalle in Over trägt schwere Schäden davon

In Over hat das beliebte Gartenrestaurant Strandhalle schwere Schäden davongetragen. „Das Wasser stand 2,50 Meter in Gastraum und Küche“, sagt Nico Thonfeld, der die Ausflugsgaststätte mit seiner Partnerin Anna Epp im fünften Jahr betreibt. In vielen Wintern steht der Betrieb mal knietief unter Wasser, deshalb waren die meisten Gerätschaften herausgeräumt. „Aber unsere beiden schweren Kühlschränke standen noch da“, sagt der Gastwirt. „Sie haben ihre Aggregate oben und sind in der Wand verankert. Die Flut hat sie losgerissen und umgeworfen. Unser Ganzjahreszelt hatten wir extra an einen vermeintlich windgeschützten Ort gebracht. Aber auch dort wurde es von einer Böe erfasst, aufs Dach geschleudert und schwer beschädigt“, sagt Thonfeld. Eigentlich sollten Anfang März die ersten Gäste bewirtet werden. Daraus wird voraussichtlich nichts.

Bei Starkregen geriet dieser VW auf der A1 von der Fahrbahn.
Bei Starkregen geriet dieser VW auf der A1 von der Fahrbahn. © Joto

Bei einem Starkregenschauer während des Sturmtiefs „Antonia“ verunglückte in der Nacht zu Montag zudem ein Autofahrer auf der A 1 zwischen Sittensen und Heidenau und verletzte sich schwer. Nach ersten Polizeiangaben kollidierte der VW-Fahrer gegen 0.20 Uhr aus ungeklärter Ursache mit einem Lastwagen. Der Autofahrer verlor dabei die Kontrolle über sein Fahrzeug und schleuderte über die nasse Fahrbahn. Das Auto durchbrach eine Leitplanke, flog über einen Wassergraben bis es an einem kleinen Hang im Wildschutzzaun zum Stehen kam. Der Autofahrer kam mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus.