Buchholz. Innovationskraft in der Corona-Krise: Abendblatt stellt ausgezeichnete Unternehmen aus dem Landkreis Harburg in neuer Serie vor

Die Kiste kommt am Tag davor. Darin: Riesengarnelen, Mango, Chili, Tintenfisch, Hähnchen, Erdnüsse – unter anderem. Und am nächsten Tag? Steht Johann Lafer in Ihrer Küche. Zumindest fast.

Der Koch lächelt oft vom TV-Bildschirm in die deutschen Haushalte. Der kleine, aber feine Unterschied am Tag, nachdem die Kiste kommt, ist aber folgender: Lafer gibt einen Kochkursus, und zwar live. Jeder, der nicht hinterherkommt bei den Ansagen, kann nachfragen. Die Idee für das digitale Kochen mit Profis stammt aus Buchholz.

Zehn Profiköche gehören zum Team von „One Chef“

Zehn Profiköche gehören zum Team von „One Chef“, wie sich die hybride Kochschule nennt, hinzu kommen immer wieder Gäste wie Hendrik Otto (ehemals „Lorenz Adlon Esszimmer“ Berlin) oder eben Johann Lafer. Und das, schwärmt „One Chef“-Mitbegründer Moritz „Moe“ Crone-Rawe in einem Spot auf der Firmen-Homepage, kann bei den Teilnehmenden für extreme Zufriedenheit sorgen: „Sie haben ein echtes Erfolgserlebnis.“

Schließlich haben die Laien gerade mal eben ein Spitzenmenü selbst gekocht – und zwar jeden Gang. Zwar unter Anleitung, aber eben doch alleine. Der Lerneffekt dabei sei sehr hoch, erklärt der Koch. Denn: „Ich zeige etwas, und der Teilnehmer bekommt es hautnah mit. Der Kunde hat mich in seiner Küche ganz für sich alleine.“

Ein Moderator sitzt im Hintergrund und überwacht die eingehenden Nachrichten, beantwortet sie entweder gleich selbst oder leitet sie an den jeweiligen Koch vor der Kamera weiter. „Es entsteht echte Kommunikation“, sagt Crone-Rawe. Genau das ist es, was „One Chef“ ausmacht, sagt Markus Höfemann mit dem die Köche Moritz Crone-Rawe und Timon Mansholt gemeinsam die Unternehmung gestartet haben.

Unabhängig davon, dass Kochkurse in Präsenz je nach Pandemie-Umständen gar nicht möglich sind, bietet die digitale Version ihrer Einschätzung nach etliche Vorteile gegenüber der klassischen Variante. „Deswegen glauben wir, dass unsere Idee Corona überlebt“, sagt Markus Höfemann. „Die Pandemie war zwar unser Anstupser. Aber sie wird auch darüber hinaus Bestand haben.“

Idee entstand aus der Corona-Not heraus

Das Kochen in der eigenen Küche, mit den eigenen Utensilien, vielleicht zusammen mit der ganzen Familie oder mit Freunden, die selbstbestimmte Auswahl der Getränke, der fehlende Fahrweg – und nicht zuletzt die Unmöglichkeit, dass der gewünschte Termin ausgebucht ist: „Die Leute finden es cool“, sagt Höfemann.

Dabei ist die ganze Idee – Sie ahnen es – aus der Not heraus entstanden. Aus der Not, weil die eigentlichen Ideen, die eigentlichen Aufträge der Unternehmer nicht mehr funktionierten. Weil sie nicht mehr nachgefragt oder gar nicht erst erlaubt waren.

Das Trio hinter dem ausgezeichneten Unternehmen „One Chef“: Timon Mansholt (v.l.), Moritz Crone-Rawe und Markus Höfemann.
Das Trio hinter dem ausgezeichneten Unternehmen „One Chef“: Timon Mansholt (v.l.), Moritz Crone-Rawe und Markus Höfemann. © Markus Höfemann

Es war Ende 2019, als die drei einen gemeinsamen Auftrag hatten: Crone-Rawe und Mansholt wollten mit ihrem Cateringservice „Rolling Taste“ eine Messe bespielen, Höfemann mit seiner Agentur „Fischkopp Films“ das Ganze drehen. Die Messe fand nicht statt – die Rinder dafür aber waren längst bestellt.

Päckchen mit Rezepten und Kochkursen verbinden

Als Crone-Rawe auf die Idee kam, Rindfleisch-Pakete zu packen und an seine Kundschaft zu verschicken, fand sein Kompagnon die Idee zwar gut, aber „wenig stimmungsvoll“. Sein Vorschlag: die Päckchen mit Rezepten und Kochkursen zu verbinden. Höfemann hatte nach dem Verlust etlicher Aufträge mit Beginn der Pandemie bereits in neues Equipment investiert: zum Beispiel Kameras, die livestream-fähig sind, das aufgenommene Bild also in Echtzeit über das Internet zeigen können. Die wollte er endlich auch nutzen.

Und Kumpel Moe? Kreierte gleich ganze Menüs, kochte sie und ließ Markus Fotos machen für Werbung auf der digitalen Plattform „Instagram“. Zu Ostern 2020, mitten im ersten Lockdown, ging der allererste Kochkurs aus der Kiste online. Der Preis für Kochkiste und Kurs schreckt laut Höfemann zwar viele zunächst ab: Das Paket für zwei Personen fängt bei etwa 120 Euro an, der Lafer-Termin mit seinem Asia-Special liegt bei bummelig 180 Euro für zwei. „Wenn aber jemand mitgemacht hat, empfehlen uns die Leute zu 99 Prozent weiter.“ Günstiger nämlich sei ein klassischer Kochkurs in Präsenz auch nicht.

Für Betriebe kann die Show eine echte Alternative für Weihnachtsfeiern oder andere Veranstaltungen sein – im vergangenen Jahr waren in einem Fall rund 1.700 Menschen dabei, erzählt Höfemann. „Die Mitarbeiter haben jeweils mit ihrer ganzen Familie teilgenommen.“ Und wer Lust hat, andere Teilnehmer zu sehen, verabredet sich auf einem zweiten Bildschirm ganz einfach zu einer Videokonferenz.

Blick in die gepackte Kisten, deren Isolierung aus Hanf besteht.
Blick in die gepackte Kisten, deren Isolierung aus Hanf besteht. © Markus Höfemann

Den Transport wickelt eine Spedition ab, die die Kühlkette innerhalb von ganz Deutschland einhalten kann. Gepackt wird am Nachmittag zwei Tage vor dem Kurs, geliefert am Morgen davor. „So garantieren wir Frische und Qualität“, sagt Höfemann. Bei der Verpackung achtet „One Chef“ nach seinen Angaben darauf, so viel wie möglich in Glas verpacken. Die Isolierung aus Hanf ist biologisch abbaubar. „Ganz vermeiden können wir Plastik aber nicht“, macht der Gründer klar. „Das geht aus Hygienegründen nicht.“

Digitale Messe mit Händler und Herstellern geplant

Einige Partner hat „One Chef“ schon an Land gezogen, zum Beispiel den Fischhändler „Deutsche See“ und das Magazin „Der Feinschmecker“. Für die Zukunft sollen es noch mehr werden: So könnte Händler und Hersteller von Lebensmitteln über „One Chef“ eine Art digitale Messe veranstalten. Beispiel: Ein Hersteller von französischem Ziegenkäse schickt potenziellen Kunden seinen Käse und lässt sie per Live-Streaming unter Anleitung drei verschiedene Zubereitungsmöglichkeiten selbst ausprobieren. „Bei einer echten Messe geht so etwas gar nicht“, sagt Höfemann. „Da kann ich vielleicht den Käse kosten, aber damit kochen?“ Günstiger als eine Messe sei das Ganze obendrein. Auch neue Köche heißt das Team gern willkommen: Wer selbst einmal einen digitalen Kochkurs geben möchte, kann sich gern melden bei den Chefs.

Die Riesengarnelen mit gegrillter Mango und Chili, den Spicy Tintenfischsalat und das Hähnchen-Saté mit Erdnusssauce kocht Johann Lafer übrigens live am Mittwoch, 16. Februar. Eine Anmelden ist bis 10. Februar auf www.onechef.de möglich.