Winsen. Jahrmarktzauber und interaktive Angebote: Das Winsener Museum im Marstall setzt 2022 auf Mitmachangebote und erlebbare Geschichte
Durch das Winsener Museum im Marstall weht frischer Wind. Während dunkelgefärbte Wolken draußen tatsächlich eher Sturm ankündigten, präsentierte im Museumsinneren der neu gewählte Vorstand des Heimat- und Museumvereins seine Pläne für das aktuelle Jahr.
Zunächst einmal: Quadratisch soll es werden – für dieses neue Erscheinungsbild in analoger Welt und einen neuen Webauftritt hat Sprecherin Dorothea Lepper gesorgt, die seit Februar 2021 zum Team gehört. Man möchte moderner werden und trotz Corona ein attraktives Angebot bieten.
Ausstellung über den Karussellkönig Hugo Haase
Kinder und Jugendliche sollen auch in diesem Jahr durch Mitmachaktionen begeistert werden. Auf Menschen an sozialen Brennpunkten will man gezielt zugehen, sofern Corona es zulässt. Es sind aber auch Ausstellungen geplant. Eine Sonderschau im Sommer etwa widmet sich einer schillernden und zugleich kuriosen Person der Stadtgeschichte: dem Karussellkönig Hugo Haase.
Im vergangenen Jahr konnten sich schon Erneuerungen etablieren. Die „Kinderbauhütte“ zum Beispiel, angeleitet durch Tammo Hinrichs. Der Medienpädagoge wurde 2021 zunächst für drei Jahre mit ins Boot geholt. Im Rahmen der Aktion nahm er Kinder und Jugendliche in Sachen Baugeschichte an die Hand. Aber die Kleinen mussten vor allem selbst anpacken, sie bauten ein Fachwerkgerüst auf, arbeiteten mit Lehm und Ziegeln. Die komplette Aktion fand draußen statt, ganz pandemiegerecht also. Handwerksbetriebe aus der Region standen den Teilnehmenden dabei zur Seite.
1000 Kinder waren 2021 dabei, darunter auch Schulklassen. Die Aktion gehörte zu den wenigen Veranstaltungen, die überhaupt stattfinden konnten. Vieles habe abgesagt werden müssen, sagt Museumsleiterin Ilona Johannsen. Fünf Monate lang war das Museum pandemiebedingt geschlossen. Im kommenden April soll die „Kinderbauhütte“ in die Fortsetzung gehen. Ein Niedersächsisches Hallenhaus im Format 1:3 soll auf dem Schlossplatz entstehen. Neu sind Exkursionen zu geschichtsträchtigen Bauwerken auf den Dörfern. Außerdem soll der einbrechende Winter dem Museumsbetrieb im Freien keinen Strich durch die Rechnung machen: Im kühleren Halbjahr soll das gemeinschaftliche Bauen digital stattfinden.
Modelle sollen schon sehr bald online erlebbar sein
Überhaupt sollen einige der im Museum zu sehenden Modelle schon sehr bald online erlebbar sein. „Wir müssen auch in digitalen Bereichen Angebote für Schulen machen“, sagt der Vorsitzende des Heimat- und Museumvereins, Prof. Dr. Rolf Wiese. Medienpädagoge Tammo Hinrichs will noch ein weiteres Projekt realisieren: eine Art Wikipedia für Winsen, eine Wissensplattform zur Geschichte der Stadt. Letztere soll den Austausch ermöglichen. Dabei ist die Geschichte längst nicht ausgeschrieben. Zur Bedeutung der Winsener Marsch ist ein mehrjähriges Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit der Universität Hamburg geplant.
Neben der im vergangenen Jahr neu aufgebauten Dauerausstellung präsentiert das Museum ab dem 27. Februar eine Schau zur ersten Gewerbeausstellung im Landkreis Harburg von 1949. Im Mai soll eine Märchenausstellung folgen. Im Mittelpunkt steht die Goldene Gans. Und dann ab dem 6. August das Highlight: Eine Sonderausstellung widmet sich dem Karussellbauer Hugo Haase, der mit seinen extrem großen, leuchtenden und lauten Fahrgeschäften das Jahrmarktgeschehen um 1900 in ganz Europa nachhaltig veränderte. Er betrieb sogar einen eigenen Vergnügungspark in Stellingen. Mitte September lässt ihn das Museum im Marstall in Form eines Jahrmarkts ein Wochenende lang aufleben.
Neben den zwei neu besetzten Stellen in der Museumsarbeit hatte der Verein am Montag auch zwei Neuzugänge im Vorstand zu vermelden. Der neu gewählte 2. Vorsitzende und Bibliothekar Eike Harden möchte die Bibliothek des Winsener Museums digitalisieren. Von außen betrachtet habe das Museum im Marstall auf ihn oft einen verschlafenen Eindruck gemacht, obwohl es so viele Schätze beheimate, sagt er. Die zweite Neue im Vorstand ist Angelika M. Sievers. Sie übernimmt ehrenamtlich die Buchhaltung. Im vergangenen Jahr hätten Förderungen für Unterstützung gesorgt, berichtet sie. Von den Investitionsmitteln konnte etwa ein hausinternes PC-Netzwerk angeschafft werden.
"Museum vor Ort" soll Kultur ins Seniorenheime bringen
Nicht nur die Kleinen will man erreichen, auch die Älteren. Das „Museum vor Ort“, ein Angebot, das sich auch an Altersheime richtet, ist kostenlos buchbar. Hierbei werden historische Gegenstände zum Betrachter gebracht. An wenigen Terminen konnte das Angebot im vergangenen Jahr schon erprobt werden. Dabei seien die Bewohner einer Senioreneinrichtung flink ins Erzählen geraten, persönliche Erinnerungen hätten aufleben können, berichtet Angelika Sievers. Interaktive Geschichte also.
Der Verein mit seinen 450 Mitgliedern möchte sich verjüngen. „Wir müssen uns um junge Mitglieder kümmern“, sagt Rolf Wiese. Deswegen hat der Verein eine kostenfreie Babymitgliedschaft eingeführt. Außerdem ist er stolz auf junge Anwärter für verschiedene Ehrenämter. Eine Vereinsmitgliedschaft ist hier aber nicht vorausgesetzt.