Kreis Harburg. Verwaltungsgericht Lüneburg weist sechs Klagen gegen die Förderung von Grundwasser ab. Hamburg Wasser erwägt in Berufung zu gehen

Der Landkreis Harburg hat sich im Verfahren um die Förderung von Wasser aus der Nordheide bei allen sechs Klagen durchgesetzt. Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts in Lüneburg hat sämtliche Klagen gegen den Bescheid für die Hamburger Wasserwerke GmbH nach zweitägiger mündlicher Verhandlung am Montag abgewiesen.

„Wir sind gut vorbereitet in dieses Verfahren gegangen und waren optimistisch, dass die Erteilung der gehobenen Erlaubnis rechtmäßig war. Wir freuen uns, dass das Verwaltungsgericht uns in unserer Rechtsauffassung mit seiner Entscheidung bestätigt hat“, sagte der zuständige Kreisrat im Landkreis Harburg Josef Nießen.

Berufung beim Oberverwaltungsgericht zugelassen

Die Gerichtsentscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Denn das Gericht hat für die Klage von Hamburg Wasser wegen grundsätzlicher Bedeutung Berufung beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht zugelassen. Die übrigen Kläger können zunächst einen Antrag auf Zulassung einer Berufung stellen (siehe auch Infokasten). Der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz Niedersachsen, die Klosterkammer Hannover sowie drei Privatpersonen wollten im Gegensatz zu Hamburg Wasser die Fördermenge verringern.

Kreisrat Josef Nießen (r.) und Gunnar Peter, Abteilungsleiter Boden/Luft/Wasser bei der Kreisverwaltung vor dem Schlossteich in Winsen, der von Grundwasser gespeist wird
Kreisrat Josef Nießen (r.) und Gunnar Peter, Abteilungsleiter Boden/Luft/Wasser bei der Kreisverwaltung vor dem Schlossteich in Winsen, der von Grundwasser gespeist wird © Rolf Zamponi

„Wir haben eine gehobene Erlaubnis erteilt, weil wir so die Möglichkeit haben, nachzujustieren, wenn etwa die Auswirkungen des Klimawandels ein Einschreiten erforderlich machen“, erläuterte Kreisrat Nießen am Montag. „Auch die gehobene Erlaubnis garantiert Hamburg-Wasser die erforderliche Versorgungssicherheit. Das hat das Verwaltungsgericht mit seiner Entscheidung bestätigt.“

"Schlechtes Signal für Versorgungssicherheit Hamburgs"

Das sieht Hamburg Wasser jedoch anders. „Dieses Urteil ist für uns nicht zufriedenstellend und ein schlechtes Signal für die Versorgungssicherheit Hamburgs und die Wasserwirtschaft insgesamt “, sagte Ingo Hannemann, der Sprecher der Geschäftsführung von Hamburg Wasser. „Obwohl das Gericht unter Verweis auf die im Behördenverfahren eingereichten umfangreichen Gutachten und auf die Aussagen der sachverständigen Zeugen bestätigt hat, dass unsere Wasserförderung in der Nordheide umweltverträglich ist, hat es der Verwaltung des Landkreises Harburg weitreichende Ermessensspielräume eingeräumt.“

Das gehe zu Lasten der sicheren Versorgung von gut 300.000 Menschen in Hamburg und den weiter steigenden Trinkwasserbedarfen. „Wir werden nun sorgfältig bewerten, ob wir Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen. Dazu warten wir die Urteilsbegründung ab, die uns noch nicht vorliegt,“ so Hannemann.

Im Kern geht es im Wasserstreit zwischen dem Landkreis und den Hamburgern um die Menge, die die Hansestadt abpumpen kann. Die gehobene Erlaubnis sieht vor, dass im Durchschnitt bis zum Jahr 2048 insgesamt 16,1 Millionen Kubikmeter Wasser gefördert werden können. Nur in Ausnahmejahren darf auf die von den Wasserwerken geforderte Menge von 18,4 Millionen Kubikmetern aufgestockt werden. Die Differenz müssen die Werke jedoch in den anschließenden Jahren ausgleichen, also weniger fördern.

Hamburger Unternehmen fördert seit den 80ern Grundwasser

Damit war Hamburg Wasser nicht zufrieden. Das Unternehmen fördert seit den 1980er Jahren Grundwasser aus der Heide und deckt damit 13 Prozent des Wasserbedarfs in der Hansestadt. Die frühere Fördererlaubnis war 2004 ausgelaufen. Nach einem umfangreichen Verfahren mit verschiedenen Gutachten und einer Abwägung hatte der Landkreis als Untere Wasserbehörde Hamburg-Wasser im April 2019 die neue Fördergenehmigung als gehobene Erlaubnis erteilt. Sie gilt seit April 2019.

Hamburg Wasser pumpt in der Lüneburger Heide Grundwasser ab. Um die Höhe der Menge wird vor Gericht gestritten.
Hamburg Wasser pumpt in der Lüneburger Heide Grundwasser ab. Um die Höhe der Menge wird vor Gericht gestritten. © Krafft Angerer

Die Kammer des Verwaltungsgerichts unter Vorsitz von Thomas Pump erläuterte ihre Entscheidung am Montag mit deutlichen Worten. Sie halte es nicht für ermessensfehlerhaft, dass sich der Landkreis Harburg für eine unter erleichterten Voraussetzungen widerrufliche gehobene Erlaubnis und gegen eine Bewilligung entschieden habe. Die vom Landkreis angeführten Gründe für die Erteilung nur der „schwächeren“ Gestattungsform, einer gehobenen Erlaubnis statt einer Bewilligung, etwa eine mögliche Änderung europarechtlicher Vorgaben sowie unvorhersehbare Entwicklungen im Zusammenhang mit Ereignissen wie insbesondere dem Klimawandel – rechtfertigten seine Entscheidung.

Richter: Mengenmäßige Begrenzung sei nicht zu beanstanden

Auch die von Hamburg Wasser getätigten hohen Investitionen sowie, dass die Grundwasserentnahme der Versorgung von etwa 300.000 Einwohnern der Hansestadt Hamburg diene, zwängen nicht zur Erteilung der von Hamburg Wasser angestrebten Bewilligung.

Die mengenmäßige Begrenzung der Wasserentnahme sei ebenfalls nicht zu beanstanden, so das Verwaltungsgericht weiter. Auch aus den vorgelegten Antragsunterlagen ergebe sich, dass die Gutachter von Hamburg Wasser selbst nur von einem regelmäßigen jährlichen Bedarf von 16,1 Million Kubikmeter ausgegangen seien. Schließlich zeige die von Hamburg Wasser vorgelegte Wasserbedarfsprognose, dass nur bis 2025 ein steigender Wasserbedarf prognostiziert werde. Danach aber werde damit gerechnet, dass der Bedarf wieder sinke.

Bürgerinitiativen prüfen, ob sie in Berufung beim OVG gehen

Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts will der Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz nun die schriftliche Urteilsbegründung prüfen und über eine Berufung vor dem OVG Lüneburg entscheiden. Dafür muss zunächst ein Antrag auf Zulassung einer Berufung gestellt werden. „Ziel bleibt es, den Wasserexport nach Hamburg auf ein umweltverträgliches Maß zu reduzieren“sagt Gerhard Schierhorn, der Geschäftsführer des Vereins Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide (IGN). Die IGN gehört dem Verband an.

Als nächste Schritte will der Verein die Auflagen und Nebenbestimmungen für die Förderung kontrollieren und die Öffentlichkeit über eintretenden Schäden durch den laufenden Betrieb des Wasserwerkes informieren. Die Oberläufe vieler Heideflüsse litten unter mangelnden Grundwasserzuflüssen. Betroffen sie aktuell die Schmale Aue. Der Landkreis werde prüfen müssen, warum der Oberlauf trockenfällt. Zudem soll das Wassermanagements des Landkreises begleitet werden.