Neu Wulmstorf. Tobias Handtke wird zum 1. November in Neu Wulmstorf sein neues Amt antreten – und dann Dienstfahrrad statt Dienstwagen fahren

In dieser Arbeitswoche nach dem Wahlabend ging es für ihn zunächst auf Dienstreise nach Karlsruhe. Nicht schon in seiner künftigen neuen Funktion als hauptamtlicher Neu Wulmstorfer Bürgermeister. Noch arbeitet Tobias Handtke (SPD) in seinem alten Job und begleitet dabei als Arbeitnehmervertreter den Übergang von Sport-Karstadt zu Sport-Scheck.

„Ich will das zunächst zu einem vernünftigen Abschluss bringen“, sagt Handtke, der am Sonntag mit einem überraschend deutlichen Ergebnis von gut 73 Prozent gewählt worden war. Am 1. November wird er jetzt den Arbeitsplatz im Rathaus von seinem Vorgänger Wolf Rosenzweig (SPD) übernehmen, der aus Altersgründen nicht wieder angetreten war. Voraussichtlich am 4. November wird der neue Neu Wulmstorfer Gemeinderat dann zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkommen.

Wohl wechselnde Mehrheiten im Neu Wulmstorfer Rat

Wer mit wem vielleicht eine Gruppe bildet, welche Themen zu Konflikten führen könnten – bis dahin dürfte sich manches klären. Und einige Eckpunkte, mit denen sich der Rat und der neue Bürgermeister in den nächsten Jahren beschäftigen müssten, sind auch absehbar. Nicht immer absehbar sind die Mehrheiten.

Zwar konnte sich die SPD von Handtke als stärkste Kraft im Rat halten und ihre Fraktionsstärke von 14 auf 15 Sitze verbessern. Doch eine absolute Mehrheit ist das nicht, 34 Sitze insgesamt wird der Gemeinderat Neu Wulmstorf haben. Die Grünen verbesserten sich von zwei auf vier Mandate, die FDP von eins auf zwei. Die CDU verlor einen Sitz und hat nun sieben Stimmen, die UWG bleibt bei vier, die Linke bei einer und die AD schredderte ihr altes Ergebnis von vier auf ein Mandat. Aller Voraussicht nach wird es deshalb wechselnde Mehrheiten im Neu Wulmstorfer Rat geben.

Der Bürgermeister und sein Nachfolger: Wolf Rosenzweig (r.) und Tobias Handtke am Wahlabend: die Auswahl der Hemden sei Zufall gewesen.
Der Bürgermeister und sein Nachfolger: Wolf Rosenzweig (r.) und Tobias Handtke am Wahlabend: die Auswahl der Hemden sei Zufall gewesen. © AT | Axel Tiedemann

„Das haben wir die letzten zehn Jahre so gemacht und das wird wohl auch so bleiben“, sagt etwa CDU-Fraktionschef Malte Kanebley. Und auch Neu-Bürgermeister Handtke stellt offensichtlich die Weichen jetzt schon auf viel Gemeinsamkeit. Er wünsche sich eine gute Zusammenarbeit mit allen gewählten Ratsmitgliedern, sagt Handtke und nennt schon einmal Schwerpunkte der künftigen Arbeit: Allen voran steht dabei der Ausbau der drei Grundschulen zu Ganztagsschulen. Für die Grundschule Am Moor ist das bereits beschlossen, der Neubau-Auftrag vergeben. Fast 26 Millionen Euro investiert die Gemeinde hier, soviel wie nie bisher in ein Einzelprojekt. Entsprechend eng dürfte es bei künftigen Haushaltsplanungen zugehen, weil Defizite absehbar sind. „Wir müssen zusammen diese Herausforderung stemmen, damit Eltern die Möglichkeit haben, ihre Kinder gut zu betreuen“, appelliert der künftige Bürgermeister.

Ein zweites großes Thema im neuen Rat dürfte zudem die Zukunft des sanierungsbedürftigen Freibades sein. Aktuell gibt es bereits einen Beschluss, das Hallenbad für rund drei Millionen Euro zu sanieren. Das bedeutet gleichzeitig eine Art Gnadenfrist für das Freibad für den nächsten Sommer, weil dann noch am Hallenbad gearbeitet wird und das Schwimmlernen in der Gemeinde sichergestellt werden soll. Und dann? „Dann brauchen wir eine finanzierbare Lösung“, sagt Handtke. Wie die aussehen könnte, ist aber offen: Noch gibt es Gespräche mit Hamburg für ein gemeinsames Bad, vielleicht muss die Gemeinde aber auch auf ein Freibad verzichten.

Eindeutig positioniert hat sich bisher nur die UWG: Sie will das Freibadgelände an der Fischbeker Heide verkaufen und mit dem Erlös an anderer Stelle ein neues bauen. Aus dieser Diskussion könnten sich also noch Konfliktlinien ergeben.

Streitthema wird wohl die künftige Wohnungsbauausweisung

Ein weiterer möglicher Streit im neuen Rat ist zudem in der Frage über die künftige Wohnungsbauausweisung in Elstorf und Schwiederstorf zu erwarten. Der neue Flächennutzungsplan ermöglicht dort den Zuwachs um fast 1500 Neubürger. „Wir wollen das auf die Hälfte reduzieren, weil die Infrastruktur nicht hinterherkommt“, sagt der Elstorfer und UWG-Fraktionschef Jan Lüdemann, der anders als CDU und SPD gegen den Flächennutzungsplan gestimmt hatte. Weitgehende Einigkeit dürfte es indes in Sachen Verkehrsführung geben. Hier droht im Ortsteil Rübke aber auch im Kernort eine Art Verkehrsinfarkt, wenn Anfang 2023 die A 26 bis Rübke fertiggestellt ist.

Betroffen von mehr Durchgangsverkehr, so die allgemeine Befürchtung, wäre dann die Bahnhofstraße, die eigentlich das Zentrum der wachsenden Gemeinde sein soll. Für die Bahnhofstraße verfolgt die Gemeinde jetzt die Idee, eine Tempo-20-Zone einzurichten. Dann, so die Hoffnung, würde das Autofahrer von einer Durchfahrt abhalten und die Straße gleichzeitig an Aufenthaltsqualität gewinnen. „Vielleicht können wir dort aus der Not ja eine Tugend machen“, hofft der künftige Bürgermeister, der aber noch ein anderes Verkehrsthema in Neu Wulmstorf voranbringen will, wie es sagt. „Wir müssen auch mit Blick auf den Klimaschutz die Mobilitätsvielfalt fördern“, kündigt er an und denkt dabei vor allem an den Ausbau von Radwegen. Er selbst wolle da im Übrigen mit gutem Beispiel voranfahren, sagt Handtke: „Ich verzichte auf einen Dienstwagen und werde ein Dienstfahrrad nehmen.“