Niedermarschacht. In der Wahlserie heute: Programmierer Jörg Babbe aus Niedermarschacht tritt am 12. September an. Für was er sich entsetzen möchte.

Als Jörg Babbe beschloss, sich in der Kommunalpolitik zu engagieren, setzte er sich an seinen Schreibtisch und fuhr seinen Computer hoch. Er legte eine Datei an, durchforschte das Internet und machte sich Notizen. Welche Wünsche hat er selbst? Welche Ziele geben die Parteien aus? Sein Plan: Ich entscheide mich für die Partei, mit der es die meisten Übereinstimmungen in der Liste gibt.

Jörg Babbe wurde in Hamburg geboren und lebte dort mehr als 30 Jahre lang. In die Elbmarsch zog er, als sich das erste Kind ankündigte. Seine Frau kommt ohnehin aus der Gegend, hatte sich in der Großstadt nie so richtig wohl gefühlt. „Wir wollten unsere Tochter lieber etwas ländlicher großwerden lassen“, sagt der Wahl-Elbmarscher, der mit seiner Familie erst in Oldershausen lebte und seit 2013 in Niedermarschacht. Heute ist die älteste Tochter 20 Jahre alt, die jüngere 16. „Ich habe die Entscheidung herzuziehen niemals bereut.“

Größtes Anliegen: Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr

Babbe ist gern in der Natur unterwegs, liebt Geocaching und Radfahren. Er hatte noch nie ein Auto, besitzt noch nicht einmal einen Führerschein. „Ich bin leidenschaftlicher Bus- und Bahnfahrer“, sagt der 50-Jährige. Und da kommt er bereits an sein wohl größtes Anliegen: „Es hat sich hier schon vieles verbessert im öffentlichen Nahverkehr. Aber: Nachts ist es unmöglich, herzukommen. Auch mit dem Elbmobil nicht.“ Am Wochenende verkehre es nur bis 2 Uhr nachts, das sei für junge Leute einfach zu früh.

Ein paar mehr Spielplätze und ein Treffpunkt für die Jugend als Alternative zu den Bushaltestellen: Auch das wäre etwas, für das sich Babbe einsetzen möchte. Natürlich sind ihm auch Radwege wie der nach Rönne ein Anliegen. „Da gibt es mehr Unebenheiten als alles andere. Der müsste mal erneuert werden“, sagt er.

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Babbe, der sich im Alter von elf Jahren den ersten Computer wünschte und eine Ausbildung zum Bürokaufmann eher aus der Not heraus machte, hat sich nach der Lehre selbst alles beigebracht, was er brauchte, um das tagtäglich tun zu können, wofür sein Herz schlägt: Programmierung und Netzwerke. Es hat funktioniert. Als Bürokaufmann hat er an keinem einzigen Tag in seinem Leben gearbeitet – wohl aber etliche Jahren als Programmierer für einen Anbieter von Jugendreisen mit Sitz in Hamburg.

Als er nun also vor seinem Rechner saß und nach der Partei mit den meisten Schnittpunkten suchte, da stieß er auf eine, für die er bereits bei der Bundestagswahl 2013 sein Kreuz gemacht hatte: Die Piraten. „Dort gibt es nicht so starre Strukturen, man begegnet sich auf Augenhöhe. Wichtig ist mir auch die Transparenz: In dem Wiki der Piraten kann jeder alles nachlesen.“ Eingetreten ist Babbe im April 2019, Anlass war damals die Debatte um Artikel 13 in der EU-Urheberrechtsreform: Wie Zehntausende Demonstranten damals auch, war er gegen den Zwang von Uploadfiltern.

Chancen für den Politikneuling stehen nicht schlecht

Als Florian Sievert, der seit fünf Jahren für die Heide-Piraten im Samtgemeinderat Elbmarsch sitzt, entschied, aus Zeitgründen nicht wieder als Spitzenkandidat anzutreten, da fragte er kurzerhand den Neuen, ob er nicht Lust dazu habe. Er hatte. Babbe steht bei den Kommunalwahlen am 12. September zur Wahl. Seine Chancen stehen nicht schlecht: Schließlich ergatterten die Piraten bereits zwei Kommunalwahlen in Folge einen Sitz im Samtgemeinderat. „Bei den Piraten kann ich schon etwas bewegen, obwohl ich erst seit wenigen Jahren Mitglied bin. Das finde ich gut“, erklärt der Politikneuling.

Und ein weiteres Anliegen hat der Programmierer natürlich auch noch: die Digitalisierung der Verwaltung. „Warum muss ich für jede Kleinigkeit zur Gemeinde?“, fragt sich der Computerliebhaber. „Es wäre doch viel einfacher und auf Dauer auch sparsamer, gewisse Dinge von zu Hause aus erledigen zu können.“ Ein Vorbild gebe es ja schon: das digitale Bürgeramt in Winsen.