Ardestorf. Ob in Ardestorf jetzt auch gebaut wird, ist offen. Denn es gibt Auflagen, um gefährdete Vögel zu schützen. Und die sind aufwendig.
Für Vogelschützer ist es ein Projekt, das seltene Greifvogelarten stark gefährdet. Für andere hingegen ist es ein Vorhaben, bei dem sie sich selbst auch mit kleineren Beträgen an der Energiewende beteiligen könnten: Seit Jahren wird nun schon um den geplanten Bürgerwindpark Ardestorf im Landkreis Harburg gestritten, seit Jahren prüft der Landkreis eben unter anderem auch wegen der Vorkommen von Uhu oder Rotmilan die Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz.
Nun wurde sie von der Kreisverwaltung erteilt und in einem offiziellen Mitteilungsblatt auch verkündet. Die drei gut 200 Meter hohen Rotoren dürfen damit gebaut werden – allerdings könnten Naturschützer dagegen noch Widerspruch einlegen, was sich bereits andeutet. Und verbunden mit der Genehmigung sind umfangreiche Auflagen wie beispielsweise zeitweise Abschaltungen der Anlagen. Zumal sie in unmittelbarer Nähe einer Hühnerfarm gebaut werden sollen, die Greifvögel offenbar besonders anlockt. Das sei wie ein gedeckter Tisch für die Vögel, heißt es bei Kritikern des Windparks.
Rotoren werden von März bis September bei schwachem Wind abgeschaltet
So müssen die Rotoren nun vom 1. März bis zum 30. September von Sonnaufgang bis Sonnenuntergang ab Windgeschwindigkeiten von weniger als 6 Metern pro Sekunde (m/s) abgeschaltet werden. Das entspricht etwa der Windstärke 4, die von Seglern als „mäßige Brise“ bezeichnet wird und bei der sich auf dem Wasser schon viele weiße Schaumkronen gebildet haben. Dahinter steckt die Annahme, dass Brutvögel im Sommerhalbjahr eher bei schwächerem Wind unterwegs sind und dann mit den drehenden Windflügeln kollidieren könnten.
Eine solche Abschaltzeit wurde vom Landkreis aber auch für den Winter angeordnet, hier speziell mit Blick auf den Seeadler, wie es in der 65-seitigen Genehmigungsschrift heißt. Auch von 1. Oktober bis 28. Februar müssen die Anlagen daher künftig tagsüber ab einer Windgeschwindigkeit von weniger als 6 m/s stillstehen. Diese Abschaltzeiten können aber in den Folgejahren auch modifiziert werden, wenn „zweifelsfrei“ Tötungsrisiken für genannte Vogelarten nach längerer Überprüfung ausgeschlossen werden könnten. So sollen nach einer Idee der Windkraft-Planer beispielsweise Herdenschutzhunde auf der Hühnerfarm Greifvögel davon fernhalten. Ob so etwas funktioniert, muss nun eben geprüft werden.
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Die Auflagen werden unterdessen von Kritikern und Befürwortern des Projekts unterschiedlich bewertet. Gerade die zusätzliche Winterabschaltung mache eine Wirtschaftlichkeit der Anlage fraglich, sagt etwa Robert Neumann, Vorstand der Genossenschaft Bürger-Energie Buxtehude, die die Realisierung der drei Rotoren im Wesentlichen plant. Dazu wurde zunächst die BürgerWind Neu Wulmstorf GmbH & Co.KG mit derzeit rund einem Dutzend Teilhabern aus dem Landkreis Harburg gegründet, die von der Bundesnetzagentur den Zuschlag für den Bau und jetzt die Genehmigung durch den Kreis bekommen hat.
Später sollen über die Genossenschaft auch weitere Teilhaber gefunden werden, gedacht sei an Beteiligungen zwischen etwa 1000 und 20.000 Euro, so Neumann. Die höheren Anteile sollen bei vielen Interessierten zudem „gedeckelt“ werden, damit sich viele Menschen der Region an dem Windpark beteiligen können – auch wenn sie nur kleinere Beträge investieren. Die Gesamt-Investition dürfte dabei in einem hohen einstelligen Millionenbetrag liegen. Ursprünglich hatte die Genossenschaft mit 5,4 Millionen Euro für die drei Windräder kalkuliert, inzwischen sind Preise gestiegen und wegen einer Insolvenz muss auch ein neuer Hersteller gesucht werden. „Wir müssen nun erstmal rechnen“, sagt Neumann.
Zu lange Genehmigungszeit: Zuschlag durch Bundesnetzagentur ist verfallen
Unter anderem werde ein zusätzliches Windgutachten erforderlich, um den voraussichtlichen Ertrag trotz Abschaltungen zu ermitteln. Zudem sei wegen der langen Genehmigungszeit der Zuschlag durch die Bundesnetzagentur wieder verfallen, so dass es auch hier eine neue Runde im Gebotsverfahren geben müsse. Bei der aber müsse angesichts der Einschränkungen versucht werden, einen besseren Einspeise-Preis zu erhalten.
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Kritiker des Vorhabens wie der Neu Wulmstorfer Wilhelm Hartmann halten die festgesetzten Abschaltgrenzen indes noch für zu gering: „Die Vögel fliegen auch bei stärkerem Wind“, sagt er. Hartmann ist dabei eine Art Wortführer der örtlichen Vogelfreunde und argumentiert mit zahlreichen E-Mails an Behörden und Politiker schon lange gegen den Ardestorfer Windpark, aber auch gegen ein geplantes Einzelwindrad in Elstorf und vorhandene in Daensen und Immenbeck – aus seiner Sicht wegen der Vogelvorkommen alles ungeeignete Windkraft-Standorte. Gegen das Ardestorfer Projekt wollten Vogelschützer nun Widerspruch einlegen und erwägen auch eine spätere Klage. Hartmann: „Aber nur, wenn damit nicht zu hohe Kosten verbunden sind, das könnten wir uns nicht leisten.“