Hamburg/Winsen. Aktivisten waren auf das Logistikzentrum des Online-Händlers geklettert. Amazon äußerte sich nach 36 Stunden zu den Anschuldigungen.

Die Umweltorganisation Greenpeace hat nach zweieinhalb Tagen ihren Protest beim Online-Händler Amazon in Winsen im Landkreis Harburg gegen die Vernichtung zurückgesendeter neuer Waren beendet. Kurz nach Mitternacht am Mittwoch verließen die verbliebenen 32 Demonstranten das Dach. Alles sei friedlich und "total entspannt" verlaufen, sagte ein Sprecher der Polizei. Sie stellte nun die Personalien der Aktivisten fest – sie erwarten nun Strafverfahren wegen Hausfriedensbruchs.

"Amazon vernichtet im großen Stil neuwertige Waren"

Die Aktivisten waren am Sonntagabend auf das Gebäude geklettert und hatten aus Versandkartons einen 27 Meter langen Schriftzug "Für die Tonne" errichtet. Von Montag an sendeten sie regelmäßig Live-Videos vom Dach des Online-Händlers. Anlass für ihren Protest war die Aktion "Prime-Day" am Montag und Dienstag mit Sonderangeboten für Amazon-Kunden, sagte Viola Wohlgemuth von Greenpeace.

"Wir wollen auf die klimaschädliche Ressourcenvernichtung bei Amazon aufmerksam machen." In einer am Montagvormittag mit dem Hashtag "#crimeday" veröffentlichten Instagram-Story schreibt Greenpeace außerdem: "Amazon vernichtet im großen Stil neuwertige Waren, weil das billiger ist, als die Lagerung."

Aktivisten bauten "wetterfestes Camp" auf

Laut Pressemitteilung hatten die Aktivisten ein "wetterfestes Camp" auf dem Dach eingerichtet. In der Live-Übertragung auf Instagram teilten zwei Aktivistinnen am Montagmittag außerdem mit, dass sie genug Verpflegung hätten, "um noch länger hier zu bleiben". Außerdem berichteten sie vom enormen Zuspruch über soziale Netzwerke, auch Amazon-Mitarbeiter hätten ihnen unterstützende Nachrichten aufs Dach geschickt. "Das zeigt uns, dass wir nicht die Einzigen sind, die so denken."

In einem weiteren Live-Video auf Twitter berichtete Wohlgemuth, dass sich Amazon am Montagabend mit einem Brief bei den Aktivisten gemeldet hatte. In diesem solle das Unternehmen geschrieben haben, dass die Aktion unverantwortlich sei und die Aktivisten damit unnötig Menschenleben und Mitarbeiter gefährden. Wohlgemuth hielt am Dienstag jedoch dagegen: "Unsere Greenpeace-Aktivisten wissen genau, was sie tun." Gefährlich sei nur, was unter dem Dach passiere.

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Polizei beobachtet die Situation bei Amazon

Die Polizei war ebenfalls seit Sonntagabend vor Ort, da ein Strafantrag wegen Hausfriedensbruch seitens Amazon vorliege. Die Beamten sahen jedoch davon ab, die Aktivisten vom Dach herunterzubringen. "Da sich die Personen friedlich verhalten und der Betrieb des Unternehmens nicht gestört wird, greifen wir nicht direkt ein", sagte Pressesprecher Jan Krüger von der Polizei im Landkreis Harburg.

Am Montagvormittag hatten laut Krüger bereits acht Personen das Dach verlassen. Ihre Personalien wurden aufgenommen und sie selbst des Geländes verwiesen. Etwa 40 Personen befanden sich weiterhin auf dem Gebäude.

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Amazon äußerte sich zu Anschuldigungen

„Wir prüfen rechtliche Schritte gegen die Organisatoren der Aktion“, teilte Amazon mit. Diese Art von Protest sei illegal und gefährde unnötig alle Beteiligten und Mitarbeiter. "Wir arbeiten mit der Polizei vor Ort zusammen, um die Sicherheit der Mitarbeiter und des Gebäudes zu gewährleisten", sagte ein Sprecher des Unternehmens Montag gegenüber dem Abendblatt.

Außerdem äußerte sich das Unternehmen zu den Vorwürfen: Der überwiegende Teil der Retoure-Ware würde je nach Zustand an andere Kunden oder Restposthändler weiterverkauft, an die Hersteller zurückgegeben oder an gemeinnützige Organisatoren gespendet werden. Beispielsweise kooperiere der Online-Händler mit der gemeinnützigen Plattform innatura, die Sachspenden an karitative Organisationen vermittelt.

In bestimmten Fällen würden Produkte jedoch nicht weiterverkauft oder gespendet werden können, so der Sprecher. Das läge an Sicherheits- oder Hygienegründen.

Greenpeace fordert Gespräch mit Amazon-Chef

Greenpeace zufolge gehen rund 30 Prozent aller Amazon-Retouren nicht wieder in den direkten Verkauf. Auf eine Gesprächsanfrage der Aktivisten hatte der Online-Händler, laut Aussage von Greenpeace, bisher nicht reagiert. "Gerne sprechen wir auch hier vor Ort auf dem Dach des Logistikzentrums in Winsen an der Luhe mit Ralf Kleber", so Wohlgemut.

Nach Angaben der Gewerkschaft Ver.di hatten am frühen Montagmorgen Amazon-Mitarbeiter selbst an sieben Standorten in Deutschland gestreikt. „Während Amazon mit satten Preisnachlässen beim Prime-Day zur Schnäppchenjagd bläst, wird den Beschäftigten eine existenzsichernde tarifliche Bezahlung vorenthalten“, sagte Ver.di-Handelsexperte Orhan Akman. Ein Amazon-Sprecher sagte hingegen, nur sehr wenige Mitarbeiter hätten sich am Streikaufruf beteiligt. Der operative Betrieb laufe ohne Einschränkungen.