Hamburg. Nach dem Pfingst- ist vor dem nächsten Wochenende: Wie geht es nun weiter mit dem günstigen Nahverkehrsticket im Norden?

Wird das 9-Euro-Ticket zu einem vollen Erfolg – oder zu einem Desaster mit vollen Zügen? Noch lässt sich das nicht sagen, auch wenn Verkehrsverbünde wie der HVV bereits eine positive erste Bilanz nach anderthalb Wochen ziehen. Das Pfingstwochenende lockte nicht nur mit Überlänge, sondern auch mit strahlendem Frühsommerwetter, was auf den besonders beliebten Strecken wie der von Hamburg nach Sylt zu großem Andrang in den Zügen führte.

Für Schlagzeilen sorgte besonders die Reisegruppe Dosenbier: Einige Dutzend Punks, die sich häuslich in der Fußgängerzone von Westerland eingerichtet hatten, abgesehen vom ungewohnten Äußeren und sehr ausgeprägtem Durst aber kaum auffällig wurden. Moritz Luft, Geschäftsführer von Sylt Marketing, spricht insgesamt von einem "erfreulich großen Interesse" an einem Besuch auf Sylt.

9-Euro-Ticket: Nicht nur Sylt war gut besucht

Viele zog es aber auch an die Ostsee – natürlich besonders in die Lübecker Bucht, die von Hamburg aus problemlos mit dem Zug zu erreichen ist. Doris Wilmer-Huperz von der Tourismus-Agentur Lübecker Bucht sagt, man sei gut besucht gewesen, ein Ansturm sei jedoch ausgeblieben. Auch Lübeck selbst und Travemünde verzeichneten mehr Tagesgäste. Ähnliches ist auch entlang der Nordseeküste zu hören. Ebenso wie an der Ostsee gelte auch dort, dass speziell die Ziele besonders viele Gäste begrüßten, die gut ans Streckennetz der Bahn angebunden seien.

Das Ausflugs- und Kurzurlaubsgeschehen beobachtet man nicht nur auf Sylt, in Sankt Peter-Ording und Timmendorfer Strand. Natürlich haben besonders die Deutsche Bahn und die anderen Anbieter von Regionalzügen einen Blick auf die Auslastung der Züge. Die Bahn hat laut eigenen Angaben an vielen Bahnhöfen das Service- und Sicherheitspersonal aufgestockt – auf "einzelnen Verbindungen nach Sylt" würden darüber hinaus mehr und größere Waggons eingesetzt. Die Verbindungen nach Travemünde profitieren bereits seit dem vergangenen Jahr von einem Ausbau der Kapazität, dort werden nun Züge mit Doppelstockwagen eingesetzt – am Wochenende und an Feiertagen kommt man sogar ohne Umstieg von Hamburg bis nach Travemünde. Wie geht es nun also weiter mit dem 9-Euro-Ticket?

9-Euro-Ticket: Tipps für mehr Spaß am Ausflug

Denn das kommende Wochenende könnte noch mehr als das ohnehin für Ausflüge und Kurzurlaube beliebte Pfingstwochenende einen Ausblick darauf geben, wie die Deutschen mit der neuen Regionalverkehrfreiheit umgehen: Die Pfingstferien in Bayern und Baden-Württemberg laufen zwar noch, davon abgesehen aber ist es für alle ein ganz normales Wochenende mit hinreichend freundlicher Wetterprognose. Für alle, die es also einmal mehr oder zum ersten Mal mit der (Regional-) Bahn ans Meer zieht, haben Urlaubsorte und Bahn einige Tipps.

  1. Mehr Flexibilität: Die ist schwer gefragt. Bei der Bahn heißt es ganz trocken, man müsse "entlang der touristischen Strecken mit einem höheren Fahrgastaufkommen" rechnen, und das natürlich besonders rund ums Wochenende. Wer sich also überlegt hat, am Freitagnachmittag mit dem 9-Euro-Ticket von Altona nach Westerland oder vom Hauptbahnhof nach Timmendorfer Strand zu fahren und die Rückfahrt für Sonntagnachmittag ins Auge gefasst hat, der sollte eventuell noch einmal neu planen.
    Auch sollte man bei weiter entfernt liegenden Zielen, die mit mehreren Umsteige-Stopps verbunden sind, "um stressfrei zu reisen und möglichst keine Anschlusszüge zu verpassen" lieber Verbindungen mit mehr Umsteigezeit wählen, so die Bahn.
  2. Mehr Flexibilität: Hatten wir das nicht schon? Ja, aber: Nicht nur bei der Wahl der Reisezeit, auch bei der Wahl des Ziels sollte man offen für neue Ideen sein. Nach Westerland, Scharbeutz oder St. Peter-Ording wollen erwartbar viele Menschen, doch auch woanders ist es schön. Das Abendblatt hat schon einige Ausflugstipps zusammengestellt.
    Und in der Lübecker Bucht erfährt man sogar schon vor der Ankunft, wie voll es am Strand ist. Der Online-Strandticker verrät es, wie Wilmer-Huperz erklärt: "Zeigt der Strandticker für Scharbeutzer Strandabschnitte schon eine überdurchschnittliche Auslastung, bleibt man einfach in der Bahn sitzen und fährt weiter nach Haffkrug oder Sierksdorf oder Neustadt in Holstein, denn alle diese Orte haben einen eigenen Bahnhof."
  3. Weniger Flexibilität: Warum das denn jetzt? Na ja: So verlockend die Idee auch scheint, das Fahrrad einfach mitzunehmen, um am Zielort noch flexibler sein zu können – sie führt derzeit zu mehr Problemen als Lösungen. Denn wegen des 9-Euro-Tickets sind die Züge voll. Das Bahnunternehmen Metronom hat bereits am Mittwoch angekündigt, dass man ab Hamburg überhaupt keine Fahrräder mehr mitnehmen werde. Die Deutsche Bahn appelliert an "Rücksichtnahme und gegenseitiges Verständnis" und rät dazu, im Zweifelsfall ein Fahrrad vor Ort zu mieten.
    Denn: "Auch dort, wo die Mitnahme von Fahrrädern grundsätzlich möglich ist, können wir nicht garantieren, dass das Fahrrad bei jeder Fahrt mitgenommen werden kann." Besonders Sylt-Reisende mit Zweirad durften schon vergangenes Wochenende erfahren, dass sie tatsächlich am Bahnsteig zurückgelassen werden, wenn der Zug voll ist. Allgemeine Tipps zum Reisen mit Fahrrad hat die DB auf einer eigenen Webseite zusammengestellt.
  4. Das Auto stehen lassen: Ja, tatsächlich. Die Lübecker Tourismus-Sprecherin Doris Schütz warnt, dass das größte Problem in Travemünde nicht Bus- und Bahn-, sondern der Autoverkehr mit der an Wochenenden oft langwierigen Parkplatzsuche sei. Sie empfiehlt ganz explizit die Anreise mit der Bahn – sofern man sich an die anderen Tipps weiter oben hält.

9-Euro-Ticket in Hamburg: Alle Fragen und Antworten

  • Wo kann ich das 9-Euro-Ticket kaufen? Die Tickets sind über die Apps, Fahrkartenschalter, Kundenzentren und andere Verkaufsstellen der Deutschen Bahn erhältlich. In Hamburg ist die Fahrkarte über die HVV-App, den HVV-Onlineshop, die Servicestellen, die HVV-Switch-App, an den Fahrkartenautomaten und in allen Bussen zu bekommen. Außerdem gibt es vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) auch eine eigene „9-Euro-Ticket“-App, die auf den gängigen Plattformen runtergeladen werden kann.
  • Für welchen Zeitraum gilt das Ticket? Die Tickets gelten jeweils für Juni, Juli und August – und zwar für den Kalendermonat. Nicht möglich sind Tickets für gleitende 4-Wochen-Zeiträume, also zum Beispiel von Mitte Juli bis Mitte August.
  • Wie weit kommen Hamburger mit dem 9-Euro-Ticket in Deutschland? In unserer interaktiven Karte finden Sie Ziele, die ab Hamburg mit Regionalzügen zu erreichen sind – direkt oder mit höchstens dreimal Umsteigen.
  • Welche Verkehrsmittel kann man mit dem Ticket nutzen? Prinzipiell gilt das 9-Euro-Ticket bundesweit in allen Bussen, Straßenbahnen, U-Bahnen, S-Bahnen und Zügen des Nah- und Regionalverkehrs – egal ob von der Deutschen Bahn oder anderen Anbietern. Nicht genutzt werden kann der Fernverkehr der Deutschen Bahn mit ICE, Intercity und Eurocity. Auch auf einigen Intercity-Abschnitten, auf denen Fahrgäste mit anderen Nahverkehrsfahrkarten sonst zusteigen dürfen, gilt das Ticket nicht. Diese Fernverkehrszüge werden in der Reiseauskunft neben der IC- mit einer Regionalzug-Kennzeichnung ausgewiesen. Dabei stehe der Hinweis „9-EUR-Ticket nicht gültig“. Nach Angaben der Deutschen Bahn laufen zu dem Thema regional noch Gespräche.
  • Kann man das 9-Euro-Ticket mit ICE-Tickets kombinieren? Ja. Wie die Deutsche Bahn mitteilte, kann man damit im Regionalverkehr zu dem Bahnhof fahren, an dem man in einen Fernzug umsteigt. Für die Fahrt im Fernverkehr ist dann aber immer ein separates Ticket notwendig.
  • Was ist mit Fahrrädern? Wer Fahrräder mitnehmen will, muss für diese trotz 9-Euro-Tickets meist ein paar Euro extra zahlen, zudem kann es passieren, dass die Züge so ge- oder gar überfüllt sind, dass ein Rad schlicht nicht mehr mitgenommen wird.
  • Wird trotz der günstigen Tickets weiter kontrolliert? Ja, die Verkehrsunternehmen kontrollieren eigenen Angaben zufolge wie gewohnt weiter. Wer ohne Ticket angetroffen wird, zahlt nach wie vor ein sogenanntes erhöhtes Beförderungsgeld von meist 60 Euro.
  • Warum ist das Ticket nicht gleich kostenlos? Diesen Vorschlag hat es aus den Ländern tatsächlich gegeben. Einfach auf Tickets (und die Kontrolle) zu verzichten, hätte den Aufwand deutlich gesenkt, so die Argumentation. Ein Grund dafür, dass nun doch etwas Geld verlangt wird: Die Nutzung lässt sich auf diese Weise besser analysieren. Wer nutzt auf welchen Strecken Busse und Bahnen, wenn es deutlich günstiger ist – das ist für die Verkehrsbetriebe eine spannende Frage.
  • Werden zusätzliche Züge eingesetzt? Viele Verkehrsunternehmen haben für die drei Monate Verstärkerzüge angekündigt. Die Deutsche Bahn etwa will 50 zusätzliche Züge einsetzen und das Personal verstärken. Mit den Fahrzeugen könnten 250 zusätzliche Fahrten angeboten werden, hieß es. Sie sollen vor allem entlang der Touristenstrecken in Richtung Nord- und Ostsee sowie im Süden eingesetzt werden. Doch angesichts von durchschnittlich rund 22.000 Regionalbahnfahrten jeden Tag sind Fachleute skeptisch, ob das reicht.
  • Welche Ausflüge gibt es in Hamburg und Umgebung? Das finden Sie im neuen Magazin „Ausflüge“ vom Hamburger Abendblatt. Es ist erhältlich in der Abendblatt-Geschäftsstelle am Großen Burstah 18–32 gleich hinter dem Rathaus, auf abendblatt.de/shop und im Buch- und Zeitschriftenhandel.
  • Fahrpläne ab Hamburg unter www.bahn.de, www.der-metronom.de, www.nordbahn.de, www.hvv.de, www.nah.sh, regional.bahn.de/regionen/meckpomm/fahrplan