Hamburg/Kiel. Die Reiselust steigt wieder: Viele Menschen zieht es an die heimische Küste. Ein Bundesland stand besonders hoch im Kurs.
Nord- und Ostsee gehören weiterhin zu den beliebtesten Reisezielen der Deutschen. Vor allem ein nördliches Bundesland war im vergangenen Jahr bei den Erholungssuchenden besonders beliebt.
Die Lust aufs Reisen kehrt nach zwei Jahren Corona-Pandemie langsam zurück, und auch in diesem Jahr bleibt Deutschland die beliebteste Urlaubsregion. Ein knappes Drittel der 3000 online befragten Studienteilnehmer wollen hier Ferien machen. Zu diesem Ergebnis kommt die 38. Deutsche Tourismusanalyse der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen in Hamburg.
Nordsee und Ostsee bei Urlaubern in Deutschland beliebt
Nach einem deutlichen Rückgang der Reiselust im Jahr 2020 von 40 Prozent, als nur noch gut jeder dritte Bürger wenigstens fünf Tage im Urlaub war, zieht es die Deutschen nun wieder häufiger weg von zu Hause, und so verreisten im vergangenen Jahr 49 Prozent der Befragten. Damit ist dieser Wert zwar immer noch der zweitniedrigste seit der Wiedervereinigung, zeigt aber, dass Urlaub einen hohen Stellenwert hat.
Ulrich Reinhardt, Wissenschaftlicher Leiter der BAT-Stiftung: „Nach einem Jahr der Entbehrung und Einschränkung galt trotz anhaltender Reisewarnungen in der abgelaufenen Saison für etwa jeden Zweiten das Motto: Reiselust statt Reisefrust.“
Mecklenburg-Vorpommern beliebtestes Reiseziel im Norden
Und wohin reisen die Menschen am liebsten? Innerhalb Europas stehen traditionell vor allem Reiseziele rund um das Mittelmeer hoch im Kurs, wie Spanien und Italien sowie Griechenland, Frankreich oder die Türkei. Nach wie vor bleiben sie aber auch gern im eigenen Land (50 Prozent), und hier geht es besonders häufig nach Bayern: Jeder Zehnte verbrachte 2021 seinen Urlaub dort im Süden.
Auf den weiteren Plätzen folgen die Ferienziele an Nord- und Ostsee, wobei Niedersachsen dabei mit 6,7 Prozent beliebter ist als Schleswig-Holstein mit einem Anteil von 4,7 Prozent der Reisenden. Spitzenreiter im Norden ist aber Mecklenburg-Vorpommern, das sich mit einem Urlauberanteil von 7,8 Prozent noch stärker als Urlaubsziel behaupten konnte, während die anderen Regionen Einbußen verzeichnen mussten.
Überraschend: Nordrhein-Westfalen ist mit 2,7 Prozent ein beliebteres Reiseziel als Kroatien (2,3 Prozent), Frankreich (2,3 Prozent) oder auch als Polen (1,1 Prozent).
Österreich verliert stark, Türkei erholt sich
Ziele außerhalb Europas können 2022 mit leichten Zuwächsen rechnen, plant doch bereits jetzt in etwa jeder siebte Bundesbürger eine Fernreise. „Die Bürger sind coronamüde und wollen nicht mehr rund um die Uhr mit der Pandemie konfrontiert werden“, so Reinhardt. „Sie sehnen sich nach Sonne, Strand und Meer, wollen wieder unterwegs sein und dabei möglichst die Unsicherheit daheimlassen. Die Chancen hierfür stehen gut, und mit einer hohen Impfquote und weniger Infektionen werden auch Reisewarnungen und Einschränkungen zurückgehen. Einem Urlaub 2022 steht dann wenig entgegen.“
War 2020 Österreich erstmals seit den 1970er-Jahren wieder das beliebteste Auslandsreiseziel der Deutschen, so ist es 2021 auf ein deutlich niedrigeres Niveau als vor Corona gesunken. 2011 lag es bei 3,8 Prozent, 2019 bei 4,2 Prozent und aktuell bei 3,3 Prozent. Grund dafür waren Reisewarnungen beziehungsweise Beherbergungsverbote in der Alpenrepublik im Jahr 2021.
Aber selbst als diese nicht mehr bestanden, blieb die Unsicherheit der Urlauber bestehen, und viele Reisende wichen auf andere Reiseziele aus. So konnte die Türkei ihren Tiefpunkt überwinden und fast genauso viele Urlauber wie vor der Pandemie bei sich begrüßen (2021: 3,3 Prozent, 2020: 1,1 Prozent, 2019: 3,5 Prozent). Auch in Spanien haben die Lockerungen zu einem deutlichen Anstieg der Urlaubenden geführt. Dorthin reisen fast doppelt so viele für ihren Haupturlaub wie 2020.
Urlaub: Italien ist Gewinner des Jahres
Der große Gewinner 2021 war jedoch Italien. Im vergangenen Jahr verbrachten sogar mehr Bundesbürger ihre Ferien in Italien als 2019. Ein Grund hierfür war die entspannte Lage vor Ort und die damit verbundene gefühlte Sicherheit.
Dagegen blieben Fernreisen auch 2021 eher die Ausnahme. Lediglich jeder 13. Urlauber wählte 2021 einen Urlaubsort außerhalb Europas. Zu den beliebtesten Fernreisezielen gehörten die Karibik und Mittelamerika, während Ferienorte in Südostasien einen starken Rückgang verzeichneten. Die Gründe auch dafür waren Reisewarnungen, Unsicherheit und strenge Einreisebedingungen.
Ziele in Nordafrika waren 2021 dagegen wieder gefragter als 2020. Denn dort können Urlauber mit wenig Kontakten außerhalb der Ressorts Hotel- und Strandurlaub miteinander kombinieren. Aber: Weniger Urlauber verbrachten ihren Sommerurlaub in Ägypten, Tunesien und Marokko als in Rheinland-Pfalz.
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Die Reisedauer liegt innerhalb Europas bei durchschnittlich 12,8 Tagen. Die teuersten Urlaubsdestinationen waren im vergangenen Jahr Skandinavien, Griechenland und Spanien mit den höchsten Tageskosten. Am teuersten war es dabei mit 112 Euro in den spanischen Urlaubsdestinationen, wohingegen ein Ferientag in der Türkei nur 60 Euro kostete. Ob es dort auch in diesem Jahr so günstig bleiben wird, bleibt abzuwarten. Im Schnitt geben die Deutschen für ihren Haupturlaub 1098 Euro pro Person aus, innerhalb Deutschlands lediglich 857 Euro.
Trotz der zurückkehrenden Reiselust steht aber auch fest, dass die Pandemie jedem Zweiten 2021 den Spaß am Urlaub verdorben hat. Und nicht jeder kann sich einen Urlaub leisten: Jeder Vierte konnte aus finanziellen Gründen nicht verreisen (25 Prozent), das betrifft vor allem einkommensschwache Familien und ältere Menschen. Während notwendige und teure PCR-Tests während der Corona-Pandemie vielen das Reisen vermieste oder die Sorge vor einer Infektion, sind Terroranschläge oder Naturkatastrophen kein Grund für Sorgen.