Niedersachsen. Ulla Kimmig arbeitete weltweit als Fotografin. Jetzt lebt sie in einem Mini-Haus und eröffnete die erste Tiny-House-Galerie im Norden.

Sie hat so sehr Gefallen gefunden am Lebensstil im Tiny House, dass Ulla Kimmig nicht nur in einem solchen wohnt, sondern auch beruflich auf das mobile Leben auf wenigen Quadratmetern umgestiegen ist. Die Fotojournalistin hat wohl die erste Tiny House Galerie im Norden. Auf fast 15 Quadratmetern zeigt sie in „Wild Mustang. The Horse Gallery“ im Jesteburger Ortsteil Thelstorf mitten im Grünen zwischen einem Reiterhof und einem Café Fotografien in wechselnden Ausstellungen.

In ihrem Berufsleben war Ulla Kimmig mehr als 20 Jahre lang weltweit im Einsatz mit dem Schwerpunkt soziale Reportagen. Sie hat als erste westliche Fotografin aus dem Iran berichtet – Geschichten, die die Unstimmigkeiten, Probleme und Herausforderungen der Menschen dort darstellten. Sie hat in Brüssel und in Kalifornien gelebt, einen wilden Mustang zähmen lassen und ihn mit nach Deutschland gebracht.

Fotojournalistin lebt in einem Tiny House im Norden

Die Fotojournalistin ist eine Abenteurerin und Weltenbummlerin, die mit 60 Jahren sesshaft wird. Statt in der großen weiten Welt ist sie nun auf 29 Quadratmetern zu Hause. Vor eineinhalb Jahren hat sie ihre 84 Quadratmeter große Wohnung in Sülldorf gegen ein Tiny House getauscht. In ihrem hölzernen „Wohlwagen“ lebt sie auf einem Campingplatz in Jesteburg.

Jesteburg ist zwar nicht Kalifornien, aber das Leben in dem hölzernen Häuschen erinnert sie an den Sonnenstaat, wo die Tiny House-Bewegung ja auch ihren Ursprung hat: „Es ist dieses wunderbare Holz in meinem Wohlwagen in Verbindung mit dem Licht, gerade bei Sonnenschein: Näher kann ich nicht an Kalifornien herankommen“, sagt sie. Seit ihrem 19. Lebensjahr ist sie immer wieder an der Westküste der USA. Das Leben auf engstem Raum ist anders, erklärt sie.

„Alles ist klein und begrenzt"

„Du musst viel dazulernen. Alles ist klein und begrenzt. Jeder Griff muss sitzen und du musst Ordnung halten.“ Zwar hat sie viel Stauraum unter dem Wagen, dennoch musste sie vor dem Umzug viel ausmisten, Möbel, Schränke, ihr geliebtes ovales Sofa fanden keinen Platz in ihrem Mini-Häuschen. Dabei hat ihr „Wohlwagen“ alles, was eine Wohnung auch bietet: Ein großes Bett, Wohnzimmer, Wasch- und Spülmaschine, Küche und ein Bad mit Badewanne. Der vergangene Winter in ihrem mobilen zehn Meter langem und 2,28 Meter breitem Haus war gemütlich.

„Ich habe einen tollen Kamin und eine Gasheizung, die wahnsinnig gut ist. Das ist eine ganz angenehme Wärme.“ Andererseits waren der Winter und die Coronazeit auf dem Campingplatz auf engstem Raum auch sehr, vielleicht zu ruhig. Wenn es nachmittags um vier Uhr dunkel wird und man auf 29 Quadratmetern den Nachmittag und Abend verbringt, sei das etwas anderes als in einer Wohnung in der Großstadt. Und: „Allein ist es perfekt, zu zweit könnte es schon zu eng sein. Dann müsste der eine im Bett ständig über den anderen krabbeln.“

Kimmig wurde auf einem Campingplatz fündig

Es ist ein beschwerlicher Weg zum großen Glück im kleinen Haus: Die Suche nach einem Grundstück dauerte lange, fast ein Jahr lang. Fündig wurde sie auf einem Campingplatz, auf dem auch andere mobile Heime stehen. Das war ihr Glück. Denn so schön der Gedanke ist, in einem Tiny House zu leben, so schwierig sei es, einen geeigneten Standort dafür zu finden. Ulla Kimmig: „Es gibt so gut wie keine geeigneten Grundstücke.“

Ein Blick in die erste Tiny House Galerie: Ulla Kimmig zeigt in „Wild Mustang“ bei Jesteburg wechselnde Foto-Ausstellungen zum Thema Pferd.
Ein Blick in die erste Tiny House Galerie: Ulla Kimmig zeigt in „Wild Mustang“ bei Jesteburg wechselnde Foto-Ausstellungen zum Thema Pferd. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Das Leben in ihrem Holzhäuschen gefällt ihr so gut, dass sie einen zweiten „Wohlwagen“ gekauft und dort ihre Galerie eingerichtet hat. Ihre Galerie hat der Hersteller der „Wohlwagen“ auf ihren Wunsch hin gebaut. Dort drinnen duftet es nach frischem Holz, die Oberlichter und Fenster sorgen für Tageslicht, und an den Wänden hängen Fotografien, alle zum Thema Pferd.

Fotografin zog von Hamburg aufs Land

Damit verbindet die Fotografin ihre berufliche Leidenschaft mit ihrer privaten. Denn sie selbst ist Reiterin und Pferdeliebhaberin. Sie hatte früher einen ehemaligen Galopper und adoptierte vor sieben Jahren den wilden Mustang „Sugar Man“, ließ ihn in Kalifornien von einem Cowboy zähmen. Nun lebt er auf dem Reiterhof neben ihrer Galerie und teilt sich die Weide mit Islandpferden. Die Entscheidung, von Hamburg aufs Land zu ziehen, hat auch viel mit „Sugar Man“ zu tun. „Hier kann ich jeden Tag mit ihm zusammen sein.“

Fotografin Ulla Kimmig fotografiert nicht nur Pferde – sie reitet selbst.
Fotografin Ulla Kimmig fotografiert nicht nur Pferde – sie reitet selbst. © Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Mit der Ausstellung „Das Pferd im Dienste des Menschen“ möchte Ulla Kimmig die Bedeutung der Tiere betonen. „Das Fluchttier Pferd und der Mensch arbeiteten Seite an Seite. Unverzichtbar in der Landwirtschaft, Kriege entscheidend oder schuftend unter Tage – mit der „Wild Mustang Gallery“ möchte ich in thematisch wechselnden Ausstellungen eine neue würdevolle Öffentlichkeit schaffen, in der die Erinnerung an die Leistung des Pferdes wachgerufen wird.“

Tiny-House-Galerie wird auch vermietet

Auf den Fotos in ihrem Galeriewagen ist zum Beispiel die damals noch junge Dressurreiterin Isabell Werth 1991 mit ihrer Zuchtstute auf der Weide unter dem Motto „Frauen und Pferde“, die Ulla Kimmig in einer 6er-Serie damals für den Stern fotografiert hatte. Kosten: 750 Euro. Auf einer anderem Aufnahme ist eine Szene aus dem Film „The Misfits“, in der sich das eingefangene Pferd gegen die Kraft der vier Schauspieler Marilyn Monroe, Clark Gable, Montgomery Cliff und Eli Wallach wehrt und steigt von 1960. Kosten: 195 Euro.

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Solche und andere Arbeiten von namhaften Reportage-Fotografen, zum Beispiel von der Fotoagentur Magnum, können vor Ort erworben werden. In Zukunft möchte sie mit ihrer mobilen Galerie zu größeren Pferdevents reisen und dort ihre Ausstellung präsentieren. Außerdem bietet sie ihre Tiny-House-Galerie auch zur Vermietung an. Der 3,1 Tonnen schwere Holzwagen mit TÜV-Zulassung hat ein Fahrwerk samt Straßenzulassung und lässt sich problemlos transportieren.

Wild Mustang: The Horse Gallery, Lüllau, Thelstorf 31 (neben Café Waldperle) in Jesteburg. Infos: www.wildmustang.rocks/