Wittenborn. Ihr großes Haus hat sie verkauft und lebt nun in einem Tiny House am idyllischen Mözener See: „Das ist wie eine Befreiung.“
Viel Grün, ein herrlicher Badesee, direkt am Waldesrand gelegen – eine schönere Idylle zum Aussteigen lässt sich kaum vorstellen. Hier am Campingplatz am Mözener See in Wittenborn ist jetzt Linda Sebrantke zu Hause. Die Sozialpädagogin, die als gesetzliche Betreuerin von bedürftigen Menschen selbstständig ist, hat ihr bisheriges Leben völlig umgekrempelt. Sie hat ihr Einfamilienhaus in der Nähe von Elmshorn verkauft und sich ein Tiny-House bauen lassen.
Wohnen mitten in der Natur – auf 15 Quadratmetern
Statt geräumiger 80 Quadratmeter Platz muss die Mutter von zwei erwachsenen Kindern jetzt kleiner und bescheiden mit nur noch 15 Quadratmeter Wohnfläche auskommen. Am Mözener See hat die 54-Jährige ihr neues Traum-Domizil gefunden. „Hier lässt es sich in aller Ruhe gut leben“, sagt sie überzeugt und strahlt eine gelassene Zuversicht aus. „Ich habe hier mein Haus am See.“
Die Idee, sich zu verkleinern, habe sie schon länger mit sich getragen, erzählt die gebürtige Kielerin und lässt entspannt ihre Beine von ihrer großen Holzveranda baumeln. Die Seele scheint im Ruhepuls mitzuschwingen, wenn sie von dem neuen stressfreien Leben in der Natur unter netten Menschen spricht.
Die Kinder sind längst aus dem Haus und die Arbeit ist so gut organisiert, dass sie diese meist von zu Hause aus erledigen kann. So reifte die Idee in der Coronakrise zum festen Entschluss. „Ich wollte aus meinem bisherigen Leben aussteigen und vor allem unnötigen Ballast abwerfen“, erklärt sie. „Das ist wie eine Befreiung.“
Das Tiny-House ist mobil, kann per Anhänger bewegt werden
Im Herbst habe sie dann den idyllischen See nahe der Kreisstadt Bad Segeberg entdeckt und spontan gedacht: „Das ist der richtige Fleck mitten in der Natur, nach dem ich gesucht habe.“ Wie gerufen, lernte sie kurz darauf den gewieften Handwerker Ullrich Scharfenberg kennen, der nach ihren Plänen ihr neues Zuhause aus Holz und nachwachsenden Rohstoffen angefertigt hat. Die Eingangstür sollte an der Längsseite sein, damit sie drinnen mehr Platz hat. Als doppelte Flügeltür bietet sie mehr Flexibilität, Möbel hineinzutragen.
Ein Hochbett, mehrere Klappfenster zum Lüften und eine abgetrennte Nasszelle mit Dusche und Toilette stellen den Innenbereich dar, der mit 2,35 Meter mal 5,80 Meter Innenraumfläche sehr übersichtlich erscheint und auch nur 3,50 Meter hoch ist. Wandschrank, Kochnische und eine Holztreppe aufs Hochbett müssen noch installiert werden. Zudem spielte das Gewicht eine wichtige Rolle, da Linda Sebrantke ihr kleines Zuhause überall hin mit einem Anhänger transportieren möchte, falls es sie einmal woanders hinzieht. So kamen nur leichte Baumaterialien und kein Metall in Frage, erklärt Handwerker Scharfenberg, für den es der erste Tiny-Haubau-Auftrag war, den er in drei Monaten erledigte.
Linda ist vom Ergebnis seiner Arbeit begeistert, und so hat Scharfenberg jetzt schon drei weitere Tiny-Häuser in Planung. „Ich will auch eins für mich selbst bauen“, sagt der Elmshorner. „Die Vorstellung, reduziert zu leben, zurück zur Natur und diese Flexibilität, den Wohnort mit den eigenen vier Wänden wechseln zu können, finde ich spannend“, sagt er. Mit dieser Begeisterung sei er nicht allein. „Die Tiny-House-Bewegung boomt.“
Der Wohnplatz kostet nur 200 Euro im Monat
Der Verkauf ihres alten Hauses hat den Bau des Tiny-House ermöglicht und sogar noch Ersparnisse übrig gelassen. Der Dauerwohnplatz koste sie etwa 200 Euro im Monat zuzüglich Nebenkosten für Strom und Heizung. Einen Abwasseranschluss teilt sie sich mit zwei Nachbarn, die sich ebenfalls auf die engen Wohnverhältnisse eines Tiny-Houses eingelassen haben. Den meisten Platz hat Linda Sebrantke auf ihrer großzügigen überdachten Veranda. Hier lässt sie ihr stressiges Arbeitsleben hinter sich. „Heute Morgen war ich als erstes im See schwimmen“, schwärmt sie. Das Wasser war schön erfrischend. Der See liegt ein paar Meter vom Haus entfernt.
Noch ist vieles in der Mache. Einen kleinen Kräuter- und Gemüsegarten möchte sie noch anlegen, erzählt sie. Gasheizung und Ofen werden noch eingebaut, damit sie auch im Winter hier gut leben kann, wenn’s draußen bitterkalt wird. „Das Haus ist gut isoliert“, sagt sie. „Das hat Qualität.“
Und Linda freut sich auf die Gemeinschaft mit ihrer direkten Nachbarschaft, die bereits aus zwei Dutzend Tiny-House-Bewohnern besteht. Alles nette Leute, wie sie sagt. Man unterstützt sich. „Das ist wie in einem Mietshaus, nur nicht so anonym.“ Sie freut sich schon darauf, Herbst, Winter und Frühjahr in ihrer neuen Heimat zu verbringen. „Hier kann ich gut leben“, sagt sie noch einmal. Und wenn nicht, nimmt sie einfach ihr neues Haus und zieht damit woanders hin.