Schleswig-Holstein. Zukunftsforscher warnt: Die zunehmende Regulierung an Norddeutschlands Stränden trübt mitunter das Urlaubsglück. Ein Überblick.

Einfach an den Strand gehen, Füße in den Sand stecken und glücklich sein, frei sein und das machen, wozu man Lust hat. Das erwarten wohl alle, die ans Meer fahren. Das ist auch möglich, wenn sich jeder Besucher an die Regeln hält. Vor allem in den gut besuchten Sommermonaten sind viele Vorschriften zu beachten, deren Einhaltung oftmals von Strandstreifen überwacht werden. Manche Vorschriften machen offensichtlich Sinn, andere erscheinen doch sehr bürokratisch. Was verboten, was erlaubt ist.

Der Tag mit der Familie in Pelzerhaken begann so schön. Sonne, Wind und Wasser, und ein Parkplatz war morgens um 10 Uhr auch noch frei – direkt neben dem Wassersportzentrum. Übernachten ist hier untersagt, darauf weist das erste Verbotsschild gleich hin. Das Kind freute sich, mit dem Vater surfen zu gehen. Die Mutter wollte vom Strand aus mit dem Hund an der Leine zuschauen. Dann der Dämpfer und das nächste Verbotsschild: Der Hund darf nicht mit an den Strand.

An vielen Stränden im Norden gilt Hundeverbot

Das dürfen Hunde an vielen Stränden in der Hauptsaison nicht, auch nicht an der Leine. Für sie gibt es ausgewiesene Strände. Genauso wenig dürfen Besucher einfach einen Drachen steigen lassen oder eine große Sandburg bauen. Grund dafür: „Früher haben es die Leute übertrieben und so viele Sandburgen gebaut, dass keine Rettungsfahrzeuge mehr am Strand fahren konnten“, sagt Bruno Pischel von der Sylt Marketing GmbH.

Die Verbote an Norddeutschlands Stränden ähneln sich, die Vorschriften sind in den jeweiligen Satzungen der Gemeinden detailliert aufgelistet: Lagerfeuer sind verboten, am Strand campen ebenso, Wassersport ist nur in ausgewiesenen Zonen erlaubt, Bootfahren genauso, einfach mit dem Rad auf den Strand fahren geht auch nicht, Angeln ist entweder verboten oder nur zu bestimmten Zeiten erlaubt. Der Müll muss natürlich überall entsorgt werden, Seevögel dürfen nicht gefüttert werden, es dürfen keine Pflanzen mitgenommen werden.

Büsum verbietet Musik am Strand

An vielen Stränden, zum Beispiel in Büsum, ist es untersagt, sich mit Decken zwischen oder vor die Strandkörbe zu legen oder fremde Strandkörbe als Wind-/Sonnenschutz zu nutzen. Reiten ist nur zu bestimmten Zeiten im Jahr erlaubt, laute Musik ist verboten, für Nudisten gibt es spezielle FKK-Strände. Überhaupt sind die meisten Strände in Abschnitte geteilt, die die Gästetypen voneinander trennen.

Kampen auf Sylt: Menschen  entspannen sich in Strandkörben.  Die Anordnung ist geregelt.  Nicht immer dürfen die Körbe  verschoben werden.
Kampen auf Sylt: Menschen entspannen sich in Strandkörben. Die Anordnung ist geregelt. Nicht immer dürfen die Körbe verschoben werden. © dpa | Lea Pischel

Neu ist das Shisha-Verbot am Strand in Haffkrug und Scharbeutz. „Leider haben einige die Kohle nach Gebrauch im Sand verbuddelt, die dann noch bis zu 48 Stunden nachglühen kann und so eine Gefahr für alle beim Hereintreten darstellt“, heißt es aus dem Bürgermeisterbüro. Die häufigsten Verstöße dort seien das Nichtzahlen der Kurtaxe, das Mitführen von Hunden am Strand außerhalb der Hundestrände, offenes Feuer, das Betreten der Dünenanlagen, laute Musik sowie das Übernachten am Strand.

Menschen nehmen immer weniger Rücksicht

Stephan Reil ist in Neustadt-Pelzerhaken für die Ordnung an den Stränden zuständig. Zu seinem Team gehören Mitarbeiter, die am Strand Streife gehen und die Einhaltung der Regeln kontrollieren. Seit 30 Jahren ist Reil im Geschäft. Er sagt, es werde immer schwieriger, alle Interessen miteinander zu vereinbaren. „Jeder denkt an seinen Vorteil. Ein Hundebesitzer möchte möglichst viel Fläche am Strand haben. Ein Nicht-Hundebesitzer kann auf diese Flächen verzichten. Das Gleiche mit Surfern oder FKK-Gästen. Es beschwert sich jeder über jeden und möchte seine Interessen durchgesetzt wissen. Die erste Frage ist immer ‘wo steht das’?“

Rücksichtnahme auf andere werde immer weniger genommen, so sein Eindruck. Um eine Handhabe gegen die zu haben, die sich nicht an die Regeln halten, sagt auch Bruno Pischel von Sylt, komme man um Geldbußen und Vorschriften nicht herum.

Naturschutz spielt große Rolle bei Satzungen

Jeder Ort an der Küste hat Satzungen. In Neustadt etwa erhält die Kommune zunächst eine Erlaubnis vom Kreis Ostholstein über die Sondernutzung zum Badebetrieb am Meeresstrand, die regelmäßig neu beantragt werden muss. Hier werden von der Unteren Naturschutzbehörde Rahmen wie Zeitraum (Nutzungsdauer) und Fläche (Hundestrand, Surfstrand, Badestrand, Strandkorbbereiche, Bootsliegeplätze) festgelegt. Ins Detail gehen dann die örtlichen Satzungen. Der Naturschutz spielt dabei eine sehr große Rolle.

„Es geht gar nicht um Verbote an sich, sondern darum, alle Gästegruppen auf bestimmte Art und Weise zufriedenstellen zu können“, sagt Jacqueline Felsmann vom Tourismusservice Grömitz. „Einige Gäste besuchen den Strand gerne mit Hund, andere genießen die Ruhe, wieder andere wollen sich sportlich betätigen.“

Verschiedene Zonen in Grömitz

Durch die unterschiedlichen Bereiche soll sich jeder an „seinem“ Strandabschnitt wohlfühlen können. „Bei uns gibt es Wassersportzonen, Hundestrand, FKK-Bereich und einen Jugendstrand“, sagt Felsmann. In Grömitz dürfen Hunde vom 1. November bis 31. März den gesamten Strand nutzen. Jacqueline Felsmann zu den Sommermonaten: „Es kommt sehr selten vor, dass sich Strandbesucher mit Hund an einen nicht dafür ausgewiesenen Strandabschnitt verirren. Sollte es doch einmal der Fall sein, machen wir gern darauf aufmerksam und zeigen die passende Alternative auf.“ Am Strand kontrollieren Mitarbeiter vom Tourismus-Service Grömitz.

Auf Sylt gibt es  17 Hundestrände  entlang der Westküste.  Es besteht Leinenpflicht.
Auf Sylt gibt es 17 Hundestrände entlang der Westküste. Es besteht Leinenpflicht. © dpa | Lea Pischel

Wer sich nicht an die Regeln hält, kann auch zur Kasse gebeten werden. Die Höhe der Geldbußen können fünf bis 1000 Euro betragen. Aber: Ordnungsbehörde und Tourismus-Service gehe es nicht darum, Bußgelder zu generieren. „Vielmehr sehen wir es als unsere Pflicht an, in Gesprächen auf Fehlverhalten hinzuweisen, Sinn und Zweck der Bestimmungen zu erläutern, um so auf mehr Verständnis und Rücksichtnahme zu bauen“, sagt Andreas Schneider vom Amt für gesellschaftliche Angelegenheiten in Neustadt.

„Respekt und Rücksichtnahme weichen"

„Allerdings wird es von Jahr zu Jahr schwieriger, an die Vernunft der Leute zu appellieren, weil Respekt und Rücksichtnahme weichen und stattdessen jeder nur seine eigenen Interessen im Vordergrund sieht.“ Bei der Vielzahl von unterschiedlichen Nutzungen und Interessen wie Badenden, spielenden Kindern, Surfern, Kitern, Jetski-Fahrern, Hundebesitzern, Anglern, Strandkorbnutzern seien Konflikte unvermeidbar.

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„Insofern ist im Laufe der letzten Jahre ein spürbarer Anstieg der Verstöße festzustellen“, so Schneider. Häufigste Regelverletzungen sind dabei gegen das Hundeverbot am Badestrand und die fehlende Zahlung der Kurabgabe. Danach folgen diejenigen, die trotz Verbots mit ihren Wasserfahrzeugen am Badestrand anlanden und so die Schwimmer gefährden.

„Regulierung an Stränden trübt Urlaubsglück"

Aber ist es bloße Rücksichtslosigkeit bei den Menschen und Egoismus, der dazu führt, Vorschriften zu ignorieren, oder ist es auch Unverständnis für Regelungen in einer Welt, die scheinbar immer stärker reglementiert wird, in der sich manche gegängelt fühlen?

Bereits 2018 ergab eine Umfrage, dass eine Mehrzahl der Deutschen (55 Prozent) die zunehmende staatliche Regulierung durch Verbote oder Warnhinweise kritisch sieht. Das sagt Professor Ulrich Reinhardt, Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen. Die Zahl der Gesetze steige jedes Jahr. Regeln sollen Struktur schaffen und Sicherheit suggerieren. „Die zunehmende Regulierung an Stränden trübt mitunter das Urlaubsglück. Urlaub soll der Kontrast zum Alltag sein, hier sucht der Mensch eine heile Urlaubswelt und will möglichst keine Verbotsschilder vorfinden. Auch suggerieren diese nicht Sicherheit, sondern stehen eher für Gefahr“, so Reinhardt.

Verbote an der Küste als Überregulierung

Manche Menschen empfänden Verbote als Überregulierung, möchten nicht, dass der Staat ihnen die Verantwortung für Entscheidungen abnimmt. Sein Fazit: „Mehr Vertrauen in den einzelnen Urlauber und mehr Zutrauen in die Fähigkeit durch Gespräche Verständnis zu erzeugen. Schließlich wollen doch alle wieder den Urlaub genießen.“

Einige Regeln an beliebten Küstenorten im Überblick

Das Nordseebad Büsum hat gleich elf Punkte in seiner Strandetikette aufgeführt. Darin heißt es es unter anderem:

  • 1. Das Radfahren und Mitführen von Fahrrädern auf dem Deich sowie Inlineskaten und Skateboarden ist nur vom 1. November bis 28./29. Februar erlaubt...
  • 2. Im Ortsgebiet sowie im Deich- und Strandbereich einschließlich der Hundestrände besteht Leinenpflicht. Hunde sind angeleint ganzjährig auf der Promenade der Deichkrone und vom 1. Oktober bis 31. März auf der unteren Promenade erlaubt. Hundestrände sind am Aufgang 1 und 14; nur an Aufgang 14 darf der angeleinte Hund hinter der Buhne ins Wasser oder ins Watt mitgenommen werden…
  • 3. Östlich der Schleuse in Richtung Büsumer Deichhausen und hinter dem Hundestrand am Aufgang 14 in Richtung Westerdeichstrich ist das Drachen steigen lassen möglich. Im Deich- und Strandbereich zwischen den Aufgängen 1 und 14 einschließlich der Watt‘n Insel ist das Drachen steigen lassen nicht erlaubt. Ausgenommen sind kleine Kinderdrachen zwischen Aufgang 7 und 14.
  • 4. Das Fliegen lassen von Drohnen und Kameradrohnen ist untersagt.
  • 5. Der Bereich zwischen den Strandkörben ist den Strandkorbmietern vorbehalten. Es ist untersagt, sich mit Decken zwischen oder vor die Strandkörbe zu legen oder fremde Strandkörbe als Wind-/Sonnenschutz zu nutzen.
  • 6. Am Deich dürfen Strandmuscheln sowie Wind- oder Sonnenschutz nur zusätzlich zu einem gemieteten Strandkorb genutzt werden.
  • 7. Das Versetzen von Körben ohne Rücksprache mit dem Strand-Service sowie die Mitnahme von Hunden in den Strandkorb ist verboten...
  • 9. Das Füttern von Vögeln und anderen Wildtieren ist verboten.
  • 10. Angeln ist verboten.

St. Peter-Ording

Das Parken ist nur auf den Parkflächen vom 15. März bis 31. Oktober von 7.30 - 22.30 Uhr gestattet. Das Befahren des Strandes im Rahmen von sportlichen Aktivitäten, Mountainbiking oder Radfahren, ist verboten. Nur Strandsegeln und Kitebuggy-Fahren ist in den ausgewiesenen Flächen erlaubt. Das Radfahren ist nur auf den dafür vorgesehenen Holzstegen erlaubt.

Auf den Strandparkplätzen gilt in der Zeit von 22.30 bis 7.30 Uhr Nachtparkverbot. Übernachten in und bei den Fahrzeugen ist nicht erlaubt. Verstöße am Strand werden mit 100 Euro (zzgl. einer Bearbeitungsgebühr in Höhe von 28,50 Euro) geahndet. Das Aufbauen von Zelten oder ähnlichen Konstruktionen ist verboten. Offenes Feuer und Grillen ist untersagt. Das Betreten der Dünen ist, außer in speziell gekennzeichneten Flächen verboten.

Es gilt auf dem Strand inklusive der Parkflächen Leinenpflicht für Hunde. Ausnahmen sind die Hundeauslaufflächen an den Abschnitten Ording Nord und Bad. Das Reiten ist zwischen den Ortsteilen Dorf und Böhl in ausgewiesenen Gebieten erlaubt. Das Fliegen und Filmen mit Drohnen ist im Nationalpark und auf dem Strand, über den Dünen und Salzwiesen verboten.

Sylt

Auf Sylt sind Hunde ist vom 1. November bis 14. März an allen Strandabschnitten erlaubt. Vom 15. März bis zum 31. Oktober sind Hunde ausschließlich an bestimmten Strandabschnitten erlaubt (in Westerland: Nordseeklinik Nord, Dikjendeel/Baakdeel; in Rantum: Campingplatz, Henning-Rinken-Wai,Tadjemdeel/FKK-Strand, Samoa/FKK-Strand und Sansibar/FKK-Strand).

Das Reiten am Strand ist nur an den Westerländer Strandabschnitten Dikjendeel/Baakdeel (Strandübergang-Nr. 57-59 / Strandabschnitt-Nr. 4.90) südlich bis zur Ortsgrenze Westerland/Rantum(Höhe Haus Hanna) erlaubt. In der Zeit vom 15. März bis 31. Oktober ist das Reiten am Strand nuraußerhalb der Badezeit täglich vor 10.30 Uhr und nach 17 Uhr erlaubt.

Sierksdorf

Nicht erst seit Corona gilt: Personen mit ansteckenden Krankheiten im Sinne des Infektionsgesetz ist der Zutritt zum Badestrand nicht gestattet. Außerdem verboten: „Der Bau von Sandburgen von mehr als vier Meter Außendurchmesser und 50 Zentimetern Tiefe oder in weniger als drei Metern Entfernung von der Uferschutzmauer, dem Fuß der Dünen oder des Steilufers oder so nahe an der Wasserlinie, dass das Wandern behindert wird. Das Zusammenrotten von Personen, wenn dadurch eine Belästigung anderer eintritt.“

Das Liegenlassen von Müll natürlich. „Das Steigenlassen von Lenkdrachen von 9 bis 19 Uhr. „Das überlaute Abspielen von Tonübertragungsgeräten...“ Das Aufstellen von Windschutz (Strandmuscheln, Iglu-Zelte) an bestimmten Strandabschnitten. Das Betreten der Dünen und Strandwälle.

Neustadt-Pelzerhaken

Hier gelten ganz ähnliche Vorschriften, hinzu kommen noch Regelungen für Wasserfahrzeuge. So ist das Festmachen von Wasserfahrzeugen an allen Steg- und Brückenanlagen nicht gestattet. Angeln ist von sechs bis 22 Uhr nicht erlaubt.

Scharbeutz und Haffkrug

Außerhalb der Hundestrände ist das Mitbringen von Hunden in der Zeit vom 1. April bis 31. Oktober untersagt, vom 1. November bis 31 März dafür am gesamten Strand erlaubt. Auch Pferde sind dann willkommen.