Kiel/Timmendorf. Die Idee ist nicht so abwegig, wie es zunächst vielleicht scheint. Verkehrsminister Buchholz ist jedenfalls begeistert.
Sie braucht keinen Fahrer, sie ist schnell und leise – und sie könnte die Badeorte Timmendorfer Strand und wohl auch Niendorf mit dem Ratekauer Bahnhof verbinden. Die Rede ist von einer Magnetschwebebahn. Sie könnte zu einer Touristenattraktion an der Ostseeküste werden. Gebaut wird sie von der Firma Max Bögl. Am vergangenen Montag wurde das Projekt dem Landesverkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) vorgestellt.
Der war begeistert. „Das wäre zwar zweifellos ein teures Vorhaben, aber zugleich auch ein Nahverkehrs-Vorzeigeprojekt für ganz Deutschland“, sagt Buchholz. „An dessen Verwirklichung dürfte auch der Bund ein großes Interesse haben: emissionsarm und leise und das bei geringeren laufenden Kosten als bei herkömmlichen Schienenverbindungen.“
„Strandrapid“ könnte Problem beseitigen
Der „Ostsee-Transrapid“ oder „Strandrapid“ würde ein Problem beseitigen, das den Timmendorfern unter den Nägeln brennt. Die derzeit in Planung befindliche neue und dann auch elektrifizierte Bahnlinie zwischen Hamburg und Puttgarden wird entlang der Autobahn 1 verlaufen. Nach der Fertigstellung, vermutlich im Jahr 2028, wird die Bäderbahn, die mehrere Ostseebäder mit Ratekau verbindet, eingestellt. Für Timmendorf bedeutet das: Es gibt dann keine Bahnverbindung in den Ort. Der nächste Bahnhof befindet sich im sieben Kilometer entfernten Ratekau. Wie sollen die mit der Bahn anreisenden Touristen von dort aus nach Timmendorf kommen?
An dieser Frage hat sich in dem Badeort schon so mancher Streit entzündet. Das liegt auch an der etwas widersprüchlichen Haltung vieler Bürgermeister zur Frage der Bahnanbindung. Zunächst hatte man in Timmendorf, Scharbeutz und Haffkrug jahrelang dafür gekämpft, dass die Bahn aus den Orten verschwindet.
Bedenken und Protesten der Bäderorte
Die Sorge war groß, dass mit der Fertigstellung des Belttunnels zwischen Fehmarn und Lolland in Dänemark viel mehr Züge, vor allem auch Güterzüge auf der Strecke unterwegs sein würden. Mancher Politiker und manche Bürgerinitiative befürchtete, dass der Bahnlärm bis an den Strand vordringen und die Touristen in die Flucht treiben würde. Ihre Wunschvorstellung: Der Fern- und Güterverkehr bekommt zwei neue Gleise weit weg von den Stränden, die eingleisige Bäderbahn bleibt für den Nahverkehr erhalten. Eine Maximalforderung – und die teuerste Variante.
„Das wäre ein Nahverkehrs-Vorzeigeprojekt für ganz Deutschland. “
Mit ihren Bedenken und Protesten hatten die Bäderorte zunächst Erfolg. Im Sommer 2013 versprach der damalige Bahnchef Rüdiger Grube, diese Variante zu prüfen. Ein Jahr später kam dann das Aus – unter anderem wegen der hohen Kosten. Es blieb bei zwei neuen Gleisen mit Abstand zur Küste. Das Ende der Bäderbahn war besiegelt.
Suche nach einer neuen Anbindung
Danach machte sich Verkehrsminister Buchholz auf die Suche nach einer neuen Anbindung. Er bat die Nahverkehrsgesellschaft Nah.SH, „alternative Konzepte für die Verknüpfung des künftigen Bahnangebots auf der neuen Trasse mit den Verkehrsbedürfnissen der Touristen und Bewohner der Region zu suchen“. Als Beispiele nannte er den Einsatz neuer Doppeldecker-Busse und Versuchsstrecken mit autonom fahrenden Fahrzeugen.
Genau das kann die Firma Bögl bieten. Das bayerische Bauunternehmen stellt mit seinem Tochterunternehmen TSB (Transport System Bögl) Schwebebahnen her. Sie sind bis zu 150 Stundenkilometer schnell, werden ferngesteuert, brauchen also keine Fahrer, und können in einer Sektion 127 Fahrgäste befördern. Die Schwebebahn kann aufgestelzt werden, aber auch ebenerdig fahren – also etwa auch die Trasse der Bäderbahn zwischen Timmendorf und Ratekau nutzen. Noch ist das Bögl-Produkt allerdings nirgends im Betrieb.
Bögl-System ist für den Nahverkehr gedacht
„Die Firmengruppe Max Bögl beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der Magnetbahntechnologie“, sagt Marketingleiterin Nancy Fürst. „Zu Beginn mit Fahrwegsystemen für den Transrapid. Die Entwicklung des Nahverkehrssystems TSB startete 2010.“ Auf einer eigenen Teststrecke in Sengenthal habe das TSB bereits mehr als 125.000 Fahrten absolviert.
Ein Transrapid wäre es dennoch nicht, was in Timmendorf unterwegs wäre. Dieser Schwebebahntyp war für hohe Geschwindigkeiten und Fernverkehrsstrecken konzipiert. Das Bögl-System ist für den Nahverkehr gedacht. Das Fahrwerk und die Leistungselektronik liegen innerhalb des Fahrwegs, gekapselt durch 20 Zentimeter dicken Stahlbeton. Das minimiert unter anderem die Schallemission. Der Antrieb befindet sich im Fahrzeug. „Dadurch lassen sich kurze Zugfolgezeiten von nur 80 Sekunden realisieren“, sagt die Marketingleiterin. Die Fahrwegkosten lassen sich so entscheidend reduzieren.
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Das Bögl-System soll im August bei einem zweitägigen Workshop in Timmendorf vorgestellt werden. Dann präsentieren auch andere Anbieter ihre Ideen für einen umweltfreundlichen und schadstoffarmen Transport der Touristen an den Ostseestrand.