Hamburg. Der “Kleiderbügel“, Wahrzeichen des Landes Schleswig-Holstein, wird nicht abgerissen. Neuer Tunnel nimmt Autos und Züge auf.
Der „Kleiderbügel“, das Wahrzeichen Schleswig-Holsteins, wird weiterhin über dem Sund hängen. Die Fehmarnsundbrücke bleibt erhalten, dennoch wird für Autos und Züge ein neuer Tunnel gebaut: Das haben Bundesverkehrsministerium, das Land Schleswig-Holstein und die Deutsche Bahn am Dienstag entschieden. Im Jahr 2028 soll der 714 Millionen Euro teure Absenktunnel fertig sein. Die Brücke darf dann nur noch von Fußgängern, Radlern und langsamen Fahrzeugen benutzt werden.
Acht Varianten hatte die Deutsche Bahn, der die Sundbrücke gehört, geprüft. Unter anderem wurde auch untersucht, ob sich der Verkehr auf zusätzlichen Brücken unterbringen lässt. Gewaltige Bauwerke wären das geworden, mit 130 Meter hohen Pylonen hätten sie den „Bügel“ locker in den Schatten gestellt.
Fehmarn-Tunnel größtenteils vom Bund finanziert
Doch dazu wird es nun nicht kommen. DB-Infrastruktur-Vorstand Ronald Pofalla sagte am Dienstag: „Die Querung des Fehmarnsunds ist ein zentraler Baustein für mehr Verkehr auf der Schiene auf einer neuen europäischen Nord-Süd-Achse. Die neue Sundquerung ist leistungsfähiger als die bisherige und bewahrt zugleich mit dem Erhalt der Fehmarnsundbrücke ein touristisches Wahrzeichen.“
Auch Bernd Buchholz (FDP), Schleswig-Holsteins Verkehrsminister, fand die Entscheidung gut. „Mit dem umfangreichen Variantenvergleich haben wir die Wünsche der Region in einem langen Dialogprozess maximal berücksichtigt. Nun gilt es, die weitere Planung rechtssicher auf den Weg zu bringen.“
Das Geld für den Tunnel kommt im Wesentlichen vom Bund. Enak Ferlemann, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, sprach von einem am Ende klaren Votum. „Der Absenktunnel hat sich in einem umfassenden Vergleich der denkbaren Varianten stabil als überlegene Variante dargestellt“, sagte er.
Landrat sieht drei wesentliche Tunnel-Vorteile
Die nun ausgewählte Form der Sundquerung ist in der Tat der Favorit der Fehmaraner und Ostholsteiner. Das Bürgerbeteiligungsgremium „Dialogforum“ hatte sich schon vor Monaten für den Absenktunnel ausgesprochen. Auch Ostholsteins Landrat Reinhard Sager, der diese Lösung ins Spiel gebracht hatte, freute sich über die Entscheidung.
„Sie hat drei Vorteile“, sagte er. „Die Sundbrücke wird nicht visuell durch den Bau weiterer Brücken beeinträchtigt, der Verkehrslärm verschwindet unter der Erde und belastet nicht die Insel, und die Sundquerung wird mit dem Tunnel unabhängig von Witterungseinflüssen.“ Besonders froh aber sei er darüber, dass die Brücke erhalten bleibe. „Das ist eines der meistfotografierten Bauwerke in Deutschland“, sagte er.
Neue zweigleisige Bahnstrecke
Es ist allerdings auch ein Bauwerk, dass bei der Planung eines weitaus größeren Bauwerks zunächst sträflich vernachlässigt worden war. Dänemark will einen Tunnel zwischen Fehmarn und dem dänischen Rødby bauen. Seit 2008 ist das bekannt, damals unterzeichneten Deutschland und Dänemark einen Staatsvertrag zum Bau der Querung. Der Belttunnel wird vier Spuren für Autos und zwei Gleise haben.
Auf deutscher Seite, also auf Fehmarn, wird deshalb eine vierspurige Straße gebaut, die in Heiligenhafen auf die A 1 stößt. Zudem wird zwischen Puttgarden und Lübeck eine zweigleisige, elektrifizierte Bahnstrecke entstehen. Zu viel für die 1963 fertiggestellte Sundbrücke, sie trägt derzeit ein Gleis und zwei Fahrspuren. Ist der Belttunnel einmal fertig, würde es dort unweigerlich zu Staus kommen.
Auch der Belttunnel soll 2028 fertig sein
Dennoch hat sich die Bahn zunächst einmal viel Zeit gelassen mit ihren Neubauplänen. Folge: Jetzt ist der Zeitdruck da. 2028, wenn der Sundtunnel fertig sein soll, soll auch der Belttunnel fertig sein. Es ist sicherlich eine anspruchsvolle Aufgabe, zwei derart große Projekte gleichzeitig ins Ziel zu bringen.
Schuld an den Verzögerungen war wohl auch ein Kompetenzgerangel. Die Sundbrücke gehört der Bahn. Doch der in die Jahre gekommene „Kleiderbügel“ braucht mittlerweile viel Pflege. Bei einem Abriss wäre die Bahn also ein teures Problem losgeworden. Mit dem Abhängen des „Kleiderbügels“ war aber das Land nicht einverstanden.
Ostholstein kann Tunnel nicht unterhalten
Der Absenktunnel-Lösung führt nun dazu, dass die Bahn die Brücke tatsächlich los wird, denn Züge fahren dort nicht mehr. Unklar bleibt aber, wer in Zukunft für den Unterhalt des Bauwerks aufkommt. Bei aller Liebe – der Kreis Ostholstein wird es nicht tun. „Das können wir uns nicht leisten“, sagt Landrat Sager. Auch das Land Schleswig-Holstein hat sich bislang noch nicht dazu durchringen können, für das Wahrzeichen des Landes Schleswig-Holstein aufzukommen.
Dabei könnte die Brücke nach Fertigstellung des Tunnels ihren Ruf als Wahrzeichen sogar noch festigen. Hoch über dem Sund auf dem „Kleiderbügel“ spazieren, die Konstruktion bewundern, aufs Meer schauen, fotografieren – und das alles, ohne vom Lärm der Autos und der Züge gestört zu werden! „Das wird sicherlich ein touristischer Anziehungspunkt“, ist der Landrat überzeugt.