Hamburg. “Autobahn GmbH“ soll Baustellen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen organisieren. Das Pilotprojekt beginnt.

Still und heimlich vollzieht sich in Deutschland gerade in diesem Moment eine Revolution: Was bislang noch von vielen kleinen Landesämtern erledigt wird, liegt künftig in den Händen eines bundeseigenen Unternehmens. „Die Autobahn“ nennt sich die GmbH – ein schlichter, gerader Name, der vielleicht auch einen Anspruch ausdrückt: zielstrebiger werden bei Bau, Unterhalt und Verkehrssteuerung der wichtigsten Straßenverbindungen im Land. Der Anfang wird ausgerechnet in Hamburg gemacht. Die Niederlassung Nord der Autobahn GmbH geht schon am 1. Januar an den Start, alle anderen Niederlassungen folgen erst ein Jahr später. Ein Pilotprojekt also.

Der Vorteil der Neugliederung liegt auf der Hand. Bislang wurden Deutschlands wichtigste Straßen von Länderbehörden geplant und unterhalten – also von Mitarbeitern, die innerhalb von Landesgrenzen agieren. Nun geht es über diese Grenzen hinaus. Die Hamburger Niederlassung wird für die Autobahnen in Hamburg, Schleswig-Holstein und im nördlichen Niedersachsen zuständig sein.

"Wenn wir irgendwo in Hamburg auf einer Autobahn eine Baustelle haben, können wir das intern in der Metropol­region koordinieren, ohne das mit zwei weiteren Landesbehörden abstimmen zu müssen“, sagt Christian Merl, der Pressesprecher der Niederlassung. Zudem werden die Planverfahren einfacher, weil die Landesbehörden außen vor sind. „Einige Genehmigungsschritte fallen weg“, sagt Klaus Franke, der designierte Direktor der Niederlassung.

"Autobahn GmbH" hat noch offene Stellen

Der Ingenieur (63) war bisher Leiter der Abteilung Bundesfernstraßen in der Hamburger Verkehrsbehörde. Ein Mann also, der sich auskennt im Geschäft. Wichtigste Aufgabe der vergangenen Monate: das Team zusammenstellen. Es speist sich im Wesentlichen aus Mitarbeitern von Verkehrsbehörden in Hamburg und Schleswig-Holstein. Hinzu kommen Spezialisten. Noch gibt es offene Stellen. „Im konstruktiven Ingenieurbau müssen wir nachjustieren“, sagt Franke. Die finanziellen Mittel sind da. Für die Autobahn GmbH gibt es einen Haustarifvertrag, die Gehälter liegen über dem, was bei Landesbehörden gezahlt wird.

Christian Merl, Autobahn GmbH
Christian Merl, Autobahn GmbH © Klaus Bodig

Unter anderem gibt es ein 13. Monatsgehalt und ein Begrüßungsgeld. Jeder, der jetzt zur Autobahn GmbH wechselt, darf sich über eine Einmalzahlung von 1500 Euro freuen. Derzeit hat die Niederlassung Nord 70 Beschäftigte in ihrer Zentrale am Heiden­kampsweg, je 15 in den beiden Außenstellen Rendsburg und Lübeck. Ein großer personeller Sprung steht 2021 an, wenn auch Stade, Lüneburg und die Autobahnmeistereien dazukommen. Insgesamt wird die Autobahn GmbH im Norden dann 700 Beschäftigte haben.

Kein Zweifel, dass auf die neuen „Autobahner“ viel Arbeit wartet. 2020 investiert der Bund im Bereich „Nord“ rund 300 Millionen Euro. In den kommenden Jahren wird in der Metropol­region viel Geld verbaut werden. Das Autobahnnetz wird von jetzt 734 Kilometern auf 987 Kilometer im Jahr 2030 anwachsen – wenn alles klappt. Neu gebaut werden Teile der A 20, der A 21, der A 39 (Lüneburg–Wolfsburg) und der A 26 im Süden von Hamburg. „Wir haben die meisten Neubaukilometer von allen Niederlassungen“, sagt Funke.

Veränderung der politischen Debatte

Am Ende wird der Aufbau der Autobahn GmbH – eine der größten Verwaltungsreformen in der Nachkriegszeit – auch die politische Debatte in Deutschland verändern. Ein Wahlkampf, wie ihn die CDU in Schleswig-Holstein 2017 geführt hat, wird kaum mehr möglich sein. Der Ministerpräsidentenkandidat hatte versprochen, die A 20 deutlich schneller weiterzubauen als damalige Landesregierung aus SPD, Grünen und SSW. Nach der Wahl musste Günther eingestehen, sein Versprechen nicht halten zu können.

Solche Volten sind nun nicht mehr möglich. Nicht schleswig-holsteinische oder Hamburger Landesbehörden sind für die Autobahnen zuständig. Das macht nun ein Bundesunternehmen mit Zentrale in Berlin und zehn regionalen Niederlassungen und der integrierten Einheit Großprojekte, der heutigen Deges, die weiterhin die großen Aus- und Neubauvorhaben umsetzt.

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Das birgt natürlich auch Gefahren. Durchaus möglich, dass die Länder sich nun zurücklehnen und auf den Bund zeigen, wenn etwas schiefläuft. Klaus Franke hofft, dass das nicht der Fall sein wird. Er hat noch in guter Erinnerung, wie Hamburg gemeinsam mit dem Bund aus den geplanten Lärmschutzwänden entlang der verbreiterten A 7 drei Deckel machte. Die Idee war relativ einfach. Aber dass man sich anschließend auch auf eine Verteilung der Kosten einigen konnte, gehörte dann schon zu den komplizierteren Verhandlungsergebnissen. Franke wünscht sich, dass so etwas auch in der Zukunft möglich ist.