Bremen. Für 800 Millionen Euro entstehen 1500 Wohnungen und viele Büros. Aus einem alten Kellogg’s-Silo soll ein Designhotel werden.
Aus dem Turmzimmer im zwölften Stock auf dem Silo hat Klaus Meier den besten Blick über sein Areal. Das ist das ehemalige Gelände des Lebensmittelkonzerns Kellogg’s, das direkt an der Weser in Bremen liegt und rund 150.000 Quadratmeter Fläche hat. Es ist von einer Gesamtinvestition von rund 800 Millionen Euro die Rede. „Das dürfte aktuell wohl die größte Projektentwicklung in Bremen sein. Wir schaffen hier ein neues Quartier, das auch bundesweit Vorbildcharakter haben soll. Es wird ein pulsierender Ort, an dem sich Menschen treffen und gemeinsam genießen, ein Platz zum Wohnen und Arbeiten. Ein kleiner Stadtteil für Tausende Menschen“, sagt Klaus Meier beim Abendblatt-Gespräch.
Der Unternehmer verdient eigentlich sein Geld mit der Entwicklung von Windkraftanlagen, beschäftigt mehr als 2000 Mitarbeiter. Der Firmensitz seiner wpd AG, hier ist Meier Gesellschafter und Aufsichtsratsvorsitzender, grenzt direkt an das Kellogg’s-Areal.
Die Innenstadt ist in 15 Gehminuten zu erreichen
Doch jetzt brennt Investor Meier für dieses Projekt. Die Innenstadt ist nur etwa 15 Minuten zu Fuß entfernt, und das Grundstück liegt in der Überseestadt. Hier ist in den vergangenen 15 Jahren ein neues Wohn- und Geschäftsviertel entstanden. Seinem Projekt hat Meier den Namen „Überseeinsel“ gegeben. Die soll bis 2029 realisiert, erste Gebäude Ende 2021 bezogen werden. „Wir schaffen hier etwas, das es in Bremen noch nicht gibt“, sagt er. „Das soll ein lebendiges Quartier werden und natürlich auch ein Ort für Touristen.“
Und das hat Meier, der das Projekt mit einem Partner realisiert, vor: Das Silo, hier wurde bis vor zwei Jahren Mais und Weizen gelagert, wird zu einem Designhotel mit 120 Zimmern umgebaut. Im kommenden Jahr sollen die Bauarbeiten beginnen: „Das ist eine außergewöhnliche Location für ein Hotel, aber das macht es gerade so reizvoll. Wir wollen hier kein Standarddesign, sondern ein individuelles Einrichtungskonzept.“
Der Eingangsbereich soll kaum verändert werden, sondern der Industriecharme mit viel nacktem Beton erhalten bleiben. „In der Mitte der Lobby integrieren wir die Rezeption in eine Bar, auf dem Dach wird es auch noch eine Bar mit Restaurant geben“, so Meier. Zahlreiche Hotelketten dürften Interesse an der außergewöhnlichen Immobilie haben, aber Meier hat andere Pläne: „Das machen wir in Eigenregie. Ich werde auf Flohmärkten Lampen und Möbel kaufen.“
Auf „Überseeinsel“ soll Bier gebraut werden
Im angrenzenden Gebäude, ein Backsteinbau, sollen Bürolofts entstehen. Auch die Produktionshallen gegenüber, in denen unter anderem Cornflakes hergestellt wurden, muss Meier nicht etwa wegen des Denkmalschutzes erhalten – aber er macht es. Im Erdgeschoss soll die Bremer Braumanufaktur, an der sich Meier beteiligen wird, mit Gasthaus einziehen. Das Bier soll dort gebraut und der Hopfen auf dem Gelände angepflanzt werden. Auch eine Pizzeria und eine gläserne Backstube sind geplant.
Für die oberen Etagen hat Meier auch schon ein Konzept: „Wir werden dort rund 100 Wohnlofts schaffen. Wer möchte, kann sie sich selbst ausbauen. Der Baubeginn ist Ende 2021 geplant, dann können hier 2023 die ersten Leute einziehen.“ Was diese Eigentumswohnungen kosten werden, steht noch nicht fest. Insgesamt sollen laut Meier rund 1500 bis 1600 Wohnungen und Reihenhäuser im typischen Bremer Stil auf dem Gelände gebaut werden. Bis zu 100 davon werden in einem Hochhaus mit 20 Etagen sein.
„In diesem Gebäude werden die höherpreisigen Wohnungen liegen, vielleicht sogar die mit den teuersten Quadratmeterpreisen in Bremen“, sagt Jens Lütjen. „Das ist der besonderen Lage geschuldet, und natürlich wird dieses Gebäude auch eine außergewöhnliche Architektur haben. Dazu wird es noch einen Wettbewerb geben.“
4500 Menschen sollen dort einmal arbeiten
Lütjen ist geschäftsführender Gesellschafter des Immobilienberatungsunternehmens Robert C. Spies. Die Firma ist für die Vermarktung der Gebäude verantwortlich. Lütjen ist wichtig: „Es entsteht hier Wohnen für jeden Geschmack und Geldbeutel, und es wird viele kleine Grünanlagen und Spielplätze geben. Hier sollen Familien, Singles und ältere Menschen leben und jeder sein Wohnkonzept zum Wohlfühlen finden.“
Es soll mehrere Quartiersgaragen geben und ein CO2-neutrales Energiekonzept, in dem durch Sektorenkopplung aus Windkraft, Sonne sowie Wasser aus der Weser Energie erzeugt wird und diese für Wärme, Kälte und Mobilität genutzt wird. Auch Schulen und eine Kita sind geplant. Ein weiterer Baustein der „Überseeinsel“ sind Bürogebäude und weitere gewerbliche Nutzungen mit insgesamt 120.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche.
Dort werden später bis zu 4500 Menschen arbeiten. „Natürlich ist das ein interessanter Standort für Unternehmen. Denn hier sind die Firmen nicht in einem reinen Geschäftsviertel, sondern die Mitarbeiter können hier auch einkaufen und das umfangreiche Gastronomieangebot nutzen“, sagt Immobilienexperte Lütjen.
Weser-Promenade wird fortgeführt
Von oben zeigt Investor Meier auf das alte Reislager. Der Umbau soll im ersten Quartal 2020 beginnen und Ende 2021/2022 abgeschlossen sein: „Im Erdgeschoss wird Gastronomie einziehen, natürlich nicht die weit verbreiteten Ketten, sondern etwas Besonderes. Außerdem eröffnet hier ein Biomarkt mit regionalen Produkten.“
Die oberen Etagen werden zu Büros mit rund 250 Arbeitsplätzen ausgebaut. Auf einer Freifläche nebenan soll „im Rahmen eines inklusiven Projekts Hopfen und Gemüse angebaut und verkauft werden“, kündigte Meier an. Zwischen dem Silo und der Produktionshalle liegt ein rund 6000 Quadratmeter großer Platz. Die Visualisierungen zeigen, dass dort eine Piazza entstehen soll, direkt am Wasser. „Im Winter wird hier eine Eislaufbahn sein, als Abfallprodukt aus der gewonnenen Energie. Es soll ein Ort für Feste und Veranstaltungen werden“, so die Vision von Meier.
Die Promenade „Schlachte“ endet zurzeit am Kellogg’s-Areal, aber eine Straße übers Gelände wurde bereits für Fußgänger und Radfahrer geöffnet. „Nach und nach wird auch die Promenade auf unserer Fläche entlang der Weser gebaut. Am Ende werden das rund 1,8 Kilometer sein“, sagt Meier. Eine Brücke über die Weser nur für Radler und Fußgänger soll die „Überseeinsel“ mit dem Stadtteil Woltmershausen verbinden.