Barsbüttel/Stapelfeld. Nach der Sanierung der Autobahn wurden erneut Mängel festgestellt – die Fahrbahn ist viel zu laut. Nun stehen Sperrungen bevor.
Die Pannenserie auf der A 1 zwischen Hamburg und Lübeck reißt nicht ab. Wegen einer mangelhaften Betondecke sind auf dem erst vor anderthalb Jahren sanierten Autobahnabschnitt zwischen Stapelfeld und Barsbüttel seit Anfang der Woche zwei von drei Fahrstreifen Richtung Hamburg gesperrt.
Laut dem Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) in Kiel erfolgen dort Gewährleistungsarbeiten, die bis zum 29. Mai andauern sollen. Pendler und Reisende müssen sich bis dahin in Geduld üben. Insbesondere zu den Hauptverkehrszeiten staute es sich in den vergangenen Tagen vor der Baustelle. Und vielen Autofahrern dürfte es wie ein Déjà-vu-Erlebnis vorkommen. Es ist nicht das erste Mal, dass eine frisch sanierte Autobahn für Staustress sorgt. 2010 wurde zu weicher Beton verbaut, 2014 sorgte ein Erdrutsch für Schäden an der neuen Fahrbahn.
Betondecke der A 1 sorgt für Lärm
Diesmal ist die Oberfläche der Betondecke, genauer gesagt die Struktur zu bemängeln. Vielen Autofahrern dürfte dieses Manko bereits kurz nach Abschluss der Bauarbeiten im Dezember 2017 aufgefallen sein. Die neue Fahrbahn bietet ein Farbenspiel von Terrakotta-Tönen in sämtlichen Nuancen. Doch nicht nur der Farbton ändert sich alle paar Hundert Meter. Zwischendurch wird es auf dem 4,4 Kilometer langen Abschnitt sehr laut.
Seinerzeit erklärte der Leiter des LBV in Lübeck, Jens Sommerburg, den rötlichen Ton mit dem Splitt, der in der Betondecke verbaut ist. „Es handelt sich um einen Hersteller, der den Splitt in einem Steinbruch in Sachsen-Anhalt abbaut“, so Sommerburg. Die unterschiedlichen Farbnuancen haben jedoch einen anderen Grund: Die Betondecke musste in mehreren Abschnitten gegossen werden. Normalerweise versucht eine Baufirma, die Fahrbahn in einem Guss aufzutragen. Dies war auf der A 1 aber nicht möglich. „Da kam einiges zusammen: Regen, Maschine kaputt und Lieferschwierigkeiten“, so der LBV-Chef.
Mängel sind seit 2017 bekannt
Um die dadurch entstandenen Unebenheiten zu beseitigen, habe das Bauunternehmen einige Abschnitte abfräsen müssen. Deswegen habe die Fahrbahn nun unterschiedliche Rottöne und Oberflächenstrukturen. „Dort, wo die Betondecke wenig Profil hat, sind die Fahrgeräusche lauter.“
Bereits bei der technischen Abnahme 2017 sind diese Mängel nach Angaben von Dagmar Barkmann, Sprecherin des LBV in Kiel, festgestellt worden. Fraglich bleibt, warum die Mängel nicht gleich behoben wurden. „Die gesetzliche Handhabe reichte nicht aus, um ad hoc agieren zu dürfen“, erklärt Barkmann. Landesverkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) wird an dieser Stelle deutlicher und spricht von „schwierigen Verhandlungen über die Gewährleistungsarbeiten“, die letztendlich zu einer Einigung geführt hätten.
Unter diesem Missstand mussten insbesondere die Bürger in Stapelfeld leiden. Seit Jahren fordern die Menschen, die westlich der Autobahn wohnen, mehr Lärmschutz. Als eine eigens dafür gegründete Initiative erfuhr, dass die Autobahn zwischen Stapelfeld und Barsbüttel 2017 saniert werde, sah sie eine Chance, dass im selben Zug Lärmschutzwände oder -wälle gebaut werden. Unterstützung bekam die Initiative von Landtagspolitikern. Doch vom Bundesverkehrsministerium in Berlin kam die Absage.
Macht die neue Fahrbahn mehr Lärm?
In einem Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt, heißt es, dass die Menschen keine gesetzlichen Lärmschutzansprüche haben. Allerdings werde eine lärmmindernde Fahrbahndecke (-2 dB(A)) verbaut. „Hiermit wird dem dringenden Wunsch der Gemeinde nach einer Reduzierung der Lärmbelästigung Rechnung getragen ...“, heißt es in dem Schreiben.
Ein Ziel, das offenbar verfehlt wurde. „Es ist kein Stück besser geworden. Einige Bürger sagen sogar, die neue Autobahn mache mehr Lärm“, sagt Stapelfelds Bürgermeister Jürgen Westphal. Auch Ulrich Kistenmacher von der Bürgerinitiative sagt: „Gefühlt ist es kein Stück besser.“
Nun hoffen die Stapelfelder, dass die Ausbesserungen den Autobahnlärm minimieren. Denn die Fahrbahn bekommt ein sogenanntes Grinding. Bei diesem Verfahren werden Rillen in die Fahrbahn geschliffen. Diese sollen für mehr Griffigkeit sorgen und die Abrollgeräusche der Reifen minimieren.
Bauarbeiten hängen von Verfügbarkeit der Maschine ab
Rund 200.000 Euro fallen für die Ausbesserung an. „Die Kosten trägt die betreffende Baufirma“, sagt Dagmar Barkmann, die von einem vergleichsweise geringen verkehrlichen Eingriff spricht. Deswegen habe sich der LBV auch dazu entschlossen, die Arbeiten in der Zeit ausführen zu lassen, in der die A 1 nicht als Ausweichstrecke für die A 7 gilt, die derzeit einen Deckel bekommt.
Hinzu kommt: „Wir befinden uns noch nicht in der Ferienreisezeit, die für Schleswig-Holstein maßgebend ist und mit baulichen Verbotszeiten an den Autobahnen belegt ist.“ Zudem seien die „Grinding“-Maschinen weitgehend ausgebucht. Deren Verfügbarkeit sei gering, sodass davon ebenfalls der Bautermin abhing. Dies dürfte auch die Erklärung sein, warum die Hamburger Ferien, die zusammen mit den Baumaßnahmen am 13. Mai begonnen haben, nicht berücksichtigt wurden.