Lübeck/Reinfeld. Der Bau des E-Highways für Lkw startet – dafür werden 200 Oberleitungsmasten aufgestellt und Fahrstreifen gesperrt.
Autofahrer müssen sich in den kommenden Monaten auf dem Weg zur Ostsee auf stockenden Verkehr einstellen. Zwischen Reinfeld und Lübeck beginnt auf der A 1 jetzt der Bau einer fünf Kilometer langen E-Highway-Teststrecke für Lastwagen. „In den kommenden Tagen erfolgen zunächst die noch nötigen Vorarbeiten, und die Fahrbahn wird von drei auf zwei Spuren reduziert“, sagt Harald Haase, Sprecher des Kieler Verkehrsministeriums.
Damit auf der Strecke für zweieinhalb Jahre mit Strom betriebene Hybrid-Lastwagen fahren können, müssen 200 Masten für die Oberleitungen aufgestellt werden. Mit entsprechenden Stromabnehmern ausgestattete Lkw können dann auf der rechten Fahrspur ausschließlich mit elektrischer Energie fahren und somit Diesel sparen. Während der Fahrt können außerdem Batterien geladen werden, um nicht ausgebaute Strecken zu überbrücken.
Fahrspuren bleiben bis Frühjahr 2019 gesperrt
Das Projekt wird vom Forschungs- und Entwicklungszentrum der Fachhochschule Kiel betreut. „Wir beginnen mit den Arbeiten auf der Fahrtrichtung von Lübeck nach Reinfeld. Die jeweiligen Arbeiten in der entgegengesetzten Richtung folgen etwa drei Wochen zeitversetzt“, sagt Sprecherin Elisabeth Niehaus. Nachdem die Vorarbeiten abgeschlossen sind, folgen die Tiefbauarbeiten, und die Fundamente werden gegossen. Der erste Mast wird voraussichtlich am 19. November aufgestellt. Ab Januar sollen dann die Oberleitungen gezogen werden. Mit der Errichtung neuer Schutzplanken im März und April werden die wesentlichen Bauarbeiten dann abgeschlossen sein. Dann erst wird die Sperrung der rechten Fahrspuren in beide Richtungen aufgehoben.
Das Verkehrsministerium und der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr bitten die Verkehrsteilnehmer um Rücksicht. „Die Montagearbeiten sind notwendig, um diesen für eine umweltfreundliche Mobilität der Zukunft wichtigen Feldversuch durchführen zu können“, sagt Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP).
Das Oberleitungssystem wird voraussichtlich Mitte 2019 in Betrieb genommen und mit Strom aus der regenerativen Erzeugung betrieben. Die in Reinfeld ansässige Spedition Bode ist das erste Logistikunternehmen, das die Oberleitung-Hybrid-Lkw (OH-Lkw) im Realbetrieb testen wird.
Der Logistiker führte vor drei Jahren die ersten Gespräche in Kiel, jetzt rückt der Starttermin näher. „Das ist für uns natürlich unheimlich spannend“, sagt Geschäftsführer Kai Bode. Elektro-Lastwagen seien sicher kein Allheilmittel gegen den CO2-Ausstoß – aber ein Anfang und ein Schritt in die richtige Richtung.
Kosten des Modellversuchs steigen
Die Lastwagen werden mit einem Hybridsystem aus Diesel- und Elektromotor ausgestattet sein. Durch den Feldversuch sollen die ökonomischen und ökologischen Nutzen eines E-Highways unter Verkehrsbedingungen getestet und wissenschaftlich bewertet werden. Nach Hessen ist Schleswig-Holstein das zweite Bundesland mit einer E-Highway-Teststrecke. Nachdem der Sachverständigenrat der Bundesregierung 2012 das grundlegende Konzept als zukunftsträchtig bewertet hat, wurde die Technik nach dem Vorbild von Oberleitungs-Bussen und Straßenbahnen in verschiedenen Forschungsprojekten entwickelt.
Wie alltagstauglich der E-Highway tatsächlich ist, wird sich im Test zeigen. „Wir können jetzt noch nicht sagen, wie viel Diesel oder CO2 damit letztendlich eingespart werden kann“, sagt Kai Bode. Das Modellprojekt ist zunächst auf drei Jahre angelegt. Am Ende wird die Auswertung zeigen, ob der E-Highway tatsächlich eine Zukunft hat.
Das Pilotprojekt lässt sich die Landesregierung einiges kosten. Aus den ursprünglich geplanten 14 Millionen Euro sind nach Ausschreibung und Nachverhandlungen mittlerweile 19,1 Millionen Euro geworden. Die Spedition Bode zahlt pro Elektro-Lastwagen rund 250.000 Euro – das Dreifache des Preises einer herkömmlichen Zugmaschine. Sollte die Testphase erfolgreich sein, könnte der Schwerlastverkehr vom Lübecker Hafen nach Reinfeld und später möglicherweise sogar bis nach Hamburg rein elektrisch fahren.
Verkehrsminister Buchholz ist von dem Erfolg des Pilotprojekts schon jetzt überzeugt: „Klimaneutraler Güterverkehr auf der Straße ist möglich. Und das System der Oberleitungs-Lkw ist ein wichtiger Beitrag auf dem Weg zur Erreichung unserer Klimaziele.“