Lüneburg. Nur bei Rentnern beliebt? Von wegen! Das Durchschnittsalter in der Region liegt bei 45 Jahren – dank neuer Angebote.
Kutschen, Wanderschuhe, Rentnerbeige und blühende Erika – das sind die Assoziationen, die viele mit der Heide verbinden. Ulrich von dem Bruch, Geschäftsführer der Lüneburger Heide GmbH, lacht darüber: „Die Heide ist längst nicht mehr nur bei Rentnern ein beliebtes Ziel“, sagt der Tourismusmanager, in den vergangenen Jahren habe sich sehr viel getan. „Das Durchschnittsalter der Heidebesucher liegt bei 45 Jahren.“ Jetzt wird es wieder richtig voll, denn die Heide hat bereits angefangen, zu blühen. Wegen der lang anhaltenden Hitze ging es in diesem Jahr bereits Ende Juli los, aktuell stehen schon ein Viertel der Sträucher in Blüte.
Aber wie sieht es abgesehen von dem Naturschauspiel in der Region aus? Eine Reihe von Zahlen belegen den Aufschwung. Seit 2015 ist die Zahl der Übernachtungen um 343.800 auf gut 5,56 Millionen gestiegen. Zählt man auch die Übernachtungen in Betrieben mit weniger als zehn Betten und Campingplätze dazu, waren es sogar 7,6 Millionen Übernachtungen. Durchschnittlich bleiben die Heidebesucher vier Tage (mit drei Übernachtungen). Pro Jahr kommen nach Angaben von Ulrich von dem Bruch außerdem etwa 30 Millionen Tagesbesucher.
Plastikblumen auf dem Zimmer sind out
„2015 haben wir zusammen mit der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gefragt, wer ist unser Kunde, und was wünscht er sich“, sagt von dem Bruch. „Gemeinsam mit der GfK haben wir eine Checkliste erarbeitet und sind dann zwei Jahre durch die Hotels und Betriebe der Region und haben eine Bestandsaufnahme gemacht.“ Man sei durch jedes Zimmer gegangen mit einer Liste, welche Änderungen angebracht seien.
Was beispielsweise gar nicht mehr geht: Plastikblumen in der Ferienwohnung mitten in der Natur, nur weil die halt nicht welken. „Oft sind es nur kleine Änderungen“, sagt der Touristiker. Viele Betriebe hätten aber auch bereits von sich aus modernisiert. Unter der Dachmarke Naturotel gibt es inzwischen neun Hotels, die durch ihre besondere landschaftliche Umgebung punkten.
Die Heidebesucher seien anspruchsvoll. Neben den Naturliebhabern gebe es Familien, die Spaß und Action suchten und für die der Besuch in einem der 14 Freizeitparks wichtig sei. Als weitere wichtige Gruppe wurden die Vital-Urlauber definiert, die sehr zahlungskräftig seien und denen die Umgebung und besondere Angebote, etwa Yoga auf dem Stand-up-Paddling-Brett oder am Fluss wichtig seien.
Von dem Bruch hebt die Bedeutung des Tourismus in der Lüneburger Heide hervor. „Wenn ein Gast kommt, gibt er ja auch Geld im Einzelhandel aus. Ohne Tourismus gäbe es in vielen Orten keine Tankstelle und keinen Edeka mehr. Außer Kartoffeln und Tourismus haben wir doch nichts.“ Die Gäste seien deshalb existenziell wichtig. „Fast 50 Prozent der Umsätze durch Touristen gehen in nichttouristische Bereiche“, sagt von dem Bruch. Demnach setzt das Gastgewerbe 607,5 Millionen Euro um, der Einzelhandel 395,3 Millionen und der Dienstleistungssektor 272,2 Millionen Euro.
Am beliebtesten ist die Region zwischen Hannover und Hamburg seinen Angaben zufolge bei Berlinern und Nordrhein-Westfalen, erst danach folgt Hamburg. Aber auch die Hamburger übernachteten vermehrt in der Heide, obwohl sie es nicht weit nach Hause haben. Besonderer Beliebtheit erfreut sich der Heidschnuckenweg, ein 223 Kilometer langer Fernwanderweg, der von Fischbek bis Celle führt und bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. „Das Angebot hat die Zielgruppe massiv verjüngt“, sagt von dem Bruch.
Um den Weg auch weniger geübten Wanderern schmackhaft zu machen, sind derzeit Rundkurse in Planung, sogenannte Heideschleifen, die sie wieder an den Anfang der Tour zurückführen. Denn die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln könnte besser sein. Immerhin fährt seit Mitte Juli wieder der Heide-Shuttle, ein kostenloser Bus mit Fahrradanhänger für 14 Räder zwischen Buchholz, Soltau, Schneverdingen und Eyendorf. Er sammelt müde Gäste ein und verkürzt manche Wege.