Sylt. In Hotellerie und Gastronomie fehlen noch 300 Mitarbeiter für die aktuelle Saison. Dehoga: „Gäste sind die Leidtragenden“.

Die Sommersaison auf Sylt hat begonnen, zahlreiche Hotels sind im Juli und August bereits ausgebucht. In den Buchungsportalen im Internet sind nur noch wenige freie Zimmer zu finden – und wenn, dann meist zu horrenden Preisen. Es ist durchaus üblich, dass in der Hochsaison Viersternehäuser um die 300 Euro pro Nacht für ein Doppelzimmer aufrufen.

Immer mehr Gäste

Sylt ist wohl die teuerste deutsche Insel, doch es kommen immer mehr Gäste: Die Zahl der Übernachtungen ist im vergangenen Jahr auf 7,093 Millionen gestiegen. Das waren rund 166.000 mehr als noch im Jahr 2016.

Aber es gibt ein Problem auf der Lieblingsinsel der Schönen und Reichen: Es fehlt das Personal. „Die Lage wird immer dramatischer. Nach unseren Schätzungen gibt es auf der Insel Sylt in der Hotellerie und Gastronomie zurzeit etwa 300 freie Arbeitsstellen“, sagte der Vorsitzende des Dehoga Sylt, Claas-Erik Johannsen, dem Abendblatt. „Das stellt unsere Branche, besonders aufgrund der bevorstehenden Sommersaison, vor große Herausforderungen. Die Leidtragenden sind unsere Gäste.“

Deutsche Bahn unzuverlässig

Seit Jahren gebe es auf Sylt zu wenige Arbeitskräfte, doch in diesem Jahr habe sich die Situation noch einmal verschärft. Gründe dafür gebe es viele, ein Hauptgrund sei aber weiterhin, dass bezahlbarer Wohnraum für die Mitarbeiter fehle, so Johannsen weiter. Und das Pendeln vom Festland auf die Insel sei aufgrund der Unzuverlässigkeit der Deutschen Bahn für die Arbeitskräfte immer weniger eine Option.

Auch bei der Sylt Marketing GmbH, die für das Thema Tourismus auf der Insel verantwortlich ist, ist der Mangel an Mitarbeitern ein Thema. Das Pro­blem, Azubis und Mitarbeiter zu gewinnen, werde auf Sylt, aber auch im rest­lichen Gebiet der Nord- und Ostsee immer größer, sagte Geschäftsführer Moritz Luft dem Abendblatt. Aber er kündigte an: „Wir erarbeiten derzeit mit einer spezialisierten Agentur passende Maßnahmen, um Sylt als Arbeitgebermarke zu stärken und damit die Betriebe bestmöglich zu unterstützen.“

Selbst der Dehoga-Chef hat noch drei unbesetzte Stellen

Für Dehoga-Chef Johannsen steht fest: „Wir brauchen nicht nur günstigen Wohnraum, die Betriebe müssen auch feste Dienstpläne und eine attraktive Bezahlung bieten. Vor allem müssen wir junge Menschen für unsere Branche und die Insel begeistern.“ Inzwischen sind zahlreiche ausländische Arbeitskräfte auf der Insel anzutreffen, diese „kommen vor allem aus Osteuropa, aber auch aus Asien und Afrika“, so Johannsen. Zudem sind Flüchtlinge, die auf der Insel leben, potenzielle Mitarbeiter, wenn sie eine Arbeitserlaubnis haben.

In Johannsens Hotel Benen-Diken-Hof in Keitum wird Khabat Katarano, der aus Syrien geflüchtet war, zum Hotelfachmann ausgebildet. Johannsen hat aktuell ebenfalls noch drei Stellen in seinem Hotel frei.

Mit Sorge verfolgt der Dehoga-Sylt-Chef, dass „die Hotelkapazitäten auf der Insel stetig steigen, aber der Bedarf dafür nicht besteht. Wir brauchen hier nicht noch weitere 08/15-Projekte, die nur für noch mehr Betten sorgen“, sagte er. Schon jetzt würde die Hotellerie leichte Rückgänge bei der Belegung verzeichnen.

Neue Hotels

Auf Sylt wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche große neue Häuser im Vier- und Fünfsternesegment eröffnet: 2007 das TUI Dorfhotel in Rantum mit 159 Appartements, 2009 das Hotel Budersand in Hörnum mit 77 Zimmern und Suiten, 2010 das A-Rosa in List mit 177 Zimmern und Suiten. Im Dezember 2014 folgte das Luxushotel Severin’s mit 62 Zimmern und Suiten sowie 27 Appartements in Keitum. Im Sommer 2017 begrüßte das Easy Living Hotel in List die ersten Gäste in den 38 Doppelzimmern. In List soll 2020 auch der Lanserhof mit 67 Zimmern eröffnen.

Aber weitere größere Projekte wird es, zumindest wenn es nach dem Dehoga und der Marketing GmbH geht, vorerst nicht mehr geben. „Die Angebotserweiterung mag zwar den gestiegenen Ansprüchen unserer Gäste Rechnung tragen und im ersten Schritt zu kurzfristiger Belebung führen, sie sorgt jedoch langfristig für mehr Verdrängungswettbewerb im Kampf um Gäste und Mitarbeiter“, sagte Luft. Es bestehe die Sorge, dass die Zimmerpreise fallen werden und am Ende die Qualität nicht gehalten werden könne.