Lübeck. Senioren fallen vermehrt auf Trickbetrüger herein. Polizei: Wenn bei einem Anruf „110“ im Display aufleuchtet, Hände weg vom Telefon.

Mit immer neuen Varianten des sogenannten Enkeltricks versuchen Kriminelle auch im Norden, ältere Menschen um ihre Ersparnisse zu bringen. Deshalb bietet die Polizei in Schleswig-Holstein Informationsveranstaltungen an, in denen Sicherheitsberater Senioren über die betrügerischen Machenschaften aufklären. Sein wichtigster Rat an seine Zuhörer laute, möglichst wenig von sich preiszugeben, sagt der pensionierte Kriminalbeamte Gernot Schneider. Der 69-Jährige ist einer von landesweit 58 ehrenamtlichen Sicherheitsberatern, die älteren Menschen Tipps zum Schutz vor Kriminellen geben.

„Viele der Sicherheitsberater sind wie ich pensionierte Polizisten. Wir finden meist leichter Zugang zu älteren Menschen als junge Kollegen“, sagt Schneider. Seit 2015 betreut er den nördlichen Kreis Ostholstein. „Auch in dieser Region hat die Zahl der Fälle, in denen ältere Menschen Opfer von Telefonbetrügern geworden sind, deutlich zugenommen“, sagt Schneider.

Anrufe falscher Polizisten haben stark zugenommen

Bei den Delikten unterscheiden die Ermittlungsbehörden zwischen den Enkeltrick-Anrufen und sogenannten Callcenter-Anrufen. Beim Enkeltrick geben sich die Anrufer als nahe Angehörige aus, die sich in einer finanziellen Notlage befinden. Bei den Callcenter-Anrufen geben sich die Betrüger als Polizisten aus, die angeblich Bargeld der Opfer überprüfen oder Wertgegenstände zum Schutz vor Dieben in Verwahrung nehmen müssen.

Besonders die Anrufe falscher Polizisten haben 2017 stark zugenommen. Wurden in ganz Schleswig-Holstein 2016 noch zwölf vollendete und 152 versuchte Taten dieser Art mit einem Gesamtschaden von mehr als 780 000 Euro registriert, waren es 2017 bereits 25 vollendete und 649 versuchte Taten mit einem Gesamtschaden von mehr als 1,4 Millionen Euro.

Viele Taten werden nicht angezeigt

Die Zahl der Enkeltrick-Taten stieg von 19 vollendeten und 377 versuchten Taten im Jahr 2016 mit einem Schaden von knapp 407 000 Euro auf 15 vollendete und 447 versuchte Taten im Jahr 2017. Der Schaden belief sich auf 524 000 Euro. „Das sind nur die angezeigten Fälle, die bei der Polizei auch tatsächlich als Enkeltrick oder falscher Polizist registriert wurden“, sagte Carola Jeschke, Sprecherin des Landeskriminalamtes.

Viele dieser Taten würden nicht angezeigt, weil sich die Opfer schämten, auf Betrüger reingefallen zu sein, sagt ein Polizeibeamter, der sich bei der Bezirkskriminalinspektion Lübeck seit August 2014 ausschließlich um solche „Straftaten zum Nachteil älterer Menschen“ (SäM) kümmert. „Manche Opfer fürchten auch die Rache der Täter“, sagt der Ermittler, der anonym bleiben will. „Denn die Täter aus den Callcentern benutzen oft Namen echter Polizisten, um die Anrufe möglichst echt wirken zu lassen“, sagt er.

Sicherheitsberater Schneider rät potenziellen Opfern unter anderem, am Telefon oder auch im Gespräch mit Fremden möglichst wenig von sich preiszugeben. „Und Hände weg vom Telefon, wenn bei einem Anruf die 110 im Display erscheint. Das ist garantiert ein Fake, die Notrufnummern 110 und 112 funktionieren nur für ankommende Gespräche“, warnt er.