Hodenhagen. Chirurgisches Besteck für Dickhäuter ist Mangelware. Die Narkose ist für das Tier auch nicht ohne: Serengeti-Park musste kreativ sein.

Eines der bundesweit ältesten Nashörner hat seine erste Zahn-OP überstanden. Kurz zuvor steckte der Arm von Veterinär Carsten Vogt am Montagabend noch bis zum Ellbogen im Maul seiner zwei Tonnen schweren Patientin. Dann schaute der Mediziner ernst zu seinen Kollegen: „Der Zahn kommt einfach nicht heraus.“

Mehr als zwei Stunden hatte Vogt das Gebiss der alten Dame mit der Hand und Röntgenaufnahmen untersucht. Auch hatte er versucht, einen abgebrochenen Zahn mit verschiedenen Zangen herauszudrehen, vergeblich. Vogt traf die Entscheidung, die Operation bald zu beenden und die spitzen Stellen des Zahns einfach abzuschleifen. „Eine noch längere OP wäre für Doris gefährlich geworden“, sagte Vogt. Die Nashornseniorin lebt im Serengeti-Park Hodenhagen, sie hat mit ihren 48 Jahren fast ihre ganze Lebenserwartung erreicht.

Erster Eingriff dieser Art

Seit einigen Wochen hat sie kaum gefressen, der Wildtier- und Freizeitpark vermutete ein Zahnproblem und rief Vogt. Der ist eigentlich Pferdetierarzt, aber in Deutschland gibt es keine Nashornzahnspezialisten und Pferde- und Nashorngebisse ähneln sich. „Bei uns gab es einen derartigen Eingriff noch nie“, sagte Park-Sprecherin Asta Knoth. Auch aus anderen Parks in Deutschland sei ihr nichts Vergleichbares bekannt.

Um dem Wildtier in den Mund zu schauen, hatten es Pfleger mit einem Betäubungspfeil zuvor in eine Vollnarkose versetzt. Bald merkte Vogt, dass dem Nashorn ein Zahn abgebrochen war. Auch hatte der Dickhäuter viel Zahnstein, die spitzen Stellen hatten das Tier im Mund verletzt. Mit einem Hammer brach Vogt den Zahnstein ab, aber den Zahn bekam er nicht heraus. „Es gibt keine Instrumente für die Behandlung von Nashörnern“, sagte Knoth.

Zwei Meter lange Zange

So wurde eine fast zwei Meter lange Zange angefertigt, um dem Tier das Maul aufhalten zu können. Beim Versuch den Zahn zu entfernen, zerbrachen zwei kleinere Zangen. Das Abschleifen gelang aber. Wenige Minuten nach der Operation wachte Doris wieder auf und lief nach anfänglichem Wanken rasch wieder wie gewohnt umher. „Wir hoffen, dass Doris jetzt wieder ohne Schmerzen fressen kann“, sagte Knoth. In freier Wildbahn gibt es noch rund 20.000 südliche Breitmaulnashörner, in Hodenhagen leben zehn der Tiere.