Hamburg. In vielen Orten an Nord- und Ostsee steigen die Preise um bis zu 55 Prozent. Am teuersten ist Kampen auf Sylt.

Die Nachfrage nach Immobilien an Nord- und Ostsee ist ungebrochen und hat sich deutlich verstärkt. Innerhalb von zwei Jahren sind die Preise um bis zu 55 Prozent gestiegen, geht aus dem neuen Immobilienmarktatlas für Inseln, Küsten und Förden der LBS Bausparkasse Schleswig-Holstein-Hamburg hervor. „Wohnen, wo andere Urlaub machen, diesen Traum erfüllen sich jetzt immer mehr Käufer“, sagt Wolfgang Ullrich, Geschäftsführer der LBS Immobilien GmbH. Für die Studie wurden mehr als 9000 Immobilien­angebote von Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen aus dem Sommer 2017 ausgewertet.

Die höchsten Preissteigerungsraten entfallen auf Orte wie Dagebüll, die bisher nicht im Fokus der Käufer standen. Dort verteuerten sich die Immobilienpreise um bis zu 55 Prozent innerhalb von zwei Jahren, bleiben aber noch bezahlbar. „Die höchsten Immobilienpreise werden in den begehrten Regionen wie Sylt, Amrum und Föhr oder der Lübecker Bucht aufgerufen“, sagt Ullrich. Das Preisniveau an der Ostsee bleibe aber trotz deutlicher Preissteigerungen niedriger als an der Nordsee.

Timmendorfer Strand weiterhin teuer

Die teuersten Orte an der Ostseeküste sind beim Immobilienkauf weiterhin Timmendorfer Strand, wo die Preise für Einfamilienhäuser innerhalb von zwei Jahren um 38 Prozent gestiegen sind (siehe Tabelle). Pro Quadratmeter Wohnfläche müssen 4370 Euro bezahlt werden. Kaum günstiger sind Eigentumswohnungen aus dem Bestand mit 4000 Euro pro Quadratmeter. Allerdings fiel hier der Preisanstieg seit 2015 mit 14 Prozent nicht ganz so hoch wie bei den Häusern aus.

Was Häuser kosten

Im benachbarten Scharbeutz sind die Wohnungen noch rund 600 Euro pro Quadratmeter günstiger. Wer es deutlich preiswerter haben will, muss 50 Kilometer weiter in Richtung Heiligenhafen fahren. Die dort in der Nähe liegenden Neukirchen und Heringsdorf sind zwei der wenigen Orte, in denen die Immobilienpreise gefallen sind, und zwar um bis zu 17 Prozent. Hier lassen sich noch Einfamilienhäuser für bis zu 1400 Euro pro Quadratmeter erwerben. Allerdings haben die Orte keine direkte Wasserlage wie Scharbeutz und sind touristisch nicht so erschlossen.

Internetunternehmer treiben die Preise auf Sylt

Sylt bleibt mit einem inselweiten Schnitt von 9865 Euro pro Quadratmeter für Bestandseigenheime die teuerste der untersuchten Regionen. Innerhalb von zwei Jahren haben sich Einfamilienhäuser in Kampen um 14,6 Prozent verteuert. Für ein Einfamilienhaus aus dem Bestand müssen 21.529 Euro pro Qua­dratmeter bezahlt werden. „Auf der Insel kaufen jetzt Unternehmer aus den Branchen Internet und Neue Medien“, sagt ein Makler. „Sie sind noch relativ jung und leisten sich etwas.“ Die „günstigsten“ Immobilien gibt es an Sylts Südspitze in Hörnum. 5100 Euro müssen pro Quadratmeter Wohnfläche für eine Eigentumswohnung aus dem Bestand bezahlt werden.

Von den hohen Preisen auf Sylt profitieren die angrenzenden Inseln Amrum und Föhr sowie St. Peter-Ording mit einer verstärkten Nachfrage. „Dieser Effekt wirkt auf die Preise“, sagt Ullrich. Er bezeichnet das als einen sogenannten Überlaufeffekt. „Auf der Suche nach einer bezahlbaren Ferienimmobilie weiten Interessenten ihren Such­radius um den eigentlichen Wunschort aus.“ Das bleibt nicht nur auf die Top-Regionen beschränkt, sondern erfasst fast alle Gebiete, die mit ihrer Lage und mit der Infrastruktur punkten können oder Potenzial versprechen.

Kleine Stadthäuser für 70.000 Euro

An nur wenigen Orten an der Nordsee gibt es noch Immobilien für weniger als 1500 Euro pro Quadratmeter. Dazu gehören Tönning, Nordstrand, Dagebüll und Niebüll. Die Gemeinde Dagebüll mit rund 900 Einwohnern und einem Badestrand liegt direkt an der Nordseeküste. Sie ist mit dem Hafen auch das Tor zu den Inseln Föhr und Amrum. Ein Quadratmeter Wohnfläche in einem Einfamilienhaus aus dem Bestand kostet in Dagebüll im Schnitt 1470 Euro. Vor zwei Jahren waren es noch 945 Euro.

In Tönning, der Hafenstadt an der Eider mit 5000 Einwohnern, müssen 1200 Euro pro Quadratmeter für ein gebrauchtes Einfamilienhaus bezahlt werden, ein Plus von 14 Prozent im Vergleich zu 2015. Der Standort ist sicher noch entwicklungsfähig, wie ein recht umfangreiches Immobilienangebot zu bezahlbaren Preisen zeigt. Das wesentlich mondänere St. Peter-Ording liegt nur gut 20 Kilometer entfernt. Kleine Stadthäuser mit 100 Quadratmetern Wohnfläche gibt es in Tönning für 70.000 Euro.

Experte rechnet mit weiteren Preissteigerungen

Natürlich muss in diese Immobilien noch investiert werden. Günstig sind die Häuser auch in Nordstrand, einer Halbinsel im Kreis Nordfriesland. Auf der ruhigen Halbinsel ohne Prominente und schicke Boutiquen kostet ein Quadratmeter Wohnfläche rund 1400 Euro. Innerhalb von zwei Jahren sind die Preise um 16 Prozent angezogen. Selbst Neubauten von Einfamilienhäusern sind noch für rund 1500 Euro pro Quadratmeter zu bekommen.

Angesichts der niedrigen Zinsen rechnet Experte Ullrich mit weiteren Preissteigerungen auf Inseln, an Küsten und Förden in Schleswig-Holstein. Allenfalls werde die Dynamik der Preissteigerungen etwas nachlassen.