Hamburg. TimTanne versendet Christbäume. Firmen haben für ihre Kunden bereits mehr als 30.000 Exemplare vorbestellt.

Weihnachten, mitten im Sommer? Draußen laufen die Leute noch in Shorts – und einige denken schon an den Baum, unter dem einmal die Geschenke liegen sollen? „Die meisten unserer Kunden planen ihr Marketing-Budget im Frühjahr, und dann ordern sie bereits die Bäume bei uns“, sagt Jasper Müller, einer der Gründer des Onlineanbieters TimTanne.

Vor der Tür des Büros in Kattendorf grasen die Schafe, der Blick fällt auf Felder mit Bäumchen, die ihre Zweige in den Himmel recken. Der 37-Jährige ist in der Idylle eine Autostunde nördlich von Hamburg aufgewachsen. Seine Familie beschäftigt sich in der zweiten Generation mit der Aufzucht der Nadelbäume. Jasper Müller trägt die Tradition der Landwirtschaft in sich, aber er bringt sie in die Welt des Internets. „Wir tun das, was Amazon mit Büchern oder Zalando mit Schuhen gewagt hat: Wir machen den Weihnachtsbaum digital und mobil“, erklärt er das Geschäftsmodell. Zu den Kunden von TimTanne, die schon früh an Weihnachten denken, gehören Volkswagen, Sony, die Telekom oder Tetesept. Bis heute hat die Firma mit vier Mitarbeitern bereits 35.000 Vorbestellungen für Weihnachten 2016 eingesammelt.

Mit TimTanne haben Müller und sein Mitgründer Ingmar Brandes eine Idee umgesetzt, die auf die Bedürfnisse von Firmen abzielt: Diese verschenken die Bäume an Kunden, als Dankeschön für eine lange Geschäftsbeziehung, als Überraschung bei der Auslieferung eines Neuwagens, als Bonus für den Abschluss eines Handyvertrags. Die Bäume werden den Haushalten in verschiedenen Größen direkt vor die Tür geliefert, in Netz und Karton verpackt. Den Lieferservice, der je nach Zielort in der Stadt oder auf dem Land in einem vereinbarten Zeitraum von zwei bis vier Stunden klingelt, können aber auch Privatleute nutzen. Dann bestellen sie einfach direkt einen Baum auf der Internetseite timtanne.de und gönnen sich den Service des Start-ups, anstatt das Gewächs auf das Auto zu hieven. Der Preis liegt für Privathaushalte bei rund 39 Euro für eine 1,30 bis 1,60 Meter hohe Nordmanntanne. Dazu kommen noch einmal 6,90 Euro Versandkosten. „Wir liefern derzeit aber 95 Prozent über Firmenkunden aus“, sagt Ingmar Brandes. Die Großbesteller bekommen natürlich Mengenrabatt. Der 32-Jährige stammt ebenfalls aus Kattendorf und kennt Jasper Müller schon seit der Kindheit.

Mitgründer Brandes lebt zeitweise in China

Zwischenzeitlich hatten sich die Wege der Gründer allerdings getrennt. Ingmar Brandes studierte in London und zog in China Unternehmen hoch, in Xi’an unterhält er nach wie vor einen zweiten Wohnsitz. Müller studierte Agrar­wissenschaften und Marketing, bevor er mit TimTanne in die familiären Fußstapfen trat. Nach Stationen bei Airbus und TLSystems arbeitete er als Unternehmensberater und spezialisierte sich auf die Bereiche IT und Prozessoptimierung. Mit logistischen Herausforderungen, wie etwa einen Baum einer bestimmten Größe vom Feld des Erzeugers innerhalb weniger Tage zum Endkunden zu bringen, hatte sich Müller also schon in seiner vorherigen beruflichen Laufbahn beschäftigt. Nach einem Jagd-Event vor gut zwei Jahren besprachen die beiden jungen Männer erstmals ihre Idee – es war die Geburtsstunde der Firma, die auf einen großen Markt zielt: In Deutschland wird mit Weihnachtsbäumen jedes Jahr ein Umsatz von rund 700 Millionen Euro erwirtschaftet.

Um die Bestellungen zuverlässig liefern zu können, arbeitet TimTanne nicht nur mit dem Familienbetrieb der Müllers in Kattendorf zusammen, wo auf zehn Hektar 85.000 Bäume wachsen. Vielmehr hat der Online-Anbieter ein Netz von norddeutschen und dänischen Produktionsbetrieben aufgebaut, die kurzfristig auf einen großen Bedarf reagieren können.

Eine Tanne als Beigabe für ein neues Notebook

Beispiel notebooksbilliger.de: Dieser Hardwareshop im Internet belohnte seine Kunden bei der Finanzierung eines Notebooks mit einem Gutschein von TimTanne. So kommen schnell Hunderte von Aufträgen zusammen, die das Start-up abwickeln muss.

Für Tetesept beispielsweise liefert TimTanne Bäume zu den Kunden, die zusätzlich mit Produktproben der Badezusätze als kleine Geschenke ausgestattet sind. Auch Weihnachtsbaumkugeln mit Firmenlogo kann man bestellen. Deutsche Konzerne gehören bisher zur Kernzielgruppe, aber auch ins Ausland liefern die Norddeutschen. „Wir haben Aufträge aus Österreich, England, den Niederlanden oder Polen“, so Brandes. Den Export wollen die Kaufleute mit einer Finanzspritze von Investoren, die gerade drei Millionen Euro in die Firma gesteckt haben, ausbauen.

Brandes denkt dabei auch an seine zweite Heimat China. Dort leben zwar nicht sehr viele Christen, Weihnachten setzt sich in dem konsumfreudigen Land aber langsam als Fest der Familie mit Geschenken und sogar auch mit der Tanne im Wohnzimmer durch. „Wir können die Bäume mit der Bahn dorthin transportieren“, sagt Brandes. Sie dürften noch mit grünen Nadeln in der Volksrepublik ankommen, der Zug ist in elf Tagen in China.