Ahrensburg. Online-Shopping ist im Trend, sein Anteil am Einzelhandel wächst stetig. Stormarner Einzelhänder sehen ihre Existenz bedroht.
Kaufen per Mausklick liegt im Trend. Viele Einzelhändler in Stormarn sehen ihre Existenz durch das Internet bedroht. Tatsächlich wächst die Zahl der Menschen, die online Waren bestellen, kontinuierlich. Für das laufende Jahr prognostiziert der Handelsverband Deutschland (HDE) einen Online-Umsatz von 41,7 Milliarden Euro. Das sind 4,6 Milliarden Euro oder 12,4 Prozent mehr als im Vorjahr.
„Der Wunsch nach persönlicher Beratung ist immer noch vorhanden“, sagt Andreas Luther, Vorsitzender des Rings Bargteheider Kaufleute (RBK). „Wir müssen unsere Kunden nur deutlich dafür sensibilisieren, sich nicht nur beraten zu lassen, sondern abschließend auch vor Ort zu kaufen.“ Gelinge dies nicht, bekomme der inhabergeführten Fachhandel große Probleme.
Trotzdem verteufelt Luther das Internet nicht. „Es ist unsere Aufgabe, mit Persönlichkeit und dem Einkaufserlebnis zu überzeugen.“ In Bargteheide mag das so noch funktionieren. Im benachbarten Bad Oldesloe sieht die Welt schon ganz anders aus. Erst vor wenigen Wochen haben sich dort zahlreiche Geschäftsinhaber zusammengeschlossen, um in einer Imagekampagne gegen das Aussterben des Einzelhandels aufmerksam zu machen (wir berichteten).
Die persönliche Beratung ist ein Vorteil gegenüber dem Internet
Florian Palm, Inhaber von Sport Motschnigg in Ahrensburg, zieht für sein Geschäft Konsequenzen aus der Bedrohung Internet. „Kein Einzelhändler kann mit dem Angebot im Internet mithalten“, sagt der Sportfachmann. Deshalb ist der Ahrensburger dabei, sein Sortiment umzustellen. Schnelllebige Textilware wie Hosen und T-Shirts gehen raus, dafür setzt Palm auf hochwertige Sport- und Gesundheitsschuhe. In der Beratung sieht der Geschäftsmann die Vorzüge gegenüber dem Internet. „Gerade bei Schuhen ist eine fachliche Beratung und das persönliche Anpassen wichtig.“ Beratung sei im Einzelhandel bereits im Preis inbegriffen, nicht aber im Internet. Um vorzubeugen, dass er in seinem Geschäft offline berät, der Kunde aber online kauft, denkt Florian Palm über eine Servicepauschale nach. Diese soll beim Kauf vor Ort angerechnet oder in einen Gutschein umgewandelt werden.
Palm wird nicht müde zu betonen, dass der Einzelhandel regionale Arbeitsplätze schafft, die Steuern vor Ort zahlt und auch ein wichtiger Kooperationspartner ist, wenn es um das Gemeinschaftswohl – wie beispielsweise Sponsoring von Schulveranstaltungen oder Sportvereinen – gehe. Aber seine Kritik am Onlinehandel geht noch weiter: „Die unzähligen Pakete, die im Onlinehandel hin und her geschickt werden, sind fatal für die Umwelt.“ Der ökologische Fußabdruck müsse bei diesem Thema stets mit berücksichtigt werden.
Becker: Einzelhandel soll sich Kaufgewohnheiten des Kunden zu Nutze machen
Joachim Becker hat den Nutzen des Internets früh erkannt. Bereits seit 1995 ist er mit seiner Buchhandlung online. „Damals natürlich noch ohne jeglichen Erfolg“, sagt der Inhaber der Buchhandlung Stojan in Ahrensburg. Auch nach 20 Jahren sieht er sein Geschäft als junges Unternehmen, und hat den Wunsch, am Puls der Zeit zu bleiben. „Der Handel muss dort präsent sein, wo sich die Kunden aufhalten.“ Die Buchpreisbindung erleichtert der Branche sicherlich die Konkurrenz im Preiskampf mit Onlineriesen wie amazon. Trotzdem, die persönliche Bindung und der Service sind das, was für den Kunden den kleinen Händler vom Internet positiv unterscheidet. Becker sieht den Einzelhandel auch in der Pflicht, nicht nur zu kritisieren, sondern sich die Kaufgewohnheiten des Kunden zu Nutze zu machen.
Angelika Voss, Vorsitzende der Werbegemeinschaft Trittau (GGT), sagt: „Besonders die kleineren Mode- und Bekleidungsfachgeschäfte spüren deutlich die Konkurrenz des Internethandels.“ Daher sei es wichtig, durch besondere Aktionen wie verkaufsoffene Sonntage, Late-Night-Shopping und Feste, die Kundschaft in den Ort zu locken und zu überzeugen, wie vielfältig das regionale Angebot ist. „Der Branchenmix macht einen Ort zum Einkaufen attraktiv“, so Angelika Voss. „Der Mix könne aber nur bleiben oder entstehen, wenn die Kunden auch dort einkaufen, wo sie leben.“ Außerdem habe das Einkaufen im Heimatort immer auch eine soziale Komponente, die nicht zu unterschätzen sein. „Hier trifft man den Nachbarn oder schwatzt mit dem Händler, der einem vertraut ist“, sagt die Vorsitzende der GGT, „das ist doch toll.“
Bis 2020 soll der Anteil des Online-Handels am Einzelhandel auf 20 Prozent steigen
In Bargteheide will man im kommenden Jahr noch weiter auf Information setzen. „Gerade die Jugendlichen wissen oft gar nicht, welche Folgen ihr Einkauf im Netz haben kann“, sagt Tanja Wilke, Sprecherin des RBK. In Zusammenarbeit mit den Schulen wollen die Geschäftsleute Jugendliche informieren und aufzeigen, was ein Ort ohne Einzelhandel für Auswirkungen auf jeden einzelnen hätte.
Innovative Ideen sind sicherlich im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung gefordert. Geht doch der HDE davon aus, das bis 2020 der Anteil des Online-Handels am deutschen Einzelhandel von heute neun auf 20 Prozent anwächst.