Friedrichsruh. Kieler Landtag beschließt, dass in eingezäunten Arealen wie im Sachsenwald ab sofort nicht mehr auf Wild geschossen werden darf.

Die fürstliche Familie hat alles versucht, aber sie hat ihr Ziel verfehlt: Ab sofort werden die Bismarcks in zwei eingezäunten Arealen im Sachsenwald keine Jagden mehr veranstalten dürfen. Am Mittwoch verabschiedete der Kieler Landtag eine entsprechende Änderung des Naturschutzgesetzes. „Eine 140-jährige Tradition geht zu Ende“, klagt Gregor von Bismarck, das Oberhaupt der Adelsfamilie. Der passionierte Jäger hatte sich lange gegen das Parlament zur Wehr gesetzt, zuletzt mit einer Art verbaler Drückjagd. Jeder Abgeordnete des Landtags bekam Post von Bismarcks Anwalt. Tenor: Die Abgeordneten machten sich eines Verstoßes gegen das Grundgesetz schuldig, sollten sie tatsächlich das Jagdverbot beschließen.

Für die Bismarcks geht es offenbar um viel Geld. Kommerzielle Jagden sind ein gutes Geschäft. Die Teilnehmer zahlen einen bestimmten Betrag, um zum Beispiel einen Hirsch oder eine Wildsau erlegen zu können. In einem eingezäunten Areal (Fachbegriff: Jagdgatter) ist das wesentlich einfacher als in freier Wildbahn. Zudem ist die Zahl der Tiere in einem solchen Jagdgatter zumeist erheblich größer. Mit anderen Worten: Es ist eine „Pirsch light“ mit eingebauter Trophäengarantie. Mit einer Jagd im eigentlichen Sinn hat das nichts zu tun. Der Landesjagdverband definiert sie als Tätigkeit, die in „freier Wildbahn“ erfolgt und auf „frei lebende Tiere“ ausgerichtet ist.

Die Gatter sind in Schleswig-Holstein schon seit 1999 verboten. Auch der Verband fand das damals richtig. Für bestehende Areale gab es eine großzügig bemessene Übergangsregelung: 15 weitere Jahre waren erlaubt. Die Bismarcks schossen weiter – und ignorierten die Entscheidung. 2014 lag in Friedrichsruh die Anordnung des Landes auf dem Tisch: Gregor von Bismarck und sein Onkel Maximilian wurden dazu vergattert, die Gatter abzureißen.

Es war eine Ankündigung, die die beiden Jäger auf den Plan rief. Sie beschlossen, gerichtlich dagegen vorzugehen. „Es gibt eine große Zahl von Jägern, die unser Angebot schätzen“, sagte Gregor von Bismarck damals. Mit dem dabei geschossenen Wild werde zudem das familieneigene „Forsthaus Friedrichsruh“ versorgt. Deshalb stelle das Jagdgatterverbot einen rechtswidrigen Eingriff in seine „Eigentümerstellung“ dar. Florian Asche, sein Hamburger Anwalt, ergänzt: „Jeder Biobauer darf sein Wildgehege einzäunen. Da klatschen dann alle in die Hände. Dabei ist die Haltung im Jagdgatter meines Mandanten viel artgerechter.“

Mit Bismarcks Klage vor dem Verwaltungsgericht Schleswig war ein angenehmer Nebeneffekt verbunden: Sie hatte aufschiebende Wirkung. Der Ururenkel des Reichskanzlers Otto von Bismarcks konnte also weiterhin kommerzielle Jagden im Sachsenwald anbieten. Und weil sich die Anwälte der fürstlichen Familie viel Zeit mit dem Verfassen der Klageschrift ließen, war lange und ist auch heute noch nicht absehbar, wann in diesem Fall ein Urteil gesprochen werden könnte. Die Bismarcks, so schien es, hatten die Gatterattacke erst einmal pariert.

Aber die Parlamentarier spielten nicht mit. „Gesetze gelten für alle, auch für die Bismarcks. Wir lassen uns nicht am Nasenring durch die Manege führen“, fauchte Marlies Fritzen (Grüne), die Vorsitzende des Kieler Umweltausschusses. Just dieser Ausschuss beschloss im März, in den Entwurf des neuen Landesnaturschutzgesetzes einen Passus hineinzuschreiben, wonach das Jagen in Jagdgattern ab sofort verboten ist. Und dieser Entwurf ist seit dem gestrigen Mittwoch Gesetz.

Den Bismarcks bleibt nun wohl nichts anderes übrig, als die Waffen zu strecken. Oder? Anwalt Florian Asche sieht das anders. „Es gibt noch die Möglichkeit der Verfassungsbeschwerde“, sagt er. Vielleicht lässt sich ja auch ein Kompromiss finden. Denn das Wild im Bismarckschen Gatter muss natürlich weiterhin bejagt werden. „Man kann die Tiere ja wohl nicht sich selbst überlassen“, sagt Anwalt Asche. Wenn die Jagdbehörde also eine Ausnahmegenehmigung ausstellen täte ...

Bismarcks Hartnäckigkeit haben nicht viele. Zum Beispiel nicht die Hamburger Unternehmerfamilie Jahr, der in Wacken (Kreis Steinburg) ein Wald gehört, der zu Jagdzwecken eingezäunt war. Klaglos wurde der Zaun Ende 2014 entfernt – so, wie es das Land angeordnet hatte.

Jägern, denen das langwierige Ansitzen in freier Wildbahn zu mühselig ist, können ihrem Hobby auch nach dem Aus für die Gatterjagd in Schleswig-Holstein weiterhin nachgehen. Denn in anderen Bundesländern bleibt sie erlaubt, etwa in Bayern und in Niedersachsen. Unweit von Hamburg freut sich das Jagdgut Bokel auf zahlungskräftige Kundschaft. „Die Größe des Wildbestands ist im Vergleich zur freien Natur höher“, wirbt das Gut auf seiner Internetseite. „Das erhöht die Chance Ihres Jagderfolgs.“

Es gibt auch kommerzielle Anbieter, die Jagdreisen anbieten

Auch im bayerischen Wald ist es leicht, an Trophäen heranzukommen. Die Firma Jagdreisen Fabrig hat gerade eine dreitägige Hirschjagd in einem 80 Hektar großen Gatter im Angebot. Garantiert wird laut Internetseite der Abschuss eines Hirsches mit einem Geweihgewicht von bis zu fünf Kilogramm. Inklusive Führung sowie Übernachtung und Halbpension „in gemütlicher Bergpension“ kostet der Spaß 2190 Euro. Ein Damhirsch mit 2,5 Kilogramm Geweihgewicht ist günstiger: 1290 Euro.

Wer will, kann bei diesem Reiseanbieter aber auch deutlich mehr Geld loswerden. Eine zehntägige Elefantenjagd in Simbabwe kostet umgerechnet knapp 30.000 Euro. Im Preis enthalten: Der Abschuss eines Elefantenbullen mit Stoßzähnen, die maximal 22 Kilogramm schwer sind. Die Firma Fabrig bietet praktischerweise auch gleich einen „Trophäensupport“ für den Transport an. Damit man zu Hause zeigen kann, was man in Afrika erjagt hat.

Wie sagte doch der Reichskanzler Otto von Bismarck so richtig? „Niemals wird so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.“